Kapitel 18 - Der Plan

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Auf dem Weg über die Galerie hörte Rick das Geräusch von reißendem Stoff und blieb vor einer der Zellen stehen, die ihnen als Zimmer dienten. Merle kniete auf dem Bett und wühlte in er zerstörten Matratze herum, die er mit seiner Klinge aufgerissen hatten.

„Wir brauchen deine Hilfe.", sprach Rick und musterte Merle bei seinem Tun. Dieser sah ihn ernst an. „Ich suche nur nach ein bisschen Abwechslung. Das beste Dope fand ich mal in ner Matratze."

„Weißt du überhaupt warum du tust, was du tust? Was für Entscheidungen du triffst?!!

„Wenn wir dem Governor Michonne ausliefern kann Woodbury aufatmen. Mir gefällt das nicht, aber so muss es passieren. Doch keiner darf es merken. Dabei brauchen wir deine Hilfe." Merle horchte auf. „Du hast es den Anderen doch nichts erzählt."

„Nur Herschel, Daryl und jetzt dir."

„He, dem harten Kern, ich fühle mich geehrt." Er begann Rick in kurzen Sätzen zu erzählen was der Governor mit Michonne machen würde statt sie einfach nur zu töten. Rick sah ich durchdringend an, einen beinahe bösen Blick ausgesetzt.

„Ich sag' dir was: Du hast Recht. Ich weiß nicht warum ich die Dinge tue, die ich tue. Wusste ich nie. Ich bin mir selbst ein Rätsel.", er beugte sich vor, „Aber ich kenne Dich, Rick. Ja, hab viel über Dich nachgedacht. Du hast nicht den Mumm dafür!"

„Sie muss bis zum Mittag beim Governor sein.", antwortete Rick kalt und ließ Merle wieder allein, der sich jetzt an den Türrahmen lehnte und mit einem Gesichtsausdruck auf den Boden sah, den man nur mit Vorahnung benennen konnte; als wüsste er, dass dieser Auftrag seinen eigenen Tod bedeuten würde.

Claire, die schweigend auf der Treppe gestanden hatte, starrte fassungslos hinter Rick her und rannte eilig auf Merle zu. Als sie bei ihm war legte sie ihre Hände auf seine Brust. „Merle, das musst du nicht tun!", sagte sie beinahe flehend, er sah gedankenverloren an ihr vorbei. „Ach ja? Und welche Wahl habe ich? Sie werden in mir immer den Böden sehen... vielleicht ist es besser so?!" Nun griff Claire entschieden nach seinem Gesicht, nahm es in beide Hände und zwang ihn sie anzusehen. „Aber das ist Selbstmord!", meinte sie eindringlich und sah ihm tief in die Augen, wieder glitzerten Tränen in ihren Augen. „Ich weiß.", murmelte Merle und lehnte seine Stirn an die ihre. Er konnte spüren wie sie erschauderte und schlang die Arme um ihre Taille. Erneut weckte dieses junge Mädchen den Beschützerinstinkt in ihm, während die sich kummervoll an ihn drängte.

Claire schloss die Augen, atmete tief seinen Geruch ein und versuchte sich einzureden, dass sie nicht gerade dabei war sich in einen totgeweihten Mann zu verlieben.

Oder hatte sie das schon?

Carl und Meggie lenkten die Beißer ab als Daryl und Zoe zusammen mit Glenn und Michonne zurückkamen. Sie hatten Fallen ausgelegt. „Wenn sie wieder durchs Tor wollen, schlitzt es ihnen die Reifen auf.", erklärte Glenn an Rick gewandt. „Ne gute Idee!", lobte dieser. „Das war Michonne's Idee.", ließ Daryl verlauten. Rick sah Michonne eindringlich an.

„Wir müssen gar nicht gewinnen. An uns heran zu kommen muss nur so schwierig sein, dass es sich nicht lohnt.", meinte sie. Rick wandte sich ab und bedeutete allen ihm zu folgen. „Ok, gehen wir." Merle stand am Fenster und beobachtete die Szene verständnislos und murmelte vor sich hin, was Carol, die gerade dabei war sich um die kleine Judith zu kümmern, sich ihm zuwenden ließ. „Fahr zur Hölle, Merle!", forderte sie als er nach einem Whiskey oder Wodka fragte.

Er schlenderte das Podest entlang. Carol wollte von ihm wissen, ob er zu ihnen halten würde und wollte, dass er sich für eine Seite entschied. Die beiden wechselten ein paar Worte miteinander bevor Carol sich eine Tasche über die Schulter warf und verschwand. Draußen folgte Zoe einem ganz anderen Gespräch, nämlich zwischen Glenn und Daryl welches sich um Merle drehte. Glenn war wirklich sauer auf den Mann, und Zoe konnte es ihm wohl nicht verübeln.

Als Daryl sich auf die Suche nach seinem Bruder machte, sah er Zoe fragend an. Weißt du vielleicht wo mein Bruder steckt?" Sie zuckte mit der Schulter. „Nein, aber ich kann dir Suchen helfen.", bot sie an und folgte ihm in die Flure und Korridore hinab. Sie schlichen gemeinsam durch die dunklen Gänge, die Armbrust um Anschlag. „Merle, bist du hier unten?", rief Daryl soeben als sie einen Raum erreichten, der Zoe wage bekannt vorkam. Als sie ihn betraten sahen sie Merle an einer Art Sideboard lehnen, auf dem ein Regal mit allerhand Sachen gestellt war, scheinbar war er auf der Suche nach etwas. „Hey, hey, kleiner Bruder!", grüßte Merle und sah an Daryl vorbei zu Zoe, er nickte ihr grüßend zu. Sie mochten sich nicht sonderlich gut leiden, doch um Claire's Willen versuchten sie miteinander auszukommen. Merle bekannte er sei auf der Suche nach ein wenig Cristal Meth. „Ja, ja, ich weiß. Das Zeug versaut mir mein Leben, wo doch alles Andere so super läuft.", er lachte spöttisch und Zoe verdrehte die Augen gen Himmel.

„Hast du schon mit Rick geredet?", wollte Daryl wissen.

„Ja, hab' ich. Aber er hat nicht den Mumm dazu, hat nen Rückzieher gemacht. Das weißt du doch.", meinte er. Daryl winkte ab. „Ja und wenn schon."

„Willst du das auch?", kam es von seinem Bruder, ausweichend antwortete er: „Das, was er sagt, wird gemacht." Merle schnaubte und fragte sarkastisch: „Mann, hast du überhaupt noch deine Eier, kleiner Bruder? Und wenn ja, gehören sie dir noch? Was ist los mit dir?"

Daryl sah ihn mit leicht schiefgelegtem Kopf an. „So wie Deine Claire gehören, meinst du?"

Zoe lachte überrascht auf und folgte dem Schlagabtausch der Beiden grinsend. Jeder konnte sehen, dass Claire Merle in der Hand hatte, wenn sie wollte. Seine sonst so abweisende Art und sein spöttischer Tonfall verließen ihn, wenn er mit dem blonden Mädchen zusammen war. Und auch wenn es Zoe ein wenig sorgte, fand sie es dennoch auch amüsant, wie weich er bei ihrer besten Freundin wurde. Was auch immer dazu geführt hatte, sie war zu seiner Schwäche geworden, so viel war Zoe klar.

Während Zoe diesen Gedanken nachhing, erklärte Merle seinem jüngeren Bruder, dass ihn alle für den Bösen hielten, ihn wie den Teufel behandelten und dies in einem Umfang, den er nicht verdiente. Es schien ihn wirklich zu verletzen, denn in seinen Augen sah Zoe so etwas wie Traurigkeit, auch wenn seine Miene nichts verriet.

„Vielleicht brauchen die Leute ja genauso jemanden? Jemanden, der ihre Drecksarbeit macht, den Bösen? Was sagst du dazu?"

„Ich will nur meinen Bruder zurück.", gab Daryl zu und Zoe sah ihm an, wie sehr es ihn bewegte. Daryl streckte den Arm aus und berührte Merle an der Schulter und Merle sah ehrlich berührt aus, ein wenig traurig vielleicht. Halbherzig schickte er seinen kleinen Bruder fort. Zoe warf ihm noch einen letzten, mitfühlenden Blick zu.

„Merle, dein Bruder liebt Dich! Vergiss das bitte nie!", bat sie ihn und lächelte sanft bevor sie Daryl nach draußen folgte.

Merle sah ihnen nachdenklich hinterher, während Zoe einen Kloß im Hals herunterschluckte. Sie wollte nicht, dass Merle starb, denn obwohl sie nicht gerade seine Freundin war, bedeutete er dennoch Daryl eine Menge. Und Claire; sie würde unter dem Verlust ebenso leiden.

Seufzend erinnerte sich Zoe an das Versprechen, sich nicht einzumischen und folgte Daryl durch die Gänge nach oben zu den Anderen.

You know I'm no goodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt