Kapitel 33

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KIAN:

Ayla verließ nicht seine Seite. Sie blieb mehrere Stunden neben ihm sitzen und schwieg. Nur ab und an stand sie auf, um etwas zu Essen oder zu Trinken zu besorgen und zwang ihn dann mit sanften Worten dazu die Nahrung zu sich zu nehmen, doch Kian weigerte sich.

Er konnte nichts essen, nichts trinken.

Er konnte bloß an die Schreie denken. An den Geruch nach verbranntem Fleisch. An die blonde Hexe, die langsam verbrannte.

Kian verstand nicht, wie seine Familie jeden Tag schaffte aufzustehen und weiterzuleben, wenn so viel Blut an ihren Händen klebte.

Sein Vater hatte ganze Städte abgeschlachtet und seine Mutter hatte für Geld sogar mal getötet.

Selbst Elide und Yrene, die eigentlich niemanden ein Haar krümmen konnten, hatten schon andere umgebracht.

Kian verstand es nicht. Er wollte da aber auch nicht mehr drüber nachdenken und dennoch tauchten immer wieder die Bilder von Ira vor seinem inneren Auge auf.

Irgendwann hatte Lia sich zu ihnen gesetzt und dann Caeda, die erzählt hatte, dass es Manon gut ginge.

Kian hatte vergessen, dass sie verletzt war. Er hatte vergessen, dass Samara und sie sich zerfleischt hatten.

Was war mit Njal? Normalerweise freute er sich, wenn der blonde Ritter nicht bei ihm war, da er eine ziemliche Nervensäge war aber Njal war sein Freund...oder nicht?

Auch das wusste Kian nicht.

Irgendwann übermannte der Schlaf ihn aber selbst in seinen Träumen suchte Ira ihn heim. Sie zerfleischte ihn mit ihren Nägeln und Zähnen. Sie riss Fleisch aus seinem Körper und badete in seinem Blut.

Wieder übergab Kian sich. Immer und immer wieder...

Ayla blieb bei ihm.

Sie blieb, obwohl sie wusste, was er getan hatte.
Sie blieb, obwohl er ein Mörder war, ein Monster.
Sie blieb, obwohl er nicht sprach und sich immer wieder übergab.

Kian wusste nicht wie oder wieso aber irgendwann hielt nicht mehr Ayla ihn fest, sondern Jara. Und wenn Jara ihn losließ, dann war seine Mutter da. Und wenn seine Mutter nicht da war, dann schrie sie jemanden an. Und wenn sie das nicht tat, dann war es sein Vater.

Kian hatte keine Ahnung wieso sie hier waren und wie sie es so schnell geschafft hatten. Andererseits wusste er auch nicht, wie lange er schon in diesem Zimmer war und vom Bett zur Toilette hin und her taumelte, als wäre er betrunken.

Vielleicht war er das ja auch. Er wusste es nicht.

Wo war Njal?

Zwei Wochen später.

„Glaub mir, Dorian, es ist mir sowas von egal."
„Du hast hier keine Gewalt, Aelin. Das hier ist immer noch mein Reich und mein Schloss."
„Und auch das ist mir sowas von egal."
„Fireheart..."
„Er ist unser Sohn, Rowan! UNSER SOHN!"
„Ich weiß. Ich war bei seiner Geburt dabei."

„Mama..." Kian drehte sich auf die andere Seite. Es war definitiv viel zu früh, um das Gezanke seiner Eltern ertragen zu müssen.

„Kian, Liebling, ich bin hier." Aelin strich ihrem Sohn eine silberne Strähne aus der Stirn. „Möchtest du was trinken? Was essen?"
Kian schüttelte den Kopf und zog die Decke über seinen Kopf. „Wo ist Ayla?" krächzte er. Es waren die ersten Worte seit Tagen, die er sprach. Blinzelnd lugte er unter der Decke hervor und sah in das besorgte Gesicht seiner Mutter, die sofort ein Lächeln auf ihre Lippen legte. Als ob das verbergen würde, wie große Sorgen sie sich machte.

Throne of Glass- Herrscherin der FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt