„Du?" Erschrocken blickte er hoch. „Komm her." Er tat wie ihm geheißen. „Woher kommst du?" Er hob den Kopf und blickte dem Mann, dessen Gesicht von Narben verzerrt wurde, an. „Wron." Sagte er nur fest.
„Wron. Dein Dorf hatte hübsche Frauen." Lachte der Mann. „Name?" Wütend presste er: „Nicklaus. Nicklaus aus Wron." Heraus.
Er hasste diese Männer. Er stand nun zum dritten Mal hier. Die Zählung, um festzustellen wer und wie viele Männer gestorben waren. Er war noch nicht lange an diesem Ort. Doch was zur Hölle sollte das? Es war doch klar dass man krank wurde wenn in einer Zelle vierzig Männer waren. Alle tranken aus der gleichen Quelle. Obwohl es weder eine Quelle noch ein Brunnen war. Essen bekamen nur die Alten, Schwachen oder die die es sich erkämpften.
Nicklaus musste beinahe darüber Lachen wie er es mit ihnen aufnehmen wollte. Es waren nicht nur die Männer die, die Dörfer ausraubten. Nein, es waren gut hundert Männer. Sie wären niedergemetzelt worden.
Heute würde er eine neue Zelle bekommen und auch wenn er nicht gerade freudig darüber war, musste er zugeben das ihm die Männer in seiner alten Zelle nicht unbedingt angenehm waren. Sie kamen aus der Mittel-westlichen Ebene. Ein Primitives Volk. Mit einem schmerzhaften Stoß wurde er von dem Pult weggebracht.
Er hoffte jemanden zu sehen den er kannte. Doch er sah nur die Männer die arbeiteten und die, die ebenfalls in eine neue Zelle gebracht wurden. Einer der Männer öffnete das Hölzerne Gefängnis. Der andere stieß ihn schwungvoll hinein. Er landete auf dem Boden.
Der Staub stieg ihm in die Lunge. Hustend richtete er sich auf. Die Barbaren waren schon fort und so konnte er ihnen nicht einmal etwas hinterher rufen. „Warte. Ich helfe dir." Nicklaus konnte den Mann hinter sich nicht sehen. Doch schon wenige Sekunden später spürte er, wie er seine Hände wieder bewegen konnte.
„Danke." Brachte Nicklaus nur heraus und drehte sich um. Ein Mann, größer als er, stand vor ihm. Er trug eine Lederhose und ein, vermutlich, einst weißes Hemd, dem schon sämtliche Knöpfe fehlten. Sein weißes Haar ging ihm beinahe bis zu den Schultern und fiel ihm ins Gesicht. Er war ein Krieger. Zumindest war er es einst. Er streckte ihm die Hand entgegen.
„Sören, Zelle 12." Sagte er und Nicklaus ergriff seine Hand. „Nicklaus aus Wron." Sören lachte auf. Nicklaus verstand es nicht aber das war auch nicht so wichtig. Er setzte sich hin.
„Wie lange bist du schon hier?" Fragte ihn Nicklaus. Sören setzte ich neben den dunkelhaarigen und legte seine Hände auf die Knie.
„Seit zwölf Monden. Auch wenn es die Hitze mich kaum glauben lässt." Sagte Sören. Seine Stimme wirkte Verzweifelt und trotzdem hörte Nicklaus die Leere. Die Kälte und die Hoffnungslosigkeit.
„Du bist so jung und klingst so alt." Stellte er fest. Sören lachte kalt auf. „Wo wurdest du geschnappt?" Sören blickte ihn an. Dann sah er wieder hinaus. „Bei Rorun." Sagte er. Er sah die Bewegung von Nicklaus und blickte ihn fragend an.
„Also kennst du Lachlan und seinen Sohn? Dessen Familie?" Sören nickte nur. Seine Gedanken wanderten zu Freya. Dessen Familie.
„Du kennst Freya?" Erschrocken fuhr er hoch. Erschrocken darüber, dass es jemanden anders gab der diesen Namen aussprechen könnte. Seine Hände verkrampften und sein Atem beschleunigte sich. Dann nickte er.
Nicklaus senkte den Blick und hätte sich am liebsten selbst dafür geschlagen diesen Namen erwähnt zu haben. Wie konnte er nur nicht merken, dass er sie kannte. Gut er hatte es nicht wissen können. Aber diesem großen Krieger zu sagen, dass sie tot war, könnte für ihn schlecht ausgehen.
Trotzdem hatte er das Recht das zu erfahren. Er sah ihn an. Wenn das nicht mutig war, schoss es Nicklaus durch den Kopf. „Sie war dabei als sie mich schnappten." Sören fuhr sich durch die Haare.
„Ist sie hier?" Fragte er. Doch eigentlich wollte er keine Antwort. Sie würde sich nicht gefangen nehmen lassen. Sie würde sich eher selbst töten. Sören kannte sie. Er atmete tief durch. Die ganze Hoffnung floss aus seinen Gliedern.
Aus einem Grund hatte er gekämpft. Doch warum sollte er weiter kämpfen, wenn es dafür keinen Grund mehr gab? Er nickte nur. „Tot. Sie ist tot. Sie macht es sich wieder einfach." Sagte Sören.
Er hörte den Gong doch er wollte nicht reagieren. Er sah nicht mehr was vor ihm lag. Er hatte nur das eine vor Augen. Diese Männer hatten sie getötet. Als die Tür aufging, rannte er los. Er schlug dem ersten Mann direkt ins Gesicht. Erschrocken zuckte dieser zurück. Dem nächsten trat er in die Wampe. Doch nur wenige Sekunden später hatten sie ihn gebändigt.
Sie griffen nach seinen Armen und rissen seinen Kopf an den Haaren zurück. Seine Füße schliffen auf dem Boden hinterher. Bis zu der kleinen Bühne auf der Mitte des Platzes. Sören wusste was kommen würde. Es war schließlich seine Schuld. Was hatte dieses Weib nur mit dem Mann gemacht, fragte sich Nicklaus.
Er beobachtete wie die Männer, Sören auf das Podest zerrten und ihm das Hemd über den Kopf zogen. Lächelnd kommentierte Sören das. Nicklaus verstand diesen Mann nicht. Der erste Hieb schallte über den Platz und Nicklaus wendete den Blick ab.
„Was willst du? Sprich lauter!" Brüllte einer der Männer Sören an. „Regen. Irgendwann wird es regnen und das Klima wird gewaltig umschlagen." Sagte Sören lächelnd. Die Tür ging wieder auf und einer der Männer griff nach Nicklaus. „An die Arbeit."
Nicklaus folgte dem Mann. Er würde nun wieder acht oder zehn Stunden arbeiten. Steine schleifen, Steine tragen. Immer im Wechsel.
Die Monotonie der Arbeit machte ihn müde. Doch es war nicht so als hätte er die große Wahl. Dann dachte Nicklaus über Sörens Worte nach und grinste er. Er hatte Recht. Irgendwann. „Regen." Flüsterte er.
Einige der Männer neben ihm warfen ihm Blicke zu und es erstaunte Nicklaus das Leuchten in ihren Augen oder das Lächeln ihrer Lippen zu sehen. Die Luft schien zu knistern. Alle hatte das Gefühl als hätte das, was Sören gesagt oder getan hatte, etwas geändert.
Denn nach einer Dürre folgte immer der Regen. Irgendwann.
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FREYA & TAIJA - Am Ende der Welt
FantasyDer dritte und letzte Teil der FREYA - Reihe. (Vorher: Schneegestöber) 1. FREYA - Im Auge des Sturm 2. TAIJA - Im Schutz des Meeres