Als ich am frühen Abend bei Harry ankomme, steht er bereits vor dem Hotel. Mir bleibt fast die Spucke weg, als ich um die Ecke biege und ihn dort stehen sehe. Er sollte wirklich überlegen, ob er die Kamera nicht eintauschen möchte. Mit verdammt großer Sicherheit würden sich die Menschen um ihn als Model reißen.
Wie er da steht. Anbetungswürdig und einfach wunderschön. Er trägt einen langen, schwarzen Wollmantel, dazu enge Jeans und abgetragene Boots. Seine Haare hat er zusammengebunden und ich merke nur einmal mehr, wie mein Herzschlag sich beschleunigt.
Er sieht durch die Gegend, dann fällt sein Blick auf mich und seine Mundwinkel verziehen sich zu einem kleinen Lächeln. Er setzt sich in Bewegung kommt auf mich zu und als wir direkt gegenüber stehen, hat es mir noch immer die Sprache verschlagen."Hi", erklingt seine Stimme und erst da schaffe ich es, mich wieder zusammenzureißen.
"Hi", versuche ich gefasst von mir zu geben, hoffe, dass er meine Nervosität nicht bemerkt.
"Also? Wie ist der Plan?", möchte er wissen und lässt seine Hände in den Manteltaschen verschwinden. Kurz räuspere ich mich, zucke dann mit den Schultern.
"Ich habe mir gedacht wir gehen einfach ein wenig spazieren, holen uns irgendwo etwas zu Essen und - ja." Da es gerade einmal kurz nach Sechs ist, scheint noch die Sonne. Die Temperaturen sind zwar gefallen, dennoch ist es angenehm. Vorsichtshalber habe aber auch ich meine Jacke angezogen. Als Harry und ich das letzte Mal an der Seine waren, habe ich mir in meinen Anzug wirklich den Arsch abgefroren.
Der Lockenkopf nickt, sieht sich um und deutet mit dem Kopf hinter mich.
"Richtung Notre-Dame ?". Dieses mal nicke ich und wir machen uns auf den Weg.Die erste Zeit schweigen wir, doch dann kommen wir langsam in das Gespräch. Ich lobe ihn erneut für seine Arbeit und als er dann tatsächlich etwas verlegen wird, kann ich mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Wir sprechen über die Stadt, Harrys Hotel und die komplette Überbewertung des Eifelturms. Zudem erzählt Harry einige lustige Dinge, die ihm schon an einigen Sets passiert sind. Immer wieder müssen wir lachen und so bemerken wir erst, dass wir an unserem Ziel angekommen sind, als wir direkt vor Notre-Dame stehen.
Ich neige meinen Kopf in den Nacken und schaue nach oben. Ich finde die Kathedrale wunderschön. Sie strahlt irgendetwas aus, was mir eine Gänsehaut verpasst und wäre ich ein normaler Tourist, würde ich das Teil gerne besuchen. Doch vielleicht ein anders Mal.
Heute zählt nur Harry.Wir holen uns ein paar Snacks in angrenzenden Läden und laufen dann an der Kathedrale vorbei. Hinter dieser befindet sich eine Art Park. Überall stehen Bänke und in der Mitte des Platzes befindet sich ein Brunnen. Wir entscheiden uns für eine Bank in der Sonne. Solange sie noch scheint müssen wir die Sonnenstrahlen mitnehmen.
Das Baguette legen wir in unsere Mitte, die Weintrauben und den Käse ebenfalls. Außerdem habe ich uns Kaffee geholt und als wir dort so sitzen, an unserem Kaffee nippen, genieße ich dieses wohlige Gefühl in mir.
Ich erinnere mich an mein Vorhaben, überlege, ob jetzt der Richtige Moment ist - aber den wird es vermutlich niemals geben. Wann ist schon ein richtiger Moment?
Also trinke ich noch einen Schluck Kaffee, stelle meinen Becher neben mich und sehe dann zu Harry.
Ich bin wieder unheimlich nervös, meine Finger zittern leicht, als ich den Gegenstand in meiner Jackentasche ertaste.
"Uhm...können wir...können wir über uns sprechen?", möchte ich wissen und bekomme Harrys Aufmerksamkeit. Er kaut auf einem Stück Baguette herum, nickt dann aber und sieht mir in die Augen.
"Also...ich...ich weiß nicht wie ich dir beweisen soll, dass ich es Ernst meine. Wirklich, ich habe keine Ahnung. Aber-", ich ziehe die kleine Schachtel, die ich vorher noch gekauft habe aus meiner Jackentasche und sehe dann wieder zu Harry. "Vielleicht ist hier schon einmal ein Anfang."
Mit zitternden Fingern reiche ich dem Lockenkopf die Schachtel, welche er verwundert annimmt.
Mit gekräuselter Stirn schaut er diese an, dann landet sein Blick wieder bei mir. Ich nicke ihm zu, signalisiere ihm so, dass er sie öffnen soll, was er dann auch macht.
Mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn zieht er den Schlüsselanhänger, welchen ich vorhin samt Schachtel besorgt habe, heraus und betrachtet dann den dranhängenden Schlüssel.
Ich kann sein Hirn förmlich rattern hören und bevor er sich noch mehr Gedanken macht, versuche ich mich zu erklären.
"Also...wenn du mal in London bist, dann steht dir meine Wohnung jederzeit offen. Natürlich kannst du auch einfach so vorbei kommen, immer, wenn du das willst. Jederzeit."
Harry hebt seinen Blick, sieht mich noch immer irritiert an. "Ist das dein Wohnungsschlüssel?", möchte er wissen und ich nicke. Liam wird mich morgen Abend eh vom Flughafen abholen, dann muss er mir meinen Ersatzschlüssel zurück geben.
"Das...du gibst mir deinen Wohnungsschlüssel?".
"Ja, denn...also...du sollst dich jederzeit bei mir Willkommen fühlen."
Ist die Idee doof?
Ich weiß es nicht. In meinem Kopf war das Alles irgendwie romantischer.
"Und alles Andere kann nur die Zeit zeigen. Ich kann dir nur versprechen, dass ich es Ernst meine. Ob es klappt und wir funktionieren, kann man nicht vorhersagen. Aber ich möchte mich bemühen und der erste Schritt ist mein Schlüssel. Nimm ihn als Symbol, oder eben...als...als Schlüssel."
Meine Güte. Was rede ich hier wieder für einen Bullshit?Tief atme ich durch und beobachte Harry dabei, wie er den Schlüssel in seiner Hand mustert. Vielleicht findet er diese Idee ja auch komplett dumm.
Doch als er dann seinen Blick hebt, mich ansieht und lächelt, beginnt es in meinem Bauch wieder zu kribbeln und ich bin mir sicher, dass er die Symbolik verstanden hat.
"Das ist eine wundervolle Geste", gesteht er und legt den Schlüssel zurück in die Schachtel. "Danke", fügt er hinzu, schiebt die Schachtel in seine Manteltasche und dreht sich dann etwas, damit er mich besser ansehen kann.
Unsere Blicke verschmelzen miteinander und diese magische Stimmung legt sich über uns. Es ist die gleiche Stimmung, welche ich in der Dunkelkammer bemerkt habe und mein Herz flattert verdächtig auf, als ich an diesen Tag zurück denke.
Harry nimmt meine Hand, führt sie zu seinen Lippen und ich beiße mir grinsend auf meine Unterlippe.
Ich liebe es, wenn er das macht.
"Dann schauen wir mal, wo uns das alles hinführt".
Er rückt ein wenig näher an mich heran, darauf bedacht, dass unsere Kaffeebecher nicht von der Bank fallen. Seine linke Hand legt sich auf meine Wange, mit der Rechten hält er noch immer meine Hand.
Ich schließe meine Augen, schmiege meine Wange gegen seine Hand und bemerke die Ringe auf meiner Haut.
Und dann, dann liegen plötzlich Harrys Lippen auf mir und ich glaube, mein Herz wird den Geist aufgegeben.
DU LIEST GERADE
Amor manet.
FanfictionEin Assistent einer angesagten Modelagentur, die ausgerechnet seiner Mutter gehört, wird mit seinem besten Freund in den Zwangsurlaub gesteckt. Grund? Burnout. Zumindest wird es Louis so gesagt. Er sieht das allerdings ganz anders, kann sich aber ni...