Kapitel 08

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•Kade•

Ich liebte die Musik schon immer, sie war immer der Rettungsreifen in meinem Leben gewesen, etwas, an dem ich mich festhalten konnte, wenn ich wieder unterzugehen drohte.

Es war mir immer eine besondere Freude, dieses Gefühl mit Menschen zu teilen, denn wenn es Menschen glücklich machte, dann war es gut.

Genau das hatte ich bei Rowan gesehen, dessen sonst so harte und angespannte Gesichtszüge weich und wunderschön geworden waren, als er mich singen gehört hat.

Ich weiß nichts über ihn, doch in seinem flehenden Blick habe ich gesehen, dass er es gebraucht hat, dass jemand einfach mal für ihn singt.

Keine Ahnung wie er zur Musik stand, was er damit verband oder warum er gebannt meiner Stimme gelauscht hatte, aber er wirkte danach wesentlich ruhiger.

Es war ein schönes Gefühl, und so sehr ich mich auch gegen das seltsame Herzklopfen in meiner Brust wehrte, es war dennoch da.

Es war nicht stark oder kraftvoll, mehr als würde jemand um Einlass bitten, und ich fragte mich, wie so oft die letzten Tage, warum.

Kurz schüttelte ich den Kopf und sah in den Spiegel.

Ich und meine dummen, kindlichen Fantasien.

Das war Blödsinn, ich kannte Rowan erst zwei Wochen, dass er sich jetzt in meinen Gedanken herumschlich gefiel mir gar nicht und lag wohl an fehlendem Sex.

Nicht mit ihm, natürlich.

Ich konnte mir nicht leisten ihn an mein Herz zu lassen, aus vielerlei Gründen nicht und auch wenn der Gedanke schön war, ich vertraute ihm noch nicht ganz.

Mittlerweile duzten wir uns zwar, aber er war trotzdem mein Bodyguard, der objektiv handeln sollte und für mich arbeitete.

An Tagen wie diesen, wenn große Feste oder Konzerte und andere Veranstaltungen anstanden, war es besonders wichtig, dass Rowan seinen Job gut und gründlich machte.

Ich hatte zwar nicht viele Feinde, doch es ging mehr um den Schutz vor aufdringlichen Paparazzi und ein sicheres Manövrieren durch die Menge.

Da war er verpflichtet objektiv und sachlich zu bleiben, auch wenn ich mich dabei erwischte darüber nachzudenken, wie es wäre ihm das Shirt runterzureißen und seine Muskeln abzulecken.

Ich konnte sie unter den schlichten Klamotten die er trug meistens nur erahnen, außer gestern das eine Mal, als ich "ausversehen" meinen heißen Kaffee über ihn gekippt hatte und er es wechseln musste.
Das Shirt hatte an ihm geklebt und ließ mich hoffen auf das, was ich da vermutete.

Ich war jetzt auch nicht schlecht gebaut, aber trotzdem war das an Männern verdammt attraktiv.

Verdammt, an sowas sollte ich eigentlich gar nicht denken.

Hatte ich aus meinen Fehlern nicht gelernt? Noch so eine Geschichte konnte ich mir nicht leisten, weder was Aufsehen der Presse anging, noch gefühlstechnisch.

Ich richtete meine Fliege und rückte das Jackett, denn gleich würde Herr Huntley hier auftauchen und mich zum Benefizkonzert begleiten, wo dann Rowan wartete.

Ich war gespannt, wie er seinen Job nun wirklich machte, denn bis jetzt kamen wir ja eher weniger in beklemmende Situationen, aber bei den vielen Fotos und Fragen war ich schon gespannt, wie er sich anstellte.

Es klingelte und ich ging zur Tür, Herr Huntley stand da, im Anzug und mit gemachten Haaren, was mich grinsen ließ.
Wie er da stand sah er aus, als wolle er mich zu einem Zeugen Jehovas machen.

"Nein ich habe keine Zeit für Jesus." sagte ich und nahm meinen Schlüssel.

Er verdrehte die Augen hinter seiner Klodeckelbrille.
"Beeil dich." meinte er, ich folgte ihm zum Auto und der Fahrer fuhr uns zur Hall of Benefits.

"Ist da jemand den ich zwingend kennen muss?" fragte ich und sah aus dem Auto, seltsamerweise hatte ich bloß im Kopf, dass dort Rowan auf uns warten würde.
Oder eher auf mich, dachte ich hoffnungsvoll.

"Naja, die üblichen Leute. Andere Sänger, Rapper, die selbst Schüler in der School of Art and Music waren und Bildungs- und Kulturförderer. Vielleicht interessiert es dich, dass Troy auch dort sein wird."

Sofort spannte ich mich an und verzog genervt das Gesicht.
"Nicht dein Ernst..."

Herr Huntley verdrehte wieder die Augen.
"Ihr seid erwachsen, ihr müsst euch nicht immer benehmen wie die größten Kinder." sagte er bloß mit wenig Mitleid.

Troy von Greyson Industries war einer meiner größten Konkurrenten und selbsternannter Erzfeind.
Unter den Arschlöchern war sogar er der Spitzenreiter, und das nicht nur, weil seine Arroganz das Level Pi hatte.

Wir schnappten uns regelmäßig die Preise vor der Nase weg, natürlich war ich um weiten besser, meine Musik fand mehr Anklang als seine, und trotzdem zählte dieser überbezahlte, selbstgefällige Nichtsnutz zu den beliebtesten Rappern im Land.

Ich war immer ein fairer Musiker gewesen, hatte meine Kollegen und Konkurrenten unterstützt und mich immer nett verhalten, doch bei Troy hörte das auf.

Innerlich war ich zu sehr damit beschäftigt, Troy eine weitere Hasstirade darzulegen, sodass ich gar nicht merkte, dass wir schon da waren.

Wir hielten vor dem roten Teppich, mir wurde die Tür aufgehalten und ich stieg aus.

Ich war so in Gedanken, dass ich ganz vergessen hatte, nach meinem Security Ausschau zu halten.

"Achtung Stufe." sagte eine tiefe, mir mittlerweile gut bekannte Stimme, zu der ich mich umdrehte.

Rowan trug ebenfalls einen Anzug, aber mit Krawatte, in dem er verboten gut aussah, so dass mir bald die Luft wegblieb.

War es erlaubt so heiß zu sein?

Seine schwarzen Haare, die sonst lockig in seine Stirn fielen, waren gebändigt und etwas nach hinten gegelt wurden.

Kurz starrte ich ihn an, okay, schmachtete ihn an, ehe sein monotoner Blick belustigt aussah.

"Herr Fletcher, würden Sie bitte weitergehen?" fragte er, seine Stimme riss mich aus den Gedanken und ließ mich das Blitzlichtgewitter endlich bemerken.

Ich legte den innerlichen Schalter um, den Fotografen und Pressereportern begegnete ich freundlich lächelnd und ging über den Teppich ins Gebäude.

Rowan konnte ich bei jedem Schritt hinter mit spüren.

•••

Bodyguard || BoyxBoy [Beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt