Das Leben muss weiter gehen

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Nervös saß Bella in der Eingangshalle der Klinik. Nach ihrem Abenteuer in Italien, hatte sie sich aufgerafft die Therapie zu beenden. Drei Monate waren seit ihrer Entführung und der Verhaftung von Carter vergangen.

Wenn sie so zurück blickte, kam ihr das alles so unwirklich vor. Noch lange hatte sie mit den Folgen der Entführung zu kämpfen gehabt. Immer wieder war sie Schweiß gebadet nachts aufgeschreckt, mit den Bildern von Carter in ihrem Kopf. Immer wieder musste sie sich sagen, dass er ihr nie wieder etwas tun können würde.

„Ich werde dich vermissen."

Eine junge Frau lief mit Tränen in den Augen auf sie zu. Jessica ihre Zimmernachbarin, mit der sie die ganzen Woche gemeinsam darum gekämpft hat, zurück ins Leben zu dürfen. Jessica hatte viel abgenommen in den letzten Wochen und Bella war stolz auf sie. Auch wenn sie nicht verstand, wie man so viel essen konnte, wenn es einem nicht gut ging, sie machte schließlich das genaue Gegenteil, hatte Jessica ihren Dämonen langsam im Griff. Die verlorenen Kilos standen ihr gut.

„Ich dich auch! Aber du hast ja auch nur noch eine Woche und dann darfst du auch endlich nach Hause."

Jessica nickte und setzte sich neben die wartende Bella.

„Ja! Das macht mir eine Heidenangst. Dir nicht?"

Unsicher sah ihre Freundin sie an. Bella seufzte nickte und schüttelte den Kopf.

„Ja und nein. Ich weiß nicht wie ich das erklären soll, aber ich freu mich einfach, dass ich endlich zu meiner Familie zurück kann. Ja es macht mir Angst, dass ich es nicht schaffe, dass ich rückfällig werde,..."

Bella stockte und sah wie ein Auto vor dem Eingang hielt. Mit großen Augen sah sie, dass nicht nur Max gekommen war,... aus dem Auto stieg ebenfalls ihr Vater und ihre Schwester.

„Aber ich habe eine tolle Familie, die wird mir helfen!"

Grinsend stand Bella auf und öffnete ihre Arme um Jessica in eine Umarmung zu ziehen.

„Und spätestens in einem Monat sehen wir uns, wenn die Hochzeit ist."

Bella spürte wie ihr Herz wild anfing zu schlagen. Ein Monat!

Jessica nickte in der Umarmung, als auch schon Lizzys Stimme hinter ihr erklang.

„Bella, endlich!"

Bella drehte sich zu ihrer Schwester um, die hüpfend auf sie zu rannte. Die Männer standen lächelnd im Eingang. Bella schloss nun ihre kleine Schwester in eine enge Umarmung. Seit der Entführung hatten sie sich nicht mehr gesehen und Bella hatte sich Sorgen gemacht, wie Liz das alles verkraftete. Doch Liz sah aus wie immer. Die Lebensfreude sprudelte nur so aus ihr heraus.

„Die anderen warten schon zu Hause. Wir haben dir eine große Willkommensparty organisiert. Und ab nächste Woche geht es mit den Vorbereitungen los. Gott sei Dank habt ihr die Hochzeit so getimt, dass ich bei allem wichtigen dabei sein kann. Semesterferien sind was feines."

Bella ließ die zappelnde Liz los und lächelte ihre Schwester warm an.

„Genau so wollte ich es haben. Du bist meine Familie, ohne dich wäre das alles nur halb so schön."

Bella lief nun auf die Männer zu. Zuerst nahm sie William in die Arme.

„Schön das du da bist."

„Immer! Ich habe genug verpasst, Bella."

Sie hörte die Traurigkeit aus Williams Stimme und nickte. Ja das hatte er. Aber er war jetzt an ihrer Seite und das war es, was zählte. Die Vergangenheit musste endlich Vergangenheit werden.

Dann endlich sah Bella zu Max. Dieser stand lächelnd und ruhig neben ihnen und beobachtete, wie es so seine Art war, das ganze Geschehen um sie herum. Doch im Gegensatz zu früher wirkte er ein wenig entspannter, nicht mehr so verbissen.

„Hallo, mein Goldkehlchen."

Bella schmiegte sich an seine Brust und atmete tief den Duft ein, der sie nun umgab. Sie war zu Hause,...

„Ich hab dich vermisst."

Sie nuschelte nur, denn sie drückte sich weiter an Max, ließ keinen Millimeter Platz zwischen ihnen.

„Ich dich auch! Ich bin froh, dass es jetzt vorbei ist."

Sanft strich Max ihr über den Kopf. Sie hob den Kopf um ihren zukünftigen Ehemann ins Gesicht zu schauen.

„Es wird nie vorbei sein, Max,... aber es wird mit jedem Tag einfacher,... versprochen."

Entschuldigend sah sie ihn an. Aber genau das hatte sie gelernt. Die Essstörung würde sie ein Leben lang begleiten, doch mit jedem Tag würde es einfach werden, bis es nur noch am Rande eine Rolle spielte. Sie wusste, wie anstrengend es zumindest am Anfang für alle werden würde und wusste, was sie Max zumutete.

„Ich weiß, ich glaube an dich. Ich bin hier! Ich werde immer bei dir sein, egal was kommt."

Max beugte sich runter zu Bella und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Und ich bei dir!"

Bella fühlte, wie die Liebe von allen sie erfüllte. Sie verstand immer noch nicht, wie sie sich so leicht hatte verlieren können, bei der Liebe die sie umgab. Aber es machte keinen Sinn darüber zu philosophieren. Sie konnte es nicht mehr rückgängig machen und sie musste jetzt nach vorne schauen. Sie hatte noch so viel vor,...

Lizzy und William hatten sich in der Zwischenzeit um das ganze Gepäck gekümmert, sodass sie nun fahren konnten. Bella drehte sich draußen noch einmal zur Klinik um. Es war so viel Zeit vergangen. Sie hatte hier viel gelitten, geweint, gekämpft,...

Bella spürte Max's Hand im Rücken.

„Bist du bereit?"

Bella nickte unsicher. War sie bereit? Bereit für das Leben außerhalb der Klinik? Hier war alles so gut geregelt gewesen, hier hatte es eine klare Tagestesstruktur gegeben,...

Seufzend drehte sie sich zu Max. Sie musste und wollte ehrlich sein.

„Ich weiß es nicht, Max. Es macht mir alles Angst, aber da muss ich durch und ich habe ja euch alle, um es zu schaffen. Das Leben muss weiter gehen! Ich kann nicht ewig still stehen."

„Bevor wir fahren Bella, kann ich noch mit dir reden?"

Williams Stimme erklang hinter ihr und Bella versteifte sich bei dem Klang. Er hörte sich ernst und irgendwie nervös an. Die Situation wurde nicht einfacher als auch Max sich Nebenmann versteifte und die Stirn runzelte.

„Auch mit dir Liz. Lasst uns einen Spaziergang machen."

Max drehte sich zu William.

„Jetzt? Wieso jetzt?"

Er schien zu wissen worum es ging und es schien Max zu beunruhigen.

Zögerlich nickte Bella und sah zu Liz. Auch sie schien die komische Stimmung zwischen Max und William zu bemerken.

„Weil ich gelernt habe, dass das Leben rast. Max, ich muss das tun, auch wenn du es nicht für gut hältst. Die Entscheidung liegt bei ihnen,..."

Max presste die Lippen zusammen und Bella spürte Nervosität in sich hochsteigen. Was war hier los?

Hold us (Band3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt