Betrunkene Küsser

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Es vergingen einige Wochen, in denen ich weder in die Schule ging, noch aus dem Haus durfte. Meine Eltern erklärten mir nicht wieso und warum, doch ich wusste die Sicherheit meiner Familie war in Gefahr. Schon des Öfteren wurden Anschläge und Mordversuche auf den Stamm der O'Sullivan Familie geplant und daher schien mir die Situation doch ziemlich offensichtlich. Müde und gelangweilt starrte ich an meine weiße Decke und überlegte lange Zeit, wie ich Kontakt zu Rick aufbauen könnte. Ich vermisste ihn und drehte langsam in meinem Luxus-Gefängnis durch. Die abgeschlossenen Türen schienen wie Gitterstäbe und die großen, lichtdurchlässigen Fenstern wie eine Folter der Wahrnehmung. Ich konnte über die ganze Stadt blicken, doch nicht in der Stadt sein. Ich konnte die Menschenmasse erkennen, doch durfte mit keinem Menschen reden.

Das Vibrieren meines Smartphones riss mich aus meinen Fluchtgedanken:  60'sParty um 23.00 Uhr, bei mir zuhause! Bringt Alkohol mit. -Jean Paul                                                                                            Jean Paul, der beliebteste Junge aus der Schule. Er war quasi der Partygott unserer Stadt, denn jede seiner Partys endeten meistens im Sirenengeheule und mit stockbetrunkenen Teenies. Ich sah diese Party als perfekten Anlass an, um sich ein wenig unter die Leute zu mischen und Spaß zu haben. Ich lief zu meinem Kleiderschrank und begutachtete meine Kleider: Keines sagte mir so wirklich zu, also schlich ich mich auf den Dachboden, wo ich letztens einen großen Karton mit wunderschönen Kleider gesehen hatte. Er trug die Aufschrift: Sara Wesley, doch ich hatte diesen Namen noch nie zuvor gehört. Ich durchstöberte die Kiste und stieß auf ein mit weißen Perlen besticktes, langes, enges Kleid. Ich würde es in die 60iger Jahre einordnen. Ich liebte diese edle, veraltete Mode und kannte mich recht gut damit aus. Nachdem ich mich also fertig gemacht und meine Haare hochgesteckt hatte, öffnete ich das Fenster und rutschte die Regenrinne herunter, so wie ich es früher auch immer tat. Nachdem ich mich weit genug von unserem Anwesen entfernt hatte, zog ich meine schwarzen High-Heels an und lief zu der besagten Party Location. Schon von weitem konnte man die laute Musik hören und ich wusste, diese Party war meine Eintrittskarte für Spaß.

Ich gesellte mich zu einigen Leuten aus meiner Schule und fing an meine Probleme in Alkohol zu ertrinken. ,,Noch einen Shot ,bitte". Dieser Satz war heute ganz oben in meiner Rangliste aufgezeichnet. Nach einiger Zeit, ich sah schon leicht verschwommen, ging ich hoch um den Barkeeper zu suchen. Mein sonst so treuer Zuhörer und Trink-Komplize  hatte mich scheinbar im Stich gelassen und vergnügte sich nun wahrscheinlich mit einer Prostituierten im Bett. Es sei ihm gegönnt. Schließlich gab ich die Suche auf, setzte mich auf den Balkon und hielt ein wenig Abstand zu der Brüstung, denn so betrunken wie ich war, würde es wahrscheinlich schmerzhaft bis tödlich enden.  Ich genießte die Stille und das wunderschöne singen einer Nachtigall, als von unten plötzlich Schreie ertönten. Ich wollte aufstehen und nachschauen was unten vor sich ging, doch mir wurde schwindelig und ich flog hin. Ein Knall ertönte und es wurde still. Still wie auf einer Beerdigung. Ich bekam Panik und versuchte es noch ein letztes mal: Ohne Erfolg. stockbetrunken, blind und hilflos lag ich nun da, ahnungslos was geschah. ,,Scheiße Allison wir müssen weg hier!", hörte ich es verschwommen hinter mir, dennoch kannte ich diese Stimmfarbe wie kein anderer: ,,Rick?", nuschelte ich vor mich hin. Zu diesem Zeitpunkt hob er mich schon hoch und lief mit mir zum Geländer. ,,Wir müssen springen!", flüsterte er und ich wusste ich war betrunken, aber das hatte ich mir bestimmt nicht eingebildet. ,,WAS?! ich bin doch nicht lebensmüde!", schrie ich und er hielt mir augenblicklich seine Hand vor den Mund. ,,Wir wissen beide, dass das nicht stimmt", lachte er leise und sprang über die Absperrung hinunter. Wir landeten im eiskalten, Chlorwasser des Pools und schon ertönte ein weiterer Schuss. Ängstlich klammerte ich mich an Ricks beschützende Brust und schloss die Augen. Er hob mich aus dem Wasser und rannte hinunter zu seinem Truck, der schon fluchtbereit geöffnet war. Er setzte mich sanft auf den ledernen, abgesessenen Beifahrersitz und fuhr los, bevor uns irgendjemand bemerken konnte. ,,Was machst du nur für Sachen, Kleines!", meinte er und und schaute mir tief in meine schweren Augen, die ich kaum offen halten konnte. ,,Ich wollte doch nur Spa-..Spaß haben", stotterte ich vollkommen neben der Spur. ,,Wohin geht's?", fragte ich lachend und eindeutig sturz betrunken. ,,Raus aus der Stadt, du bist hier nicht sicher. Wir fahren zu einer alten Wohnung von mir nach Orlando.", Ich nickte nur und starrte aus dem verstaubten Fenster.

Nach mehreren Stunden ohne Rast, ich hatte die halbe Fahrt lang geschlafen, hielt der Wagen abrupt an und Rick stieg aus. ,,Da wären wir!", präsentierte er mir stolz ein kleines, abgelegenes Haus mit roten Dachziegeln und großen Fenstern geschmückt. Er half mir hinein, legte mich auf eine alte, staubige Couch und kniete sich vor mich hin. ,,Man müsste meinen, du würdest nur Champagner oder den feinsten Wein aus Europa trinken und dir nicht mit Bier und Whisky dein eigenes Grab schaufeln.", lachte er rau und schaute mich besorgt an. ,,Ich bin nicht so ne reiche, abgehobene Tusse wie du vielleicht denkst.", behauptete ich beleidigt. ,,Das denke ich gewiss nicht von dir. Du bist eher eine reiche, unvorsichtige Psychopathin." Ich wollte ihn für diese Aussage boxen, doch ich verfehlte seinen Arm und er machte sich über mich lustig. Mein Blick legte sich auf sein makelloses Gesicht und seine dunklen, wunderschönen Augen betrachteten mich. Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte. Ein Ziehen durchzog meinen Körper, wie ein Verlangen nach ihm glänzten meine Augen auf und auch der Drang nach seinen geschwungenen, dunkelroten Lippen wurde immer größer. Ich streichelte über seine Brust und zog ihn anschließend so nah an mich ran, dass uns kein Blatt mehr trennen konnte. Ich bildete mir auch einen Drang seinerseits an, doch das konnte auch an meinem Promilleintus liegen. Ich schloss die Augen und legte meine Lippen auf Seine. Wie eine Explosion sprudelten die Schmetterlinge in meinem Bauch und es wurde ein Spektakel der Zuneigung und Gier. Wir interagierten zu zweit, doch als noch nie zuvor verspürte, harmonische Einheit.


The danger of usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt