Kapitel 14

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Nostradamus' Wahrnehmung wurde schwammig, die fickrige Stimme Catherines blendete er langsam immer weiter aus, während die Bilder vor seinem inneren Auge immer klarer wurden.

,,Nostradamus? Nostradamus, nun sag doch schon! Sag mir, dass mein Sohn in Sicherheit ist. Er ist doch so weit entfernt von Mary, sie kann ihm sicherlich nichts mehr antun. Oder?"

Catherine wurde ungeduldig. Heute Morgen erreichte sie ein Brief aus Wien in dem Anna von Böhmen Catherine erklärte, dass Francis und Joséphine bei ihr in Obhut seien, es beiden gut ginge und die beiden sich verlobt hätten.

Catherine war sich dadurch fast schon sicher, dass ihr Sohn nun zumindest vor Mary in Sicherheit war - schließlich war er kurz davor, Joséphine zu heiraten, welche wiederum kurz davor war, offizielle Thronerbin Englands zu werden. Zumindest schien es so, denn Anna von Böhmen berichtete auch von Joséphines baldigem Aufbruch nach London.

Doch Nostradamus brach Catherines Euphorie nur allzu schnell. Er wirkte sorgenvoll, beinahe schon gequält. Und wenn es nun doch Joséphine war, die ihrem Sohn Unheil bringen könnte? Mary war doch nun keine Gefahr mehr, es könnte doch nun nur noch die Schuld der Habsburgerin sein.

,,Nostradamus!", wiederholte Catherine gereizt, welcher sich aus seiner Vision wachzublinzeln schien. ,,Hast du etwas gesehen? Was war es? Nun sprich schon!"

Nostradamus blickte Catherine zögerlich an.
Wie sollte er ihr denn erklären, dass die Visionen nicht aufhörten? Wie sollte er ihr sagen, dass Mary nach wie vor in Zusammenhang mit dem Tod ihres Sohnes in Verbindung stand?
Die Bilder, die er sah, ähnelten jenen, die sich ihm schon seit geraumer Zeit offenbarten. Doch diesmal waren sie noch intensiver, noch klarer.
Er sah Joséphine, weinend, wie sie Mary für den Tod ihres Mannes verantwortlich machte, während Mary an ihren eigenen Tränen beinahe zu ersticken schien. Er sah Francis' leichenblassen Körper, ein letztes Mal schön aufbereitet in einem offenen Sarg liegen, an ihm kniend eine blonde, junge Frau, welche gänzlich in schwarz gehüllt schluchzte. Er sah blutige Hände, die er nicht zuordnen konnte, die nach einer Krone griffen.

,,Es tut mir leid, Catherine", brummte Nostradamus leise.

,,Was tut dir leid? Ist es Joséphine? Nun sprich nicht in Rätseln mit mir!"

Nostradamus schüttelte den Kopf. ,,Nein, nicht sie. Sie wird leiden, ebenso wie Francis. Durch Mary."

Für den Bruchteil einer Sekunde wirkte Catherine entsetzt, bis ihr Entsetzen einer steinigen Zornesmine wichen.

,,Unmöglich", zischte sie, ,,unmöglich, dass diese Schottin immer noch unter meinem Dach wohnt!"
Sie machte auf dem Absatz kehrt, während sie sich weiter in Rage redete.
,,Eingesperrt gehört sie, sodass sie keinerlei Schaden mehr verursachen kann! So schnell wie möglich!"

Nostradamus wurde bei dem Gedanken an das Leid, welches Mary wohl widerfahren würde, schwer ums Herz, jedoch schien Catherine keinen gewaltfreien Weg zu sehen.




~



,,Ich halte das offen gestanden für keine gute Idee", brummte Roderich, während Joséphine ihm einen missbilligenden Blick schenkte.

,,Weshalb nicht? Das wäre eine ideale Chance für die Engländer, ihr zukünftiges Königspaar kennenzulernen."

Anna von Böhmen warf einen hilflosen Blick zu Roderich. Auch sie hatte bereit versucht, ihrer Tochter zu erklären, weshalb es keine gute Idee sei, Francis mit nach England zu nehmen.

Joséphine hob derweil provokant die rechte Augenbraue, während sie darauf wartete, dass Roderich weitersprach. Dieser erwiderte ihren Blick jedoch standhaft. Der Raum legte sich für eine kleine Ewigkeit in Stille, bis Roderich tatsächlich das Wort ergriff.

Long May They ReignWo Geschichten leben. Entdecke jetzt