Kapitel 2

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Kian begleitete mich zu meinen Räumen und küsste mich zum Abschied auf den Mund.
Es war unser neues Ritual geworden.

Ich zog mich um und legte mich in mein Bett, doch an Schlaf war nicht zu denken.
Viel zu viele Gedanken kreisten in meinem Kopf herum.
Dies war meine letzte Nacht in diesem Bett, in diesem Raum, was in den letzten Monaten zu meinem zu Hause geworden ist.
Hier habe ich geweint, gelacht und gelebt.
Hier habe ich stundenlang mit Njal gelegen und uns über alles Mögliche unterhalten.
Hier hat Aelin mit mir zum aller ersten Mal gegessen und mir eine Hand zum Frieden gereicht.

Ich wusste nicht, ob ich noch einmal hierhin zurückkehren würde.
Niemand wusste genau, was bei den Hexen geschehen würde. Ob ich meine Aufgabe wirklich erfüllen konnte und deren neue Anführerin werden könnte.
Die Hexen brauchten eine neue Anführerin und da durch meine Adern Valgblut floss, dachte Manon und Aelin, dass sie eher auf mich hören würden, als auf Manon.
Ich bezweifelte das Ganze noch stark.

Irgendwann musste ich dann doch eingeschlafen sein, denn als ich die Augen das nächste Mal wieder öffnete schien die Sonne.

Ich nahm ein ausführliches Bad und schüttelte all die Badesätze in das warme Wasser, die ich die letzten Wochen nicht benutzen wollte, weil ich sie zu schade fand.
Danach zog ich mir meine Lederkluft wieder an und schaute eine ganze Weile in den Spiegel.

Früher habe ich mir so etwas, wie Eitelkeit nicht zugestehen wollen, doch das Leben am Hofe verleiht einen dazu eitel zu werden.
Ich war hübsch. Das habe ich schon vorher gefunden, doch jetzt fand ich mich wunderschön.

Im letzten halben Jahr habe ich an Gewicht zugelegt, sodass mein Körper nun schöne Rundungen hat.
Meine dunklen Haare habe ich noch vor wenigen Tagen geschnitten, sodass sie mir nur noch bis zur Schulter gingen.
Dunkle Augen, die verrieten, dass ich nicht ganz ein Mensch war, blickten mir entgegen, als ich mir selbst ein Lächeln zuwarf und mich zum Speisesaal begab.

Fenrys hat mir an einem unseren unzähligen gemeinsamen Abenden einmal verraten, dass er das ab und zu tat, um sein eigenes Selbstwertgefühl zu steigern.
Auch eine jahrhundertalte Fae, die genau weiß, dass er gut aussieht hat manchmal Probleme mit seinem Selbstbewusstsein.
Besonders in der Zeit nach dem Krieg hatte er große Probleme gehabt.

Sein Zwillingsbruder hat sich vor seinen Augen ein Dolch ins Herz gerammt und er selbst wurde zwei Monate lang von einer Königin gefoltert, die ihn zuvor schon beinahe ein Jahrhundert an sich gebunden hatte.
Fenrys hatte viel verloren aber auch seine Freiheit wiedererlangt.
Er hat zwar erneut einen Bluteid abgelegt, doch Aelin ließ ihm freie Hand bei dem, was er tat.
Seine einzige Aufgabe war es, Terrasen zu beschützen.

„Jeder hat seine eigenen Dämonen, Ayla." Hatte Fenrys an einem Abend gesagt. „Jeder trägt Narben. Manche sieht man. Manche nicht. Es liegt an dir welche du zeigst und welche du mit Stolz trägst aber sie werden immer ein Teil von dir bleiben."

Ich bewunderte Fenrys.
Er war ein so starker Mann. Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch.
Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er sein Licht unter den Scheffel stellte, nur weil er es gewohnt war der lustige und der Draufgänger einer Gruppe zu sein.
Dabei war er viel mehr.
Ich durfte einen kleinen Blick auf diesen ernsthaften Fenrys werfen, der stundenlang mit einem sprechen kann, der es aber auch liebte sich in seiner Wolfsform ans Feuer zu legen und gekrault zu werden.

Er hatte mir einmal versichert, dass es für ihn nichts Sexuelles war. Es fühlte sich vielmehr so an, als ob jemand durch seine Haare oder über den Rücken fahren würde.

Als ich den Speisesaal betrat, blieb ich kurz verwundert stehen.
Normalerweise aß jeder dann, wenn er Lust hatte.
Ich hatte auch schonmal Tage alleine gefrühstückt.
Doch jetzt war der Speisesaal voll.

Throne of Glass- Herrscherin der FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt