Die Luft war kühl und Taija war beinahe glücklich über diese unerwartete Abkühlung. Vor einigen Stunden hatten sie begonnen die Namen zu verlesen und Taija konnte nichts anderes tun, als dabei zuzusehen, wie die Menschen trauerten.
Jeder Stamm warf stellvertretend für den Verstorbenen eine Blume ins Feuer. Natürlich hatte jeder Stamm einen anderen Brauch und so sah Taija fasziniert dabei zu, wie die Stämme um ihre Angehörigen trauerten.
Nakim trat an sie heran und fasste sie sachte am Arm, sofort sah sie ihn an. Sie wusste, irgendwann, musste sie mit ihm sprechen. Sie sah Leander, der, den für ihn, Fremden musterte, Taija trat von ihrem Platz zurück, warf Leander einen beruhigenden Blick zu und folgte Nakim, der auf einen ruhigeren Platz zusteuerte. Als er an Sören vorbei trat, nickte er ihm kurz zu. Für ihn war Sören ein beeindruckender Mann.
Er führte Taija von der Totenwache fort und führte sie zu seinem Zelt. Jedoch ging er nicht hinein, er setzte sich auf einen Baumstumpf, den er davor gestellt hatte und bot ihr einen weiteren an. Sobald sie saß griff er nach ihrer Hand und drückte sie.
„Ich hatte Angst. Panische Angst, davor dich zu sehen. Weißt du?" Fing er an und merkte wie sehr seine Worte stimmten. Er hatte jedes Mal aufgeatmet, als jemand neues kam. Taija schwieg. Sie hatte sich beruhigt, hatte aber nichts zu sagen.
„Ich will nur, dass du weißt, dass es mir Leid tut." Sagte er und wartete auf eine Reaktion, irgendeine. Taija schwieg. Sie hatte ihm schon lange vergeben, denn sie wusste, wie schwer es ihr gefallen war sich um ihre Mutter zu kümmern. Vor Jahren schon hatte sie damit abgeschlossen und sie war auch nicht mehr wütend, sie war irgendwie glücklich und gleichzeitig hatte sie das Gefühl von noch größerem Druck. Sie kannte ihn überhaupt nicht, hatte keine Ahnung von ihm. Taija war verwirrt.
„Wie soll es weiter gehen? Wo wirst du Leben?" Fragte sie ihn einfach. Nakim dachte darüber nach, wie sollte er antworten. Er hatte keine Ahnung. „Ich weiß nicht." Flüsterte er und Taija lachte auf.
Wenigstens das hatten sie beide gemeinsam. Nakim spürte die Spannung von ihm abfallen und lachte mit ihr. Taija stand auf und zog ihn mit sich.
Er war einen Kopf größer als sie und sah ihrem Vater so ähnlich. Sie zog ihn in eine Umarmung und drückt ihn an sich. Sie wollte reisen. Sie wollte alles sehen, wollte alles kennen. Da war sie sich plötzlich sicher, obwohl sie nicht wusste, warum.
„Ich werde reisen. Ich will das du mich begleitest, Nakim. Ich will dich nicht noch einmal verlieren." Flüsterte sie. Als sie sich von ihm löste, sah sie Leander, der sie anstarrte. Sie erkannte diesen Blick. Kalt und distanziert. Sie hatte diesen Blick gesehen, als sie ihn das erste Mal , da im Wald wiedergesehen hatte. Es tat ihr beinahe weh ihn so zu sehen. Was war passiert?
Taijas Gedanken versuchten zu verstehen, was passiert sein konnte, fand aber nichts. „Du solltest ihm nach." Sagte Nakim plötzlich. „Sonst bringt er mich noch im Schlaf um." Lachend wandte er sich ab und betrat sein Zelt.
Timon saß auf dem kleinen Felllager, das für ihn hergerichtet wurde. Sie schliefen in diesem Zelt zu acht und es wurde Nakim bald zu eng. Er ging auf ihn zu und tätschelte seinen Kopf. Er sprach nicht viel. Schon seit einer langen Zeit nicht mehr.
„Ist alles in Ordnung?" Fragte Nakim den kleinen Jungen und registrierte beruhigt sein Nicken. „Das war Taija. Sie ist meine Schwester." Sagte er leise und strich ihm über die Stirn. „Taija ist schön, Papa." Überrascht hielt Nakim inne und sah ihn an. Er hatte beinahe vergessen, wie seine Stimme klang.
„Kennst du sie?" Fragte er ihn leise, woraufhin sein Sohn nickte und zum ersten Mal seit Ewigkeiten lächelte.
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FREYA & TAIJA - Am Ende der Welt
FantasyDer dritte und letzte Teil der FREYA - Reihe. (Vorher: Schneegestöber) 1. FREYA - Im Auge des Sturm 2. TAIJA - Im Schutz des Meeres