Familienglück

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Bella saß dicht bei ihrem Vater auf der Couch und sah auf das prasselnde Kaminfeuer. Sie wollte nicht zu weit weg von ihm. Zu sehr packte sie die Angst, dass das alles doch nur ein Traum war, dass ihr Vater sich plötzlich in Luft auflösen könnte. Sie wusste selbst, dass das kindisch war, aber so war es halt.

„Wie kann es sein, dass du noch lebst? Wir haben dich beerdigt?!"

William zog an seiner Pfeife. Er hatte das Rauchen also immer noch nicht aufgegeben. Aber selbst den ihr so vertrauten Qualm hatte Bella vermisst.

„Ich weiß, Möhrchen, ich weiß. Es tut mir so leid. Es gab einen Einsatz,..."

William sah traurig ins Feuer. Bella beobachtete ihn genau. Er war alt geworden. Um seine Augen herum hatten sich kleine feine Fältchen gebildet, die damals noch nicht dagewesen waren. Seine Haare waren mit grauen und weißen Haaren durchzogen.

"...Es kam zu einem Massaker und ich wurde gefangen genommen. Niemand in der Einheit wusste überhaupt, dass ich noch lebte. Sie gingen davon aus, dass ich in der Explosion umgekommen bin. Doch da sie meine Leiche nie fanden, mussten sie eine vorgebende Zeit warten. Erst als ich nach dieser Zeit immer noch nicht aufgetaucht war, erklärten sie mich für tot. Doch das war ich nicht,..."

Der Blick ihres Vaters wurde dunkel und Bella meinte einen traurigen Schatten über sein Gesicht huschen zu sehen, während dieser sich anscheinend zurück erinnerte. Was hatte ihr Vater grausames erlebt?

"Naja,... als ich schließlich doch wieder auftauchte, war zu viel Zeit vergangen. Deine Mutter meinte, dass ihr nur schwer darüber hinweg gekommen seid, dass ich tot bin. Sie hatte neu geheiratet. Ich konnte es ihr nicht einmal verübeln, ich war ja schließlich für tot erklärt worden,..."

Bella drückte sich näher zu ihrem Vater. Wie musste er sich gefühlt haben? Da kommt ein Mann endlich wieder zurück zu seiner Familie, nachdem er durch die Hölle gegangen war und dann war nichts mehr, wie es einmal gewesen war.

Lächelnd zog William seine Tochter in die Arme.

„Sie bat mich, aus eurem Leben fern zu bleiben. Ich war damals alles andere als dafür. Nicht nur dass ich meine Frau verloren hatte,... ich sollte auch noch euch verlieren,... Aber sie war sehr überzeugend und ich willigte schließlich ein. Ich wollte euch nicht weh tun. Anfangs kam ich heimlich vorbei um euch zu sehen. Doch je größer ihr wurdet, desto mehr tat es mir weh, euch zu sehen, aber nicht mit euch reden zu können, nicht Teil eures Lebens sein zu können. Irgendwann ließ ich es sein. Ich dachte es wäre besser so."

Schweigend sahen beide ins Feuer und hingen ihren Gedanken nach. Wie es wohl gelaufen wäre, wenn ihr Vater der Bitte ihrer Mutter nicht nachgekommen wäre? Hätte sie all das Leid vielleicht nicht erfahren müssen? Bella schüttelte den Kopf. Es war müßig darüber nachzudenken, was gewesen wäre wenn. Die Zeit konnte sie nicht mehr zurück drehen.

"Max hat mich gefunden,... er ist ein guter Mann,... ein guter Soldat. Er sagte mir, dass ihr leider nie das Familienleben bekommen habt, was ihr hättet haben sollen. Durch ihn erfuhr ich erst von deiner Mutter,... dass sie Drogenabhängig wurde. Möhrchen,... was habe ich nur getan?"

"Du hast es nicht wissen können, Paps. Ich,... Mama,... sie hat irgendwann nach deinem Tod den Halt verloren. Carter,... er,... er hat sie mit den Drogen versorgt, um sie von sich abhängig zu machen."

Bella spürte, wie die Wut auf ihre Mutter verflog, während sie die Worte von sich gab. All die Wut, die sich über die Jahre angestaut hatte, war nicht mehr da. Stattdessen wandelte sich die Wut in Traurigkeit. Wahrscheinlich würde sie nie verstehen, warum ihre Mutter das getan hatte. Warum nur, hatte sie ihren Kindern ihren Vater vorenthalten? Und wieso nur, hatte sie es zumindest nicht klar gestellt, als sie erwachsen gewesen waren?

Hold us (Band3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt