53.

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Ich starrte perplex auf mein Smartphone, nachdem ich aufgelegt hatte. Wie bitte? Lennard hatte ohne ein Wort darüber zu verlieren meinen Kredit abbezahlt? Obwohl ich am liebsten auf der Stelle umgedreht wäre, entschied ich mich doch erstmal dazu meinen eigentlichen Weg fortzusetzen.
Als ich vor Marcos Haustür stand und ungeduldig darauf wartete, dass er sie mir öffnete, wurden meine Knie immer weicher. Zum ersten Mal seit langem fiel mir auf, wie warm es war und wie schön die Sonnenstrahlen auf meiner Haut prickelten. Es war bereits Ende Mai und die Luft roch total schön nach frischen Blumen und warmer Luft. Wie lange hatte ich auf so etwas nicht mehr geachtet?
Ich hätte erwartet, dass ich mich schlecht fühlte, sobald Lennard das ganze Geld für mich ausgab, aber ich war einfach nur unglaublich erleichtert. Ich hätte sogar schreien oder heulen können vor Freude. Mir war so, als würde ich die Welt plötzlich nicht mehr so schwarz weiß sehen. Warum hatte mir Lennard denn nichts gesagt? Die Überraschung war ihm definitiv geglückt. Ich konnte kaum aufhören wie ein Bekloppter zu strahlen. Als Marco mir endlich ahnungslos die Tür mit einem freudigen „Hallo" öffnete, schlang ich ruckartig meine Arme um seine Körpermitte und drückte wortlos meinen Kopf gegen seinen Brustkorb. Langsam legte er daraufhin seine Arme um mich und drückte mir verwirrt einen Kuss auf die Schläfe. Als ich mich endlich etwas von ihm lösen konnte, funkelte ich ihn mit gefährlich glitzernden Augen an. „Ist alles in Ordnung?" fragte er mich langsam. Ich nickte und lies mich von ihm in die Wohnküche ziehen. Dort angekommen legte ich meine Hände euphorisch auf seine rauen Wangen und drückte einen noch viel euphorischeren Kuss auf seine Lippen. Ich wollte mich gar nicht erst von ihm lösen, Marco musste mich dazu zwingen, dass sich unsere Lippen trennten. Seine Hände legten sich auf meine Schultern, um etwas Abstand zwischen uns zu schaffen. Sein prüfender Blick in meine Augen brachte mich zum lachen. Erst jetzt bemerkte ich, wie das Essen auf dem Herd vor sich hinbrutzelte.
Die Schmetterlinge in mir fuhren direkt Achterbahn. Es war wie nach Hause kommen.
„Die Bank hat mich gerade angerufen. Lennard hat ohne ein Wort zu verlieren meinen Kredit abbezahlt." strahlte ich ihn glücklich an. Mein ganzer Körper zitterte. Marco grinste verschmitzt und zog mich endlich wieder in seine Arme. Sanft streichelte er mit seiner Hand über meinen Haaransatz, bis er seine Sprache wiederfand: „Ich weiß. Schön, dass es dich so freut. Man sieht dir richtig an, was dir gerade für ein riesiger Stein vom Herzen fällt." wisperte er sanft, mit einen überraschten Unterton. Ich nickte: „Ich muss ihn sofort anru-", „Halt!" unterbrach er mich ruckartig und zog mir schnell mein Smartphone aus der Hand. „Was ist denn los?" fragte ich perplex und sah ihm dabei zu, wie er es in seiner Hosentasche verschwinden lies. Er drehte mich vorsichtig an meinen Schultern in Richtung Esstisch. Plötzlich fiel mir auf, dass er gedeckt war und sogar mit Kerzen. „Wofür?" wisperte ich staunend. Er schlängelte seine Arme von hinten locker um meine Schultern: „Weil wir etwas zu feiern haben." hauchte er leise in mein Ohr. Mein ganzer Körper wurde von einer fetten Gänsehaut überrollt und mein Gehirn brauchte daraufhin etwas zu lange, um seine Worte zu verarbeiten. „Gucke einfach in die Mappe die vor dir liegt." half Marco mir amüsiert auf die Sprünge. Nervös griff ich danach. Ich konnte gar nicht vernünftig lesen, wenn sein unwiderstehlicher Duft mir so ununterbrochen in die Nase stieg. Ahnungslos angelte ich die Papiere heraus. „Kaufvertrag" las ich leise vor. Ich spürte an meinem Rücken, wie Marcos Herz sich beinahe vor Aufregung überschlug, während meins gleich stehen blieb. Bereits als ich die Adresse sah, die wenige Zeilen darunter stand, blieb mir die Luft weg. Ich blätterte mit zittrigen Fingern die letzte Seite auf. Es hatten nicht nur Marco, Marcel und Lennard unterschrieben, sondern auch Mats und Julian. Überrascht riss ich die Augen auf. Über den zwei Linien, die mit Inhaberin bezeichnet waren, stand auf einer bereits Jennys Unterschrift. Die Erste war noch frei. Ganz unten befand sich eine Information über die zuständige Maklerin. Unterschrieben wurde mit dem Namen Sonja Steelthofe. Sonja? So hieß seine Maklerin?
Peinlich berührt und total schockiert zugleich hielt ich mir die Hand vor den Mund. Deswegen hatte er mich nicht direkt aufgeklärt als ich ihn mit dieser Sonja konfrontierte. Ich musste schwer schlucken und lies die Mappe langsam zurück auf den Tisch sinken, bevor ich mich wieder zu Marco drehte und ihn mit riesigen Augen anblickte: „Ist das gerade echt oder träume ich?" fragte ich ihn leise. „Ich dachte schon, dass du ganz aufhörst zu atmen und umkippst." schmunzelte er amüsiert. Ich war baff, sprachlos und wunschlos glücklich. Niemals hätte ich damit gerechnet, so zu reagieren. Wahrscheinlich war mir überhaupt nicht bewusst, wie sehr ich es mir unterbewusst doch wünschte.
„Ich weiß, du hast dich eigentlich noch nicht offiziell entschieden, aber Jenny war der festen Überzeugung, dass du innerlich schon ganz lange eine Entscheidung getroffen hast. Also habe ich Sonja angerufen und sofort alles über die Bühne gebracht." rechtfertigte er sich plötzlich. Ich küsste ihn liebevoll: „Hör auf." murmelte ich gegen seine Lippen: „Danke." ich küsste ihn wieder: „Danke, danke, danke." murmelte ich zwischen weiteren kleinen Küssen immer wieder gegen seine Lippen. Er begann erleichtert zu grinsen und schlang seine Arme fest um meine Taille: „Gerne." hauchte er leise.
„Yve, das Essen brennt an." versuchte er sich zu lösen. Ich schüttelte vorsichtig meinen Kopf: „Ist egal." antwortete ich ihm losgelöst. „Nein, ich habe mir Mühe gegeben.". Kurz darauf eilte er zum Herd und stellte ihn ab. Danach kam er langsam wieder auf mich zu und hielt mir plötzlich einen schönen Kugelschreiber unter die Nase. „Was ist das denn?" lächelte ich überrascht und schaute mir den Stift genauer an. „Das ist meiner. Mit dem habe ich jeden meine Profiverträge unterschrieben. Für solche Unterschriften braucht man einen richtigen Stift." Ich schaute meinen Freund verliebt an: „Ich wusste gar nicht, dass du abergläubisch bist.", „Jetzt halte die Klappe und unterschreibe endlich, damit ich nicht mehr so nervös bin." bat er mich ungeduldig. Ich lachte, als ich den Vertrag wieder aufschlug und schnell meinen Wilhelm darauf setzte. Marco, der währenddessen verträumt die Weingläser füllte, reichte mir eins, um anzustoßen: „Jetzt kannst du wieder glücklich werden." strahlte Marco mich an. Ich trank einen großen Schluck Wein, bevor ich das Glas wieder auf den Tisch neben mir stellte und meine Arme um Marcos Mitte schlang. „Bin ich an deiner Seite schon die ganze Zeit." hauchte ich verführerisch. Er verdrehte ironisch die Augen und schaute mich danach grenzdebil an. „Das Essen kann warten." legte ich mit einem verschmitzten Grinsen auf meinen Lippen nach. In mir kribbelte alles. Dieser Mann vor mir, der hatte mir gerade meinen Lebenstraum erfüllt und mir die größte Last von den Schultern genommen, die jemals auf mir lag und verlangte nichts dafür. Wie konnte ich mich nur jemals dafür revanchieren? „Das andere nicht?" fragte er leise und wackelte verschmitzt mit seinen Augenbrauen. Trotzdem rutschen seine Hände unter meinen Pullover, damit sie auf meinen nackten Haut sanft auf und ab fahren konnten. Ich schaute ihn fragend an, während sich schon wieder eine fette Gänsehaut auf meinen Körper legte und er mich beinahe um den Verstand brachte. Das konnte er doch nicht ernst meinen?
Doch dann zog er mich endlich noch viel enger an sich heran, nichts mehr passte zwischen uns. Damit er doch verlangend seine Lippen auf meine drücken konnte.
„Du kannst jetzt sagen und machen was du willst, aber ich stehe jetzt auf und schalte den Herd wieder an, sonst falle ich gleich vor Hunger vom Fleisch." murmelte Marco etwas später leise, bevor er sich von mir löste, mir noch einen zärtlichen Kuss auf die Lippen drückte, um nach seinem Shirt zu greifen, welches er sich sofort über den Kopf zog. Kurz darauf schlüpfte er in seine Hose und stand mit einem fetten Grinsen im Gesicht auf. Ich wickelte mich zufrieden in seine Bettdecke ein und schaute ihm hinterher. Nachdem ich mir mit den Händen durchs Gesicht fuhr und mich streckte, bemerkte ich, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte zu Strahlen. Ich fühlte mich wie neu geboren. Das war mit Abstand der beste Tag meines Lebens und ich war unglaublich froh, dass meine Freunde mir die Entscheidung einfach abgenommen hatten. Ich griff nach meinen Smartphone. Es dauerte nicht lange, bis er abnahm: „Schwesterherz, kannst du heute nicht genug von mir kriegen?" wollte er amüsiert wissen. „Du weißt genau, warum ich anrufe." lachte ich und biss mir nervös auf die Unterlippe. Es wurde still am anderen Ende: „Danke Lennard, ich liebe dich. Du bist wirklich mein Retter in der Not.", „Ich habe es gerne gemacht, schließlich konnte ich doch nicht warten, dass die Schulden mehr werden, so lange wie du brauchtest um dich zu entscheiden. Du bist doch meine Schwester." schmunzelte er. „Ich habe sogar eben den Kaufvertrag unterschrieben." erwähnte ich schnell und voller Freude in der Stimme. „Oh, jetzt verstehe ich deine gute Laune noch besser. Es ist schön zu hören, dass du dich so freust. Also hast du nun doch das Geburtstagsgeschenk an Marco vorgezogen?" er lachte leise. „Lennard!" murmelte ich langgezogen. „Ist ja schon gut. Genießt den Abend.", „Ihr auch."
Nachdem ich auflegte, atmete ich erstmal tief durch. Ich war tatsächlich endlich frei. Ich konnte es kaum fassen. Dann sammelte ich meine Unterwäsche und Marcos Sweatshirt vom Boden auf, zog mir alles schnell über und spurtete dann die Treppen hinunter ins Wohnzimmer. Marco, der am Tisch bereits auf mich wartete, warf mir einen eindringlichen Blick zu und spannte seinen Kiefer an als er mich bemerkte. Mit einem schnellem Ruck zog er mich auf seinen Schoß und räusperte sich: „An diesen Anblick an jedem Abend könnte ich mich direkt gewöhnen." hauchte er leise.
Ja, warum eigentlich nicht?

Schmetterlingseffekt IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt