Graham war der erste Name, den ich in die Definitiv-Ja-Spalte schrieb. Ich war positiv überrascht von ihm, aber das war auch kein Wunder bei all den nutzlosen Männern, die ich zuvor getroffen hatte.
Er allerdings war charmant, gebildet und legte es nicht darauf an mich zu beeindrucken. Während unserem Spaziergang hatte er mich als eine ganz normale zweiundzwanzig-jährige Frau betrachtet und nicht als Kronprinzessin von England. Und ja, ich konnte nicht leugnen, dass ich ihn attraktiv fand. Mit ihm unter den Kandidaten, sah die ganze Sache zumindest nicht mehr so ausweglos aus.
Dad hatte mir für die nächsten Tage einen ordentlichen Stapel Arbeit bereit gelegt, weshalb ich mich die meiste Zeit in meinem Arbeitszimmer verbarrikadierte. Mehr oder weniger lustlos arbeitete ich mich also durch die Unterlagen, über Finanzen, Rüstungspolitik und andere Themen über die ich informiert sein sollte.
Gleichzeitig recherchierte ich so für mein geheimes Projekt. Seit ich auf der Gala mit Grace gesprochen hatte, wollte ich unbedingt meine eigene Stiftung für Veteranen gründen. Solange ich kein ausgearbeitetes Konzept erstellt hatte, sollte das auch noch niemand erfahren, daher informierte ich mich gründlich über Finanzen, die mir zur Verfügung stehen würden und wie ich mein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte.
Ab und an ließ ich mir von Lucy Tee bringen, aber sie war so distanziert, dass ich mich in ihrer Gegenwart unwohl fühlte. Ich konnte es ihr nicht verübeln, ich war immerhin ziemlich hart zu ihr gewesen. Lucy war jung und sehr sensibel. Sie hatte Vorstellungen von der Welt, die einfach nicht realistisch waren und ihr Traum von der Liebe ging mir auf die Nerven. Also war ich irgendwie auch noch nicht bereit mich zu entschuldigen.
Gegen Mittag platze Olivia ohne anzuklopfen in mein Arbeitszimmer. Mit ihrem Handy und mehreren Zeitschriften ließ sie sich auf mein Sofa fallen.
„Es gibt auch eine Funktion, die nennt sich anklopfen", klärte ich sie leicht verärgert auf.Olivia machte das ständig, ohne anzuklopfen irgendwo hereinzuplatzen und es machte mich meistens rasend.
„Ist ja nicht so, als würdest du etwas Verbotenes hier drin tun", erwiderte sie gelassen.
„Okay und was machst du hier?" Normalerweise hatte ich gerne meine Ruhe beim arbeiten. Wenn jemand im Raum anwesend war, hatte ich immer das Gefühl beobachtet und auf Fehler hingewiesen zu werden. Olivia blätterte in aller Seelenruhe durch ihre Modezeitschrift. „Mir war langweilig und ich hatte keine Lust in meinem Zimmer oder dem Damensalon alleine herumzusitzen."
„Deshalb dachtest du, du beehrst mich mit deiner Anwesenheit."„Du meine Güte, jetzt stell' dich doch nicht so an", seufzte meine Schwester. „Ist doch nichts dabei."
„Du verbringst sonst nie Zeit mit mir." Kritisch musterte ich sie, um herauszufinden, ob sie vielleicht irgendetwas im Schilde führte.Olivia verdrehte die Augen. „Mir war langweilig und du schienst mir im Moment die beste Gesellschaft. Jetzt komm' runter und tu nicht so, als würden wir nie ein Wort miteinander reden."
Immer noch kritisch und mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich sie an. Natürlich redeten wir miteinander, aber nur äußerst selten und wenn beschränkte sich unsere Konversation auf Smalltalk. Wir lebten beide unser Leben neben dem anderen, ohne wirklich etwas über den anderen zu wissen. Traurig, wenn man bedachte, dass wir eigentlich Zwillingsschwestern waren.
„Schön", gab ich schließlich nach. „Aber ich arbeite, also sei bitte leise."
„Du wirst mich gar nicht bemerken." Olivia blätterte weiter in ihren Zeitschriften, um sich auf dem neusten Stand zu halten, was Klatsch und Tratsch anging. Ich hingegen, versuchte mich wieder auf meine Finanzberichte zu konzentrieren.
Besonders erfolgreich war ich damit nicht, denn Olivias Geräusche machten mich wahnsinnig. Entweder veränderte sie ächzend und stöhnend ihre Position auf der Couch, gab belustigte Laute von sich oder murmelte ein „Krass!". Für zwei Sekunden schloss ich die Augen, um mich zu beruhigen.
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Royal Love
RomanceHinter der glamourösen Fassade ist Prinzessin Willows Leben alles andere als märchenhaft. Noch immer kämpft sie damit den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten, als ihr herrischer Vater sie zu einer königlichen Ehe zwingt, ohne die sie den Thron Englands...