Kapitel 4 - Aufgabenverteilung

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Als sie am nächsten Vormittag schon wieder auf der Ledercouch des Governors saßen rutschte Claire nervös hin und her, während Zoe – die sich vorgenommen hatte sich nichts anmerken zu lassen – das Reden übernahm und dem Governor jede Frage beantwortete die ihm einfiel.

„Ihr habt also die ganze Zeit seit dem Ausbruch im Flughafen verbracht?", fragte er und wiederholte sich damit zum bestimmt dritten Mal. Claire wollte mit den Augen rollen, ließ es dann aber bleiben. Wie oft will er das denn noch hören? Davon wird es auch nicht besser!

Zoe hingegen setzte eine so vertrauensvolle, offene Miene auf, dass es selbst Claire schwer gefallen wäre sie als Lügnerin hinzustellen. Das sah der Governor wohl ebenso, denn er nickte und überschlug die Beine während er sich zurücklehnte.

„Wie kam es, dass ihr den Flughafen schließlich verlassen habt?", fragte er nun in fast freundschaftlichem Ton. Zoe senkte den Blick und antwortete: „Uns blieb keine Wahl. Wir mussten vor den Beißern fliehen. Sie... wir waren ... ich meine, wir wussten nicht...", kurz räusperte sie sich und warf Claire einen kurzen Blick zu, „Wir wussten nicht was wir tun sollten, wir wusste nur, dass wir dort nicht bleiben konnten. Da waren überall Beißer."

Der Governor schwieg und bedeutete ihr mit einer Geste fortzufahren. „Also haben wir unsere Sachen gepackt... naja eigentlich nicht unsere, denn die waren immer noch in dem Flugzeug mit dem wir angekommen sind bevor, ich meine ALS, es abgestürzt ist. Also haben wir uns alles zusammen gesucht was wir noch finden konnten und das uns nützlich erschien und sind abgehauen. Und dann irgendwann hat Merle uns gefunden."

Ob ihr Gegenüber ihnen nun glaubte oder nicht, zumindest schien er sie weder direkt aus Woodbury heraus schmeißen noch in einer Zelle einsperren zu wollen.

„Ich bin sicher, ihr hättet es auch alleine bis zu uns geschafft. Aber natürlich sind wir alle froh, dass Merle euch hierhergebracht hat.", meinte er wohlwollend und beugte sich nach vorne um Kaffee in seine Tasse nachzuschenken. Dabei ließ er die Beiden nicht aus den Augen; seine Miene verriet nichts über seine Gedanken.

„Nun, dann wollen wir es fürs Erste Mal dabei belassen!" Mit diesen Worten machte er eine Handbewegung zur Türe und entließ die Freundinnen. Bevor sich die Türe hinter ihnen schloss, hörten sie wie er sich an Merle wandte, der stumm hinter ihm an einem Holzbalken gelehnt hatte. „Behalte die Beiden im Auge!", wies er an und trank einen Schluck aus seiner Tasse, wobei er es sich in seinem Sessel gemütlich machte und nach einem Keks griff, einen Fuß auf dem Knie des anderen Beins abgelegt.

Merle gab einen grunzenden Laut von sich, bei dem Jedem klar geworden wäre wie wenig Interesse er daran hatte zwei jungen Mädchen nachzustellen.

„Sie wollen, dass ich den Babysitter für die Beiden spiele, he?", fragte er langgezogen und stieß sich vom Balken ab um zur Türe zu gehen. Bevor er die Wohnung des Governor's verließ hörte er wie dieser leise lachte. „Wenn du es so nennen willst... und gibt ihnen eine Aufgabe! Sie sollen sich nützlich machen, wenn sie hierbleiben wollen.", wies er an und beobachtete wie sich die Türe hinter Merle schloss.

Merle stöhnte genervt auf, als er die Türe hinter sich zuzog und in zwei Augenpaare blickte. Die beiden Freundinnen hatten es sich nicht nehmen lassen zu lauschen, und waren dann nicht schnell genug gewesen um sich zu verstecken. Also hatten sie es gar nicht erst versucht und blickten Merle nun beinahe herausfordernd an.

Doch anstatt etwas zu sagen, bedeutete er ihnen nur ihm zu folgen und grummelte vor sich hin, während er sich das Hirn zermarterte was er mit den Beiden anfangen sollte.

„Ich soll WAS?", fragte Zoe fassungslos und sah Merle an als habe er soeben erklärt, dass Eichhörnchen Aliens wären und Schweine fliegen können. Der Einhändige stöhnte genervt auf. „Ich nehme mal stark an, dass ihr Beiden nicht den blassesten Schimmer davon habt wie man eine Waffe gebraucht, richtig? Und kämpfen könnt ich auch nicht." Das Letzte war keine Frage, er hatte die Versuche sich zu verteidigen ja gesehen. „Ihr haltet eurer Messer als wolltet ihr damit ein Steak schneiden – alle Beide. Also kann ich euch nicht für die Wache gebrauchen.", stellte er noch einmal klar und ließ dabei keinen Zweifel, dass Frauen seiner Meinung nach sowieso nichts bei der Wache, sondern vielmehr in der Küche zu tun hatten.

Claire seufzte ergeben und senkte den Blick, während Zoe ihr Gegenüber so böse ansah, wie sie es eben konnte. Da sie mit ihrer schlanken Figur und einem Stockmaß von gerade mal 1,63 cm zu ihm hochschauen musste, blieb der gewünschte Effekt leider aus und Merle verzog stattdessen das Gesicht zu einem Grinsen. Wütend trat Zoe einen Schritt auf ihn zu und hob die Faust, nur um sie im nächsten Moment wieder sinken zu lassen und tief durchzuatmen. Claire stellte sich neben sie und stupste sie mit der Schulter an. Lass ihn, er ist es nicht wert!, schien ihr Blick zu sagen und Zoe folgte ihrer Freundin in die große Küche, in der bereits Hochbetrieb herrschte.

Merle lachte leise und wandte sich dann ab. Er verließ das kleine Café und schlenderte in Richtung Haupttor um sich mit Crowley draußen auf die Jagd nach Beißern zu machen.

Inzwischen waren Claire und Zoe bereits vom Chef eingewiesen worden und hatten damit begonnen alles für den Mittagstisch vorzubereiten. Während sie also das die Würzmischung tauchten und Gemüse schnipselten, stellte sich Zoe dabei Merle's Gesicht vor und grummelte immer wieder vor sich hin. „So ein Arschloch! Was fällt ihm ein?", fragte sie gerade aufgebracht. Claire lachte sie aus. „Ach komm' schon. Du weißt doch, wie er ist. Ich finde, er hat ziemliche Ähnlichkeit mit Merle aus der Serie, findest du nicht? Nur sieht er ein kleines bisschen besser aus.", versuchte sie ihre beste Freundin zu beruhigen und erntete einen entsetzten Blick. „Claire! Nein! Bloß nicht!", warf ihr Zoe entgegen und bemerkte erst da das verschlagene Grinsen. „Du hast mich veralbert!", bekundete sie und war ihrer besten Freundin ein Küchentuch an Kopf, das neben ihr gelegen hatte. Claire prustete als das Tuch kurz vor ihrem Gesicht zu Boden segelte.

Die Stunden in der Küche des Cafés vergingen und als sie am Abend zu ihrem Zimmer bei Eileen zurückkehrten, waren sie gut gelaunt und überraschend müde, obwohl sie nicht mehr getan hatten als etwas Küchenarbeit.

Die beiden Freundinnen beschlossen mit Eileen einen Spieleabend zu machen und so saßen die Drei bald zusammen um den kleinen Sofatisch und hatten ein Brettspiel zwischen sich ausgebreitet. Es war ein Film-Quiz und Claire war sich sicher, dass auch dieses Mal Zoe den Sieg davontragen würde – so war es zuhause auch immer. Wenn es um Filme ging konnte ihr niemand einen Bären aufbinden und so war es auch dieses Mal. Als Eileen eine Karte zog und Zoe die Frage stellte: „Wer spielte die Rolle des Dr. McCoy in Star Trek?" schüttelte Claire nur lachend den Kopf als Zoe den Namen „Karl Urban!" so schnell und laut herausschrie, dass Eileen zusammenzuckte. Die arme Frau würde es sich beim nächsten Mal gut überlegen ob sie mit den beiden Mädchen nochmal einen Spieleabend machen wollen würde.

You know I'm no goodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt