Throne of Glass- Herrscherin der Finsternis

Kapitel 20

VOR ZWANZIG JAHREN

„Steh auf. Manon Blackbeak Crochan. Hexenkönigin."

Manon erhob sich und warf einen Blick über das Meer aus Hexen. Ihr blick wanderte nach rechts und für den Bruchteil einer Sekunde konnte man dort die Trauer sehen.

„Erbärmlich. Sie tut so, als sei ihr Verlust der schlimmste von allen." Samara lehnte ganz hinten an der Wand und hatte die Arme verschränkt. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht sich etwas Schickes anzuziehen.

Luana, die neben ihr stand trug wie immer ihre blaue Robe und das Diadem auf der Stirn. Sie hatte die Krönungsfeier gebannt zugesehen, ganz im Gegenteil zu Samara.

„Sie hat ihre Dreizehn verloren. Lass ihr den Schmerz."
„Sie darf von mir aus so viel trauern, wie sie möchte aber es ist doch ganz schön erbärmlich, findest du nicht auch?"

Luana warf Samara einen kurzen Blick zu, der ihr verdeutlichte, dass sie es eigentlich anders sah. Sie hatte im Krieg gegen Aelin nicht nur ihren Zirkel verloren, sondern auch ihre Mutter und ihre Schwester. Es war grausam gewesen aber Opfer hatte es geben müssen.

Die Menge jubelte und applaudierte ihrer neuen Königin zu. Die Wyvern brüllten. An sich hätte es ein toller Abend sein können. Sie feierten die Widervereinigung zweier verfeindeten Gruppen und doch konnte Samara sich nicht wirklich daran erfreuen.

Schnaubend stieß sie sich von der Wand ab und verschwand aus dem Saal noch bevor Manon die Treppe von der kleinen Empore hinuntergestiegen war und die Hexen sie umzingelten, als sei sie eine Göttin.

In den Augen der anderen Hexen war Manon das sicherlich auch. Sie hatte es schließlich geschafft die Hexenlande wieder bewohnbar zu machen. Das erzählte man sich jedenfalls. Samara war nicht im Krieg gegen Erawan dabei gewesen, ganz im Gegensatz zu Luana, die noch immer diesen dunklen Schatten in ihren Haselnussbraunen Augen hatte, der nie wirklich verschwand, selbst wenn sie lächelte.

Der Krieg war nun schon einige Monate vorbei und doch hatten sich die meisten Hexen noch nicht davon erholt. Viele trugen noch immer die Verletzungen stolz zur Schau. Hexen schämten sich nicht für derlei Verletzungen.

Andere wiederum, die wie Luana kaum äußerliche Wunden davongetragen hatten, versteckten ihren innerlichen Schmerz so gut, wie es ging.

Samara bewunderte Luana dafür. Die Bluebloodhexe war eine äußerst feinfühlige und sanfte Hexe. Ihr wunderschönes Äußeres und ihr recht sanftes Wesen täuschten darüber hinweg, dass auch sie zu einem Monster erzogen worden ist, so wie alle anderen Ironteethhexen ebenfalls.

Ihr Clan hatte treu an Erawans Seite gekämpft, anders als andere Bluebloodclans, die sich Petrah Blueblood angeschlossen hatten, die sich wiederum Manon Blackbeak angeschlossen hatte, um gegen Erawan und Maeve zu kämpfen.

Dieser Krieg hatte die Ironteethhexen erneut gespalten. Er war ursprünglich der Grund gewesen, wieso sich Blueblood, Yellowleg und Blackbeak Hexen sich wieder angenähert hatten. Er war der Grund, wieso Luana nun Samara aus dem Saal folgte und nicht weiterhin an der hinteren Wand stehen blieb oder ebenfalls versuchte Manon zu sprechen. Er war der Grund, wieso Samara und Luana trotz aller Widrigkeiten Schwestern wurden.

Und doch hat dieser Krieg ihre Gruppen erneut gespalten.

Es gab auf der einen Seiten die Hexen, wie die Crochans und einige Ironteethclans, die bereits im Krieg auf Manons Seite gekämpft hatten und nun treu ergeben waren. Dann gab es die Hexen, die sich nach dem Krieg Manon angeschlossen hatten, um wieder in ihr altes Land zurückkehren zu können oder einfach nur, weil sie des Kämpfens müde waren.

Und dann gab es noch diese kleine Gruppe, die wie Samara, sich nicht ganz mit der neuen Ordnung anfreunden konnten.

Es war nicht so, dass Samara nicht dankbar dafür war, dass sie nun endlich eine Heimat hatten und wieder fliegen konnten, so wie ihre Vorfahren es vor ihnen auch getan hatten. Samara genoss es, dass sie in den vergangenen Monaten einen festen Schlafplatz hatte und sich keine Sorgen darüber machen musste, dass sie etwas zu Essen bekam. Das war der positive Effekt.