Kapitel 27- family

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Den Freitag verbringe ich mit Ellie. Gestern, beim Abspann des Filmes hat Harry mir erzählt, dass seine Familie mich gerne kennenlernen würde. Den ganzen Nachmittag verbringt Ellie damit mir zu erzählen, was ich machen soll und was nicht.

Unten, auf dem Stuhl vor unserem Eingang sitzend, bereit sofort aufzustehen, wenn Harry klingelt, gehe ich nochmal alles durch, was Ellie mir gestern eingeflößt hat.

Harry klingelt und ich atme nochmal tief durch ehe ich die Tür öffne. Ich bin komplett nervös, so sehr, dass meine Hände schwitzen. Er begrüßt mich mit einem liebevollen Kuss und zusammen gehen wir zum Auto.

"Aufgeregt?", fragt Harry sanft, als mein Bein die ganze Zeit auf und ab springt. Ich gebe ihm ein zustimmendes Geräusch. Kurz darauf spüre ich seine Hand auf meinen Oberschenkel und wie sie sanft Kreise zieht. Das Zittern hört auf, aber mein Herz schlägt immer noch schnell.

Harrys Eltern wohnen nur etwa 7 Minuten von mir entfernt. Ich gehe über eine kleine Stufe, ehe ich das Klingeln innerhalb des Hauses höre. Die warme Stimme von Harrys Mutter kommt mir entgegen und bittet uns ins Haus.

Ein lieblicher Geruch umhüllt mich und das Haus hat eine angenehme Temperatur, welche mich wohlfühlen lässt. Harry streift mir gentlemen-like meine Jacke ab und hängt sie weg. "Danke.", sage ich mit einem leichten Kribbeln auf der Haut, welches durch Harrys Berührungen verursacht wurde.

Robin stellt sich mir ebenfalls vor und bittet uns dann in das Esszimmer. Harry sagt mir wo es lang geht und kurz darauf sitze ich neben ihm auf dem Stuhl. Gemma ist natürlich nicht da, da sie in London für ihre Universität bleiben musste.

Wir unterhalten uns den ganzen Nachmittag nett. Es ist nicht kalt oder oberflächlich, sondern herzlich. Anne und Robin haben den gleichen Wohlfühlfaktor, wie Harry und quetschen mich nicht unangenehm aus. Auch mit meiner Blindheit halten sie sich zurück, obwohl ich es ihnen sogar erzählen würde, wenn sie fragen würden. Vielleicht nicht alles, aber irgendwann, wenn wir uns öfters getroffen haben, würden sie auch vom Unfall erfahren.

Harrys Hand verweilt die ganze Zeit auf meinem Oberschenkel und meine Hand auf seiner. Meine Aufregung ist schon nach den ersten 20 Minuten komplett verflogen. Anne hat sich viel Mühe bei Kochen gegeben und ich fühle mich einfach nur angenommen und willkommen.

Als Harry mich am Abend bei mir absetzt, sagt er: "Ich hab noch etwas für dich." Verwundert schaue ich ihn an. "Dreh dich um", bittet er mich sanft. Etwas kaltes legt sich in meine Drosselgrube und berührt meinen Hals. Es ist eine Kette, wie ich bemerke.

Was ich damals noch nicht wusste war, dass diese Kette ab diesem Zeitpunkt immer meine Verbindung zu Harry sein würde, wenn er mal nicht da war. Es würde zu meiner Gewohnheit werden, die Kette zwischen meinen Fingern gleiten zu lassen, immer wenn ich Harry vermisste.

Ich fasse zu dem Anhänger und spüre eine Art Flügel. "Ein Flügel von meinem Engel.", flüstere ich leise.

"Mhhm.", stimmt Harry meiner Aussage zu und drückt einen Kuss auf meinen Nacken. Das kalte Metall hinterlässt eine leichte Gänsehaut auf meinen gesamten Hals. "Dankeschön.", meine ich etwas sprachlos und drehe mich um. "Du musstest doch nich-" Harry unterbricht mich mit seinen Lippen.

Seine Hände in meinem Nacken spielen vorsichtig mit der Kette und meine Hände vergrabe ich, wie so oft in seinen weichen Locken. "Möchtest du heute Nacht hierbleiben?", frage ich. "Gerne.", meint Harry sanft und folgt mir ins Haus.

Mum empfängt uns sofort, als wir den Flur durchqueren. Meinen Blindenstock habe ich schon an seinen Platz an der Seite gestellt, ehe sie Harry und danach mich in eine Umarmung zieht.

Wir einigen uns ziemlich schnell, dass wir keinen Hunger mehr haben und schonmal hochgehen wollen.

Wir machen uns direkt auf den Weg ins Badezimmer und als ich vor dem Spiegel mein Gesicht wasche, bemerke ich ein paar Bartstoppeln.

"Oh, schau mal.", sage ich schon fast kindlich begeistert. Ich hatte immer mal wieder nur etwas Flaum, welchen ich Mum aber gebeten hatte wegzurasieren. Aber jetzt spüre ich etwas festere Haare über meiner Oberlippe. Es ist schon fast peinlich, wie stolz ich auf die paar Haare bin, aber Harry lacht nicht. Er küsst mich nur auf meine Wange, während ich mit meinen Händen an seiner Hüfte, anstatt mit Blicken, versuche meine Zuneigung zu kommunizieren.

"Kannst du sie vielleicht wegrasieren?", frage ich, da noch kein Bart an meinen Wangen in Sichtweite ist und ich nicht wirklich ein Oberlippenbart haben will. "Sicher?", fragt mich Harry und ich nicke.

"Dann setzt dich mal auf den Badewannenrand." Ohne große Probleme tue ich dies und höre das leichte Quietschen der linken Badezimmerschranktür. "Das Rasierzeug ist in der rechten.", informiere ich Harry, damit er die Sachen schneller finden kann. Da ich nicht immer alles suchen will, merke ich mir genau wo Sachen stehen.

Harry setzt sich vor mich auf die beheizten Fließen, welche ich unter meinen Füßen spüren kann. Das zischende Geräusch des Rasierschaumbehälters findet den Weg in meine Ohren und kurz darauf spüre ich ihn an meiner Oberlippe.

Harry rasiert mich, während immer wieder sein heißer Atem auf meine Haut trifft. Es knistert förmlich in der Luft. So absurd es auch ist, die Situation geht mir nahe. Wie Harrys warmen Hände mein Gesicht halten, wie sein Oberkörper immer mal wieder meine inneren Schekel streift. Als Harry fertig ist, aber immer noch vor mir kniet, spüre ich seinen brennenden Atem auf mir.

Mir kommt eine Idee und ich reiche Harry meine Hand.

Und das erste Mal führe ich ihn.

[922 Wörter, 26.Februar]

Kurz, aber hoffentlich okay.

Das nächste Kapitel ist das letzte und ich würde mich freuen wenn ihr noch einmal kommentiert. Vielleicht einfach ein paar Schlussworte, ob euch die Story gefallen hat oder nicht.

J

Blind// Larry //GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt