das Herz sagt bleibt,
der Kopf sagt geh.
Herz über Kopf.
J o r i s - Herz über Kopf
„Ich gebe offiziell auf. Habe es satt, Männer zu daten, die denken ein klares Nein wäre ein ‚Ich will überredet werden'. Wieso wollen fast alle auch nur noch eine Freundschaft Plus? Will keiner mehr heiraten?"
„Ich hoffe, du hast das Thema Heirat nicht gleich beim ersten Date angesprochen. Dann könnte ich dir nämlich erklären, weshalb es noch nicht geklappt hat", erwiderte ich neckend und erntete einen bösen Blick von Cara. Diese füllte das leere Weinglas teilweise mit Weißwein, den guten von Lidl für nicht einmal zwei Euro, und kippte Sprudelwasser hinterher. Das musste wohl ihr drittes oder viertes Glas gewesen sein. Mein zweites ruhte noch in meiner Hand.
„Die potentielle gemeinsame Hochzeit ist das Erste, was ich anspreche. Gleich darauf folgt, dass ich eigentlich tot bin, weil ich mir in drei Jahren das Leben nehmen werde. Macht mich das etwa nicht gleich interessanter?" Sie fing an zu lachen und strich sich eine ihrer blonden Strähnen aus dem Gesicht.
Die Nacht mit Mia war vier Tage her, aber durch Caras Arbeit und ihrem strengen Dating-Plan hatten wir es noch nicht geschafft, uns richtig darüber auszutauschen.
„Wieso grinst du eigentlich so abartig breit die ganze Zeit? Hast du jemanden flachgelegt?"
Ich erzählte ihr von der Nacht, von unseren Gesprächen und flüchtig von den Küssen. Dabei merkte ich, dass ich Mia schon vermisste. Cara lauschte gespannt und ließ sich nichts anmerken. Ich erwartete eine Moralpredigt mit all dem Zeug, das ich doch längst wusste. Stattdessen sah sie mich eher wehmütig an.
„Ich hoffe, jemand strahlt irgendwann genau so sehr, wenn er über mich spricht", murmelte sie und ließ das Glas in einem Zug verschwinden.
Es brannte mir auf der Zunge, sie um Rat wegen der Sache mit meinen Eltern zu fragen. Deshalb tat ich es und kniff die Augen fest zu, da ich Angst vor der Reaktion hatte. War es wirklich richtig, sie zu retten? Konnte ich sowas überhaupt oder würde man mich dann direkt meiner Chance berauben, da ich mir erlaubt hatte, Gott zu spielen? Das Thema „Eltern" traf wohl einen wunden Punkt. Cara bekam glasige Augen und kippte zittrig ein weiteres Glas ein.
Bevor ich was sagen konnte, flossen bereits Tränen.
„Schon gut", sagte sie, als ich sie in den Arm nehmen wollte. „Muss gerade irgendwie daran denken, dass ich noch nicht den Mut hatte, meinen Eltern gegenüberzutreten. Wie soll ich sie ansehen mit dem Wissen, dass ich sie eigentlich verlassen habe? Und wie könnte ich erklären, dass es nichts mit ihnen zutun haben wird, sondern nur mit mir? Ich weiß, dass sie mich bedingungslos lieben, aber sie werden nicht verstehen, dass ich mich selbst einfach nicht lieben konnte."
Ich wusste nicht, ob es überhaupt die richtigen Worte für diese Situation gab. Immerhin hatte ich nur ungefähr eine Ahnung, da ich dasselbe tat und meinen Eltern auch aus dem Weg ging, aber aus komplett verschiedenen Gründen. Also nahm ich sie erstmal nur in den Arm und ließ sie weinen. Verheult erzählte sie von ihren Eltern, wie überfürsorglich diese immer gewesen waren, aber nunmal von dem Thema Depression nicht viel hören wollten, da es nicht in die perfekte Welt ihrer perfekten Tochter zu passen schien.
Aus Respekt stellt ich keine Fragen. Ebenso hatte ich mir geschworen, niemals zu fragen, weshalb sie den Suizid begangen hatte. Mein einziges Ziel in der Hinsicht war es, einen erneuten zu verhindern. Cara hatte eine zweite Chance verdient. Vielleicht war ihre Aufgabe nicht primär, die Liebe ihres Lebens in Form eines anderen Menschen zu finden, sondern sich selbst zu lieben.
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was wäre wenn
Teen FictionEntscheidungen müssen getroffen werden - bevor sie einen selbst treffen. Stell dir vor, du machst dich auf den Weg, deiner großen Liebe einen Antrag zu machen und stirbst stattdessen. Du wachst fünf Jahre vorher auf und irgendein Fremder vercrackter...