6.

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Es ist ein komisches Gefühl, wenn du bemerkst, dass deine Familie nett ist wenn Gäste da sind. Deshalb ist Dad so nett und nicht weil er wieder beim alten ist. Diese Erkenntnis macht mich traurig. Arvin scheint meinen bedrückten Gesichtsausdruck mitgekriegt zu haben und erkundigt sich leise bei mir ob alles okay sei. Ich nicke nur und lächle, ein echtes lächeln. Endlich fragt mich mal jemand mit, so wies für mich aussieht, echter Besorgnis. 

Mom's Stuhl bleibt frei, auch heute. Ich traue mich nicht, mich dorthin zu setzen. Irgendwie spüre ich ihre Augen auf mir. Dieser Stuhl ist wahrscheinlich von ihr Besessen. Und sie lebt noch, dass muss was heißen. Jedenfalls hoffe ich das sie lebt, aber ich habe die Vermutung Dad weiß mehr als er zugibt. Deswegen weiß ich nicht wie ich auf ihn reagieren soll.

"So dann warten-", Dad wird von der Klingel unterbrochen.

 "Das muss Becky sein", klatsch er in die Hände. 

Ich verkrampfe mich augenblicklich, meine Gesicht verliert wohl gerade an Farbe und meine Hände ballen sich zu Fäusten. Er hat nicht gesagt das sie kommt. Muss sie das denn? Jedes einzelne mal kommt diese Frau hierher, ich will doch einfach meine Ruhe und das alles so wie früher ist. Was will sie denn? Sie isst mit? Dann ist mir der Appetit bereits vergangen, jedes einzelne mal muss diese Frau dieses Haus betreten und auf die Sekunde wenn sie es tut, läuft alles schief was nur schieflaufen kann. 

"Oh hallo, ich hoffe ihr habt noch nicht ohne mich angefangen", sie lacht schrill. 

Diese Stimme, dieses Lachen, ich weiß nicht ob es daran liegt dass ich sie nicht mag oder ob sie wirklich so schlimme laute von sich gibt. Sie will mich begrüßen, aber ich bewege mich kein Stückchen, auch nicht nach dem auffordernden Blick meines Vaters. Neugierige Blicke von Mrs.Miller und Arvin liegen auf mir. Auch wenn Besuch da ist, kann ich nicht einfach so tun als hätte ich kein Problem mit ihr. Sie macht mein Leben schwerer als es sowieso schon ist, wieso sollte ich also ein Schauspiel vorführen und den Anschein machen alles wäre in Ordnung.
Sie setzt sich auf ihren Stuhl. Mein puls steigt so schnell wie noch nie, es sind noch zwei weitere Stühle frei doch sie entscheidet sich für diesen Stuhl. Sie weiß ganz genau was sie da tut. 

"Na dann, lasst es euch gut ergehen und haut rein", alle nicken und fangen an zu essen. Nur ich nicht. Und als das bemerkt wird, landen alle Blicke auf mir.

 "Wieso isst du denn nichts Schätzchen?", nennt er mich gerade Schätzchen? Für eine kurze Sekunde werde ich weich. Seit Jahren hat er mich nicht mehr anders genannt als Lenora.
Ich schaue auf und sehe in die besorgten Augen meiner Gäste und die meines Vaters, aber Becky sieht genervt aus. Sie ist von allem was ich mache genervt.

"Ich habe kein Hunger."


Ich stehe auf und will gerade gehen, als Becky mich am Handgelenk packt. Ich reiße mich von ihr los und schaue sie entsetzt an. Ich kann nicht glauben dass sie das gerade getan hat und dann auch noch vor unseren Gästen, vor Arvin.

"Fass mich nicht an!", sage ich im lauten Ton und Rebecca atmet wütend ein und aus.

"Setz dich hin und iss, dein Vater hat sich Mühe gegeben und extra gekocht!"

Ich schaue mir das gekochte Essen an und lache, dann drehe ich mich um. Extra gekocht sagt sie? Wie wäre es wenn er auch mal kochen würde, wenn keine Gäste kommen. Wenn er sich mal wieder wie mein Dad benimmt und nicht ein Mitbewohner der zu faul und nie zuhause ist. 

"Deine Mutter wäre enttäuscht von dir", sagt Rebecca dann plötzlich. 

Ich stürme zurück in die Küche. Sie weiß gar nichts über sie und ich weiß auch nicht woher sie sich das recht nimmt um sowas zu sagen.

"Halt deine verdammte Klappe!", meine Atmung wird schneller und mir steigen Tränen in die Augen. mir ist das unendlich peinlich.

 Mein Blick schweift über die Gäste, Arvin schaut mich besorgt und verwirrt an, irgendwie sieht er so aus als würde er mir helfen wollen. Jetzt etwas dazu zu sagen wäre nur unangebracht, ich bin froh das er ruhig bleibt. Er erkennt an meinem Blick, dass ich es nicht will. Ich versuche ihm mit meinen Augen auf irgendeine Weise danke zu sagen. Und es klappt.

"Du gehst auf dein Zimmer", antwortet Dad kalt. 

"Nein", sage ich ebenso kalt, wenn er der Meinung ist mir jetzt noch etwas sagen zu können, dann liegt er falsch.

"Ich gehe zu Adam, wenigstens werde ich da verstanden", bevor jemand etwas einwenden konnte, gehe ich zur Tür und ziehe mein Schuhe an, und alles andere habe ich bei Adam. Mein Handy habe ich in meiner Hoodie Tasche.

 So oft wie ich bei Adam schlafe, haben sich dort schon viele Dinge gesammelt, sodass ich jederzeit kommen kann, wofür ich dankbar bin.

Völlig aufgebracht stehe ich jetzt vor Adams Haustür. Mein zittriger Finger geht gerade auf die Klingel zu, da macht mein bester Freund schon stürmisch die Tür auf.

"Le, was ist los?", fragt er besorgt, er nimmt meine Hände ich seine und wirft mir einen bemitleidenden Blick zu.

 "Rebecca, Dad...alles", Adam geht zur Seite dass ich hereinkommen kann und wir gehen sofort auf sein Zimmer.

Hier fühle ich mich mehr zu Hause als bei mir. Die Wärme die er und dieses Haus ausstrahlt ist angenehm. Genau die brauche ich. Ich erzähle Adam alles was gesagt und getan wurde, wieso ich letztendlich hier gelandet bin. Natürlich habe ich ihm auch von Arvin erzählt, er ist echt geschockt. Es kommt nicht einfach mal so dein Lehrer zum Essen vorbei und dann bekommt er auch noch deine ganzen Familienprobleme mit.

Ich zücke mein Handy und sehe 6 verpasste Anrufe von Dad. Vielleicht sollte ich wirklich nach Hause gehen. Schließlich will ich Dad nicht unnötige Sorgen bereiten. Und dazu entscheide ich mich jetzt auch, Rebecca sollte sowieso schon weg sein und Arvin hoffentlich auch.

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