Kapitel 1

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Es stank.

Das war immer das erste, was mir auffiel, wenn ich in den Stall von Abraxos kam.

Dieser Gestank und den riesigen Wyvern.

Auch jetzt sah er mich aus seinen dunklen Augen an, die mir verrieten, dass er ganz genau wusste, wer ich war und wieso ich gekommen war.

„Hallo mein großer." Begrüßte ich ihn und ließ ihn an meiner Hand schnuppern, bevor ich über seine lederne Haut fuhr.
„Du verwöhnst ihn noch, Mädchen."
Ich hatte Manon nicht bemerkt aber es war kein Wunder, dass sie hier im Stall bei ihrem Wyvern war.
Wenn Manon mir keine Lektionen über die Hexen gab, dann war sie hier bei Abraxos und verwöhnte ihn mehr, als ich es tat.
Ich ließ den Wyvern lediglich an meiner Hand schnuppern und kraulte ihn.

„Ich wollte nur schauen, ob alles für morgen bereit ist."
Manon musterte mich aus ihren merkwürdigen goldenen Augen an, die in einem so starken Kontrast zu meinen dunklen standen.
„Es ist alles perfekt, Ayla."

Es sollte mich beunruhigen, dass sie mich bei meinem richtigen Namen nannte aber dafür hatte ich keinen Kopf mehr.
Schon seit Tagen lief alles auf Hochtouren.

Jeder wollte mir noch so viel Wissen, wie möglich mitgeben und mir einen guten Rat geben, bevor ich morgen aufbrach.
Vor ein paar Tagen wurde ein neuer Angriff der abtrünnigen Hexen beobachtet und Manon war der Meinung, dass nun ein guter Zeitpunkt dafür war, dass ich zu den Hexen ging und mir deren Vertrauen verdiente.
Wie ich das genau anstellen würde, wusste ich nicht.

Rowan und Fenrys haben einige Strategien entwickelt und Manon und Lysandra hatten einige davon abgesegnet und einige auch wieder verworfen. Doch was ich am Ende davon umsetzen würde, müsste ich dann entscheiden, wenn es soweit war.

„Ruhe dich etwas aus." Manon klang beinahe schon einfühlsam.
„Das solltest du auch."
Manon warf mir einen Blick zu, der besagte, dass sie es sowieso nicht tun würde.

Ich verabschiedete mich von der Hexenkönigin und ihrem Wyvern und verließ den Stall, um in mein Zimmer zu gehen.
Doch vorher machte ich einen kleinen Abstecher durch die Gärten des Schlosses.

Es war ein wunderschöner Frühlingstag.
Die Sonne ging langsam hinter den Baumwipfeln unter und tauchte die Welt in ein wunderschönes goldenes Licht.

Meine Lederkluft, die ich noch aus Rifthold besaß, wärmte mich und ließ mich wie eine große Kriegerin fühlen.
Ich liebte diese Kleidung und war Caeda sehr dankbar, dass sie ihrer Mutter eine weitere Garnitur mitgegeben hatte.

Die junge Kronprinzessin war mir in meiner kurzen Zeit in Rifthold sehr ans Herz gewachsen und ich vermisste sie ein wenig. Eigentlich hatte ich Aelin fragen wollen, ob ich zu ihrem fünfzehnten Geburtstag nach Rifthold mit Njal reisen durfte, doch jetzt stand etwas Wichtigeres auf dem Programm, als ein Geburtstag.

Caeda würde dieses Jahr allerdings auch ohne Manon feiern müssen, es sei denn, dass die Hexenkönigin es irgendwie schaffte bis zum Ende der Woche in Rifthold zu sein.

Ein kleiner weißer Wolf tauchte zwischen den Büschen auf und blieb vor mir stehen.
„Hey Sam." Grüßte ich ihn und blieb ebenfalls stehen.
Der Wolf legte den Kopf etwas schief und sah zu mir hinauf.
„Weißt du, es wäre um einiges einfacher, wenn du mit mir reden würdest. Manchmal komme ich mir ein wenig blöd vor, dass ich die Einzige bin, die spricht."
Sam sah ein wenig belustigt aus und ich könnte schwören, dass er sogar mit den Schultern zuckte.
Diese blöden Tierformen der Faes und der Gestaltwandler.

In den letzten Wochen wurde es zu einem kleinen Ritual von Sam und mir spazieren zu gehen. Er war dabei in den unterschiedlichsten Tierformen.
Manchmal begleitete Fenrys uns, der nicht immer als Mann neben mir herlief, sondern in einer größeren Version von Sam jetzt.

Throne of Glass- Herrscherin der FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt