15.

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Sommer, Sonne, Sonnenschein.
Das dachte ich zumindest, als wir aus dem Flieger ausstiegen. Doch es nieselte und war schwül. Immerhin war es warm. Vielleicht war ich daran schuld, mit der schlechten Laute die ich hatte, weil Lennard mich weder den Flug noch meinen Obolus vom Ferienhaus bezahlen ließ.  Auf dem Weg zum Ferienhaus sagte ich kein Wort. Generell war die Atmosphäre von Müdigkeit geprägt. Ich machte einmal kurz die Augen zu und dann waren wir auch schon da, vor dieser riesigen Wohnung. Ach was, das war schon fast 'ne Villa und das für Jenny, Marcel, meinem Bruder und mich. Die anderen, die mitkamen hatten das selbe Exemplar nebenan. Hier sah es aus wie in einem Bilderbuch Ferienresort. Lennard trug meinen Koffer aus dem Leihwagen, den ich ihm beinahe aus der Hand riss. Er warf mir einen irritierten Blick zu, als wir zur Haustür gingen.
„Ist fast so wie früher im Nordseeurlaub. Wir zwei in einem Zimmer." lachte Lennard. Während er seinen Koffer in eine Ecke verbarrikadierte versuchte ich es mir so angenehm wir möglich zu machen. Ich sah ihm dabei zu wie er sich aufs Bett schmiss und rümpfte bei dem Anblick des verwüsteten Bettes meine Nase. „Ach so Single war ich echt noch nie." murmelte ich also zu mir selbst. Doch Lennard hörte es natürlich und begann zu lachen: „Hättest du Marco nicht gesagt, dass du nur Freu-", „Lennard! Das Thema ist jetzt gegessen!" sagte ich sauer. „Okay. Ich lass es ab sofort. Ich kann es sogar verstehen.", „Danke." murmelte ich. Plötzlich blinzelte das Sonnenlicht durch das bodentiefe Fenster unseres Zimmers. „Sieht so aus, als wären wir doch willkommen hier." schmunzelte mein Bruder. „Lass uns etwas einkaufen gehen." schlug ich plötzlich vor. „Ohja. Snacks und alles für einen Grillabend. Mit allen zusammen.", „Ja warum nicht." murmelte ich und schlüpfte in ein lockeres Blumenkleid.
Lennard stürmte aufgeregt den kleinen Supermarkt den wir durch unsere mühsame Google-Suche fanden. Weder er noch ich waren jemals auf Ibiza. Früher hätte ich es mir auch nie erträumt, denn unsere Alleinerziehende Mutter hatte sich ohnehin schon abgemüht, um uns den Alltag und irgendwann Lennards Fußballanfänge zu finanzieren. Der Einkaufswagen war binnen weniger Minuten gut gefüllt. „Sag mal, Diät ist nicht im Urlaub?" fragte ich ihn, als wir schon beim Nutella angekommen waren. Er grinste von Ohr zu Ohr: „Nö!" sagte er frech. Ich zuckte mit den Achseln.
„Das reicht doch für heute Abend oder?" fragte er unsicher, als jeder von uns vier Tüten Richtung Ferienhaus schleppte. Ich schaute ihn mit riesigen Augen an: „Damit kannst du eine ganze Kompanie versorgen." murmelte ich trocken. Was das alles gekostet hatte - und Lennard zückte einfach mal eben so die Karte als wäre es nichts gewesen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Er hatte mittlerweile ein großartiges Standing als Profifußballer und dementsprechend ein ordentliches Gehalt. Was wir früher zu wenig hatten, hatten wir jetzt zu viel. Aber er war immer noch so großzügig wie immer.
„Geil, Nutella!" strahlte Jenny nachdem sie sich beim Tüten auspacken das Glas geangelt hatte. „Ob das hier besser schmeckt?" fragte sie sich leise. Ich riss es ihr lachend aus der Hand und stellte es in einen Schrank der Küche: „Das wirst du morgen früh erfahren.", „Genau, jetzt mach ich uns erstmal ein feines Getränk." grinste sie verschmitzt. „Gehen wir an den Pool?" fragte sie während sie in ihrem Element war. Sie hatte bereits einen Bikini an, eine teure Sonnenbrille im Haar und ihre Hüften mit einer Art Tuch bedeckt. War das der Ibiza Style von dem sie ständig in Dortmund sprach? Es schien so. Ich biss mir auf meine Unterlippe: „Ja, geh schon mal vor. Ich mache das hier noch eben." und zeigte auf den Rest der Einkäufe. Nickend zog sie von dannen und schrie glücklich auf, als sie draußen in der Sonne ankam. In Windeseile räumte ich den Rest weg und ging in mein Zimmer um mir auch schnell einen Bikini anzuziehen. Danach raufte ich mir das Haar. So nackig wollte ich nicht die ganze Zeit da herum liegen. Vorsichtig warf ich einen Blick in Lennards Chaos und zog mir ein weißes Leinenhemd daraus, dass ich mir schnell überzog, bevor auch ich in Richtung Pool ging.
Das Sonnenlicht blendete mich, als ich die ersten Schritte auf die Terrasse wagte. „Yve, schau mal wer hier ist." rief Jenny mir von der Liege zu. Langsam ging ich in ihre Richtung und konnte das alles erst so auf mich wirken lassen, als meine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. „Julian" sagte ich überrascht und kratzte mich nervös am Hinterkopf. „Gut angekommen?" fragte er gelassen und zwinkerte mir zu. Ich nickte und beobachtete dabei, wie ihm seine vollen blonden haare wieder ins Gesicht rutschten, nachdem er sie gerade nach hinten gelegt hatte. „Komm Jule! Zackig!" rief mein Bruder ihm zu. Wir schauten ihn gleichzeitig an. Lennard, Marcel und Mats standen schon auf dem schmalen Weg, der zum Strand führte und schienen auf ihn zu warten. „Wo geht's hin?" fragte ich und grinste ihn verschmitzt an. „Ach, die wollen unbedingt Fußball im Sand spielen gehen." winkte er amüsiert ab. „Hört sich gut an." bemerkte ich ohne großartig darüber nachgedacht zu haben. „Willst du mitkommen?" fragte er plötzlich begeistert. Ich riss meine Augen auf: „I-ich und Fußball?" rutschte es mir stotternd heraus: „Ne, ihr seid dann keine gerade Zahl mehr." redete ich mich schnell heraus. „Hallo, ich bin auch noch da!" beschwerte Jenny sich plötzlich neben uns: „Ihr glaubt doch nicht, dass ich alleine hier sitzen bleibe!" wir drei begangen leise zu lachen. „Also?" hakte Julian unermüdlich nach. Ich seufzte: „Okay, wir kommen mit." gab ich nach. Jenny und ich folgten Julian also. Währenddessen zwinkerte sie mir zu. „Musste das sein?" zischte ich leise. „Ja!" amüsierte sie sich. „Aber-", „Kein aber, Yve! Machen!" zischte sie plötzlich zurück. Julian blieb plötzlich stehen und warf einen irritierten Blick nach hinten: „Ist was?" fragte er Stirn runzelnd. Jenny und ich standen gerade wie Soldaten vor ihm und schüttelten im selben Rhythmus unsere Köpfe. Ich war erleichtert, als er einfach weiterging und wir ihm wieder mit geringen Abstand folgten. „Was macht ihr denn hier?" amüsierte Marcel sich. „Wir machen mit!"bot Jenny ihrem Mann selbstbewusst die Stirn.
Unbeobachtet verdrehte ich meine Augen. Das konnte ja noch etwas werden.

Schmetterlingseffekt IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt