Kapitel 4

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„Dad, ich bitte dich."
Ein Blick in das Gesicht meines Vater verriet mir, dass ich diese Diskussion bereits verloren hatte.
Die Stimmung war so schneidend, dass man damit glatt ein Stück Papier zerteilen konnte.

Keine zwei Tage später, hatte ich die Einladung von Colins Familie für die Veteranen-Gala bekommen. Fälschlicherweise war ich davon ausgegangen, dass er mich erstens eigentlich gar nicht einladen und zweitens, dass mein Vater die Einladung nicht in die Hände bekommen würde und ich somit die ganze Geschichte unter den Tisch fallen lassen konnte. Zu meinem Unglück war die Einladung aber auf Dads Schreibtisch gelandet und nicht auf meinem.

„Ich muss dir ja wohl nicht erklären, dass diese Gala jede Menge gute Publicity mit sich bringt", sagte er mit zusammengekniffenen Augen. Es war ziemlich offensichtlich, dass er sehr unzufrieden mit mir war.
„Du bist nicht gerade die beliebteste Person in diesem Land."

Ich versuchte mir nicht anzumerken, wie sehr mich seine Worte verletzten, also blickte ich ihn nur starr an. „Die Spendengala für unsere Veteranen verfolgt einen überaus noblen Zweck. Wenn du dich dort zeigst, dann steigt möglicherweise auch deine Sympathie beim Volk. Du zeigst damit den guten Willen, dich für die Schwachen in unserer Nation einzusetzen."

„Aber Dad, ich will wirklich nicht noch mehr Zeit mit Colin verbringen. Dieses eine Treffen hat mir gereicht und ich weiß definitiv, dass es kein zweites geben wird."

Mein Vater funkelte mich wütend an. „Du hast gerade mal ein paar Stunden mit dem jungen Mann verbracht, sonst hast du noch keinen Einzigen getroffen. Nach dieser kurzen Zeit kannst du Mr Armentrout weder einschätzen noch beurteilen. Mal ganz abgesehen davon, entstammt er einer sehr angesehen Familie, er wäre also eine hervorragende Partie."

„Ich dachte ich kann entscheiden, wen ich von den Bewerbern wiedersehen möchte und wen ich gut finde."
Kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, wusste ich das es das Dümmste war, was ich in dieser Situation hätte machen können.

Dads Faust sauste krachend auf den Tisch und ließ mich zusammenzucken. „Es geht hier aber nicht um deine Wünsche, Wilhelmina! Wann verstehst du endlich, dass du gegenüber der Krone Verpflichtungen hast?"
Er brüllte und ich war mir ziemlich sicher, dass die Bodyguards vor der Tür jedes Wort mithören konnten.

„Ende diesen Jahres wirst du die Verlobung mit dem Mann bekannt geben, der geeignet für das Amt an deiner Seite ist, aber vor allem werden wir aus dieser Verbindung politische Vorteile ziehen. Du wirst zu dieser Gala gehen und dich endlich wie die verantwortungsbewusste, junge Frau verhalten, die du zu sein hast und damit basta!"

„Ich habe verstanden, Eure Majestät", sagte ich beherrscht und verließ sein Arbeitszimmer. Es gab nichts mehr zu sagen. Wenn mein Vater in diesem Tonfall mit mir redete, konnte ich es mir sparen ihn Dad zu nennen. Diesen Fehler hatte ich vor einigen Jahren gemacht, aber dann nie wieder. Wie so oft hatten wir eine Auseinandersetzung und als ich ihn Dad nannte, hatte er mich nur noch mehr angeschrien. Ich hatte ihn als Autoritätsperson zu sehen, wenn er mich zurechtwies und es mir nicht verdient ihn in solchen Situationen als Vater zusehen. Danach hatte ich mich in meinem Bett verkrochen und geweint, bis Mum zu mir kam und mich tröstend in die Arme genommen hat. Er meine es ja nur gut mit mir und wolle mich umfassend auf mein zukünftiges Amt vorbereiten, dafür bräuchte ich nun einmal eine harte Schale.

Als ich aus der Tür trat, konnte ich Emmetts prüfenden Blick spüren, aber ich ignorierte ihn. Er redete seit unserer kleinen Auseinandersetzung sowieso nur das Nötigste mit mir und verhielt sich sonst verschlossen. Und im Moment war ich einfach nicht in der Stimmung tiefgründige Gespräche zu führen und eventuelle psychische Störungen aufzuarbeiten.

Die kommenden Wochen hatte ich zwei weitere Verabredungen. Mit Adam Pettrey traf ich mich im Schlossgarten, um mit einem gemütlichen Spaziergang die warmen Sonnenstrahlen zu genießen. In meinen Vorstellungen waren Spaziergänge im Schlossgarten mit potenziellen Partnern immer sehr romantisch, doch der Haken hierbei war, dass Adam so extrem schüchtern war, dass er fast kein Wort mit mir redete. Obwohl ich verzweifelt versuchte ein Gespräch ins Rollen zu bringen, scheiterte ich kläglich. Ich bekam höchstens ein knappes „Ja" oder „Nein".

Nach nicht einmal einer Stunde beendete ich für uns beide die Qualen und so wie er wirkte, war er mir nicht besonders böse. Ich würde ihn ganz bestimmt nicht wiedersehen.

Der nächste Kandidat heiß Allistor Follett und ich empfing ihn zum Tee trinken. Gleich bei der Begrüßung, teilte er mir stolz mit, dass er aus einer beeindruckenden Familie von Lords abstammte.

„Nicht so beeindruckend, wie wenn der Vater der König von England ist, finden Sie nicht auch?", entgegnete ich.

Im Hintergrund hörte ich wie Emmett leise auflachte. Nach dieser Aussage war Allistor so eingeschüchtert, dass er kaum noch ein Wort herausbrachte. Nur widerwillig antwortete er auf meine Fragen.

„Den armen Kerl hast du vielleicht Angst eingejagt." Amüsiert blickte Emmett mich an, nachdem ich Allistor nach Hause geschickt hatte. Ich raufte mir die Haare. „Das war aber auch ein wirklich dummer Begrüßungssatz. Als ob es mich beeindruckt, dass seine Vorfahren allesamt Lords waren. Was glauben die eigentlich, was ich für Ansprüche habe?"

„Du bist die Kronprinzessin", sagte er schulterzuckend. „Und vermutlich fühlen sie sich dir gegenüber minderwertig, also versuchen sie sich selbst mit ihren Titeln und Taten aufzupushen."

„Das ist erbärmlich", brummte ich. „Hoffentlich sind die folgenden siebzehn nicht genauso."

Aufmunternd stieß Emmett mich mit der Schulter an. „So lange einer in Ordnung ist, können die anderen ja aufgeblasene Ärsche sein."

Wir nahmen dieses Gespräch als stilles Friedensangebot. Emmett ging mir danach nicht mehr konstant aus dem Weg und ich nahm mir vor, in seiner Gegenwart eher zu überlegen was ich sagte.

Um für mich persönlich ein Konzept in meine „Ehemann-Suche" hineinzubringen, begann ich damit eine Liste anzulegen. In die eine Spalte würde ich alle Namen schreiben, die ich nie wieder sehen wollte. Adam und Allistor hatten dort bereits ihren Platz gefunden. Colin stand in der Spalte für die Männer, die ich vielleicht nocheinmal wiedersehen wollte. Sie waren zwar kein definitives ja, aber deutlich eher zu ertragen als die Nie-Wieder-Spalte.

Zu guter Letzt legte ich eine Definitiv-Ja-Spalte an. Hier würden alle Namen der Männer stehen, die ich unbedingt noch einmal sehen wollte. Ob darin überhaupt jemals ein Name stehen würde, bezweifelte ich stark.

Doch ich musste diese Sache ernst nehmen und mich endlich meinen Pflichten stellen. Die nächsten Wochen und Monate waren entscheidend für meine Zukunft. Um eine Hochzeit kam ich nicht herum. Aber ich konnte unter den zwanzig vorgeschlagenen Partien denjenigen herausfiltern, mit dem ich am ehesten mein Leben verbringen wollte. Wenn ich einen guten Freund finden würde, wäre das der größte Gewinn, den ich bekommen könnte. Eine verräterische Stimme in mir flüsterte hoffnungsvoll, dass daraus immer noch Liebe werden könnte.

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Ich wünsche euch einen guten Start in die neue Woche! Wie immer freue ich mich über die orangenen Sternchen und ein kleines Feedback!

Liebe Grüße x

Royal LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt