Kapitel 9

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Nun liefen wir zu der Tür, gegenüber von der Zimmertür, und Taddl öffnete sie. „Hier ist dein privates Badezimmer.“ Ich ging hinein und auch hier war eine Glasfront. Davor stand eine weiße, runde Badewanne mit einem kleinen Tisch daneben. In der Ecke war eine riesige, offene Dusche, in der man selbst um die Ecke gehen konnte. Daneben war die Toilette und ein Stück vom 'Eingang' entfernt war ein großes Waschbecken mit Spiegel. Auf einer Kommode lagen ein paar Sachen, die anscheinend für mich waren. „Ich hab' dir erstmal ein paar Klamotten von mir hingelegt. Die werden dir wohl etwas zu groß sein, aber für den Anfang sollte das reichen.“ Nun deutete er auf zwei Rasierer und Rasierschaum. „Das erklärt sich von selbst.“ Ich nickte einmal. „In der Dusche stehen bereits Shampoo, Duschgel und so weiter und unter dem Waschbecken sind noch ein paar Cremes, Masken und so weiter, für deine Haut, falls du die benutzen möchtest. Und falls du dir die Nägel schneiden willst, ist dort auch ein Nagelklipper drin. Kehr' aber bitte alles zusammen und kipp' es in den Mülleimer, wenn du ihn benutzt. Ich habe zwar Putzfrauen, aber ich denke, dass du auch einsiehst, dass wir alt genug sind, um selbst aufzuräumen.“ „Natürlich.“ „Gut. Kehrschaufel und Besen sind in der untersten Schublade und wenn du fertig bist, kannst du die Schuhe anziehen, die neben deinem Bett stehen. Achja und Zahnputzzeug ist auch unter dem Waschbecken.“ „Vielen Dank nochmal.“ „Dafür nicht. Also... lass' dir alle Zeit, die du brauchst. Ich zieh' mich um, mach' uns Tee und warte dann unten im Flur auf dich.“ „Ok.“  Während Taddl zur Tür lief, fragte er noch: „Darf ich dich eigentlich Ardy nennen?“ Meine Wangen wurden wärmer. „Ähm, ja. Wenn du willst...“ „Ok. Dann bis gleich.“ „Bis gleich.“ Er verließ den Raum und schloss die Tür, bevor ich langsam meine Strickjacke auszog und mich dabei vor den bodentiefen Spiegel neben der Tür stellte. Als ich dann mein T-shirt auszog und es zu meiner Jacke auf den Boden legte, stockte mir kurz der Atem. Meine Rippen waren deutlich zu erkennen und meine Haut war voll mit Schrammen, Kratzern und blauen Flecken. Der Rest war blass und meine Arme und Beine waren Zahnstocher. Es war alles andere, als ein schöner Anblick, aber ich blieb unbeeindruckt und zog mich schließlich komplett aus. Dann öffnete ich noch meinen Zopf und es war wirklich ein komischer Moment, mich mit längeren Haaren zu sehen. Hoffentlich könnte ich sie noch schneiden... Ich lief unter die Dusche, drehte das Wasser auf und schloss seufzend meine Augen. Endlich konnte ich wieder warmes Wasser auf meinem Körper spüren und für ein paar Sekunden stand ich einfach nur da. Es tat so gut, das warme Wasser auf der Haut zu spüren und ich drehte es auch noch ein bisschen heißer, bevor ich den gröbsten Dreck aus meinem Gesicht spülte. Auf einer Ablage an der Wand befanden sich Duschgel, Shampoo, eine Duschcreme und Peelings und zwei Holzbürsten. Ich fing mit meinen Haaren an und spülte sie erst mit Wasser aus, bevor ich das Shampoo benutzte. Das Wasser hatte ich abgestellt und ließ mir sehr viel Zeit beim Einseifen. Während das Shampoo einweichte, schrubbte ich meinen Körper gründlich sauber. Als ich meinen Körper dann wieder abspülte, sah ich, wie viel Dreck an mir klebte. Da war es kein Wunder, dass meine Haut so schlecht aussah. Aber jetzt fühlte ich mich schon viel wohler und nutzte auch noch ein Peeling für die Haut. Und als ich dann zum 'Eingang' der Dusche lief und mich abtrocknete, fühlte ich mich wie ein neuer Mensch... Das weiße Handtuch wickelte ich dann um meine Hüfte und stellte mich dann vor das Waschbecken. Ich sah nun viel frischer aus und als nächstes wollte ich meine Zähne putzen. Die entsprechenden Sachen nahm ich dann aus der oberen Schublade, auch eine Mundspülung, und putze meine Zähne, bis mein Zahnfleisch leicht blutete. Dann legte ich alles wieder in die Schublade, cremte mein Gesicht ein und fand sogar einen Labello, den ich gleich benutzte. Anschließend wollte ich mich rasieren, was im Gesicht ganz gut klappte, da mir eh nicht wirklich ein Bart wuchs. Unter den Armen klappte es auch noch, aber in meinem Intimbereich wurde es dann etwas schwieriger. Ich hab' mich noch nie rasiert, bei meinen Eltern durfte ich das nicht mal, aber die Haare ließen mich unwohl fühlen. Also rasierte ich mich sehr vorsichtig, schnitt mich leider einmal, und warf dann die ganzen Haare in den Mülleimer. Dann kürzte ich noch meine Nägel, wobei ich auf einem weißen Hocker saß, machte alles wieder sauber und fand auch noch eine Haarbürste, mit der ich meine Haare kämmte. Zuletzt lief ich dann zurück zur Kommode, um mir Taddls Sachen anzuziehen. Angefangen mit schwarz-weiß gestreiften Socken und gleichfarbig gestreiften, etwas lockeren, Boxershorts. Eine schwarze Jogginghose, ein schwarzes Unterhemd und ein schwarzer Hoodie folgten und die Sachen waren wirklich kuschelig. Auch wenn ich Taddl nicht wirklich kenne, fühlte ich mich bei ihm wohler, als jemals zuvor bei meinen Eltern. Und ich war so glücklich, dass ich einfach lächeln musste. Wenn ich irgendwann die Mittel dazu habe, würde ich mich richtig bei ihm bedanken...

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