13.: Wiedersehen

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"Sag mal, willst du denn gar nichts trinken heute?", fragte Joanna schreiend. Sie war betrunken wie alle anderen - außer mir. Und wenn man nüchtern neben der feiernden Menge stand war das Ganze gar nicht mehr so lustig wie wenn man mittendrin war. "Nee, muss 'n bisschen Pause machen, hab mega Kopfschmerzen", schrie ich zurück. Ich hatte keine Kopfschmerzen, ich hatte einfach nur ein Versprechen einzuhalten. "Komm wenigstens tanzen!", mischte sich nun auch Liz ein. Das konnte ja nicht schaden, oder? Also ließ ich mich von den Anderen auf die Tanzfläche ziehen und nach kurzer Zeit verlor ich mich im Takt des hämmernden Basses und den rhytmischen Bewegungen der Menge. Es machte trotz der Nüchternheit Spaß.

Plötzlich spürte ich, wie ich angetanzt wurde. Ein Mann umfasste meine Hüften und rieb sein Becken an meinem Hintern. Ne sorry. Ich stieß ihn weg und er torkelte zurück. Vollkommen betrunken, wie die meisten. Doch als ich sein Gesicht sah, erschrak ich. Es war jemand, den ich gehofft hatte, nie wieder zu sehen. Er, der vor ein paar Monaten sich an mir vergriffen hatte. Ich schrie auf, doch der Schrei wurde von der Musik übertönt. Dasselbe dreckige Grinsen wie damals erschien auf seinem Gesicht.

So schnell wie ich konnte, schlug ich ihn ins Gesicht und kämpfte mich durch die tanzenden Menschen, die nach Alkohol und Schweiß rochen.

Vor der Tür sah ich, wie der Mann mir langsam hinterherkam.

Ich rannte los, so schnell wie ich konnte, hatte nur ein Ziel. Ihn abschütteln.

"Eh, du Schlampe, komm zu mir, ich hab hier was, das dir gefällt! Du stehst doch auf was hartes, oder?"

Ja, aber nicht von dir!

Ich rannte sicher 20 Minuten ohne Pause um sicherzugehen, dass ich ihn abgeschüttelt hatte. Außer Atem schleppte ich mich weiter und blieb nach kurzer Zeit stehen. Wo war ich?

Fuck.

Ich schaute mich um und sah ein Straßenschild. Erkersweg stand darauf.

Ich wusste jetzt schon, wie das ausgehen würde.

"Jo, was ist passiert?", fragte Adam entsetzt als er mich mit dem Auto abholen kam.

Kurz nachdem ich Adam angerufen hatte war ich auf der Straße zusammengebrochen und hatte geweint, mir gewünscht, dass jetzt ein Auto käme und mich überfährt. Doch es war nicht geschehen, weshalb Adam mich so vorfand, wie ich zusammengebrochen war. Langsam richtete ich mich auf und sah ihn an. "Bring mich einfach nach Hause, okay?", schluchzte ich.

"Okay.", antwortete er besorgt. Doch was sollte ich ihm sagen? Er wusste nicht davon. Und ich wollte es ihm nicht sagen.

"Was war los?", fragte Adam.

"Nichts...", sagte ich ausweichend.

"Jaja. Deshalb hast du angerufen. Ich bin nicht blöd, Jo."

"Habe ich das gesagt?"

Er verdrehte die Augen.

Schon seit ein paar Minuten ging das so.

Zum Glück waren seine Freunde nicht mehr da, die hätte das alles bestimmt amüsiert. "Beziehungsstress" hätten sie es wahrscheinlich genannt. Die konnten mich mal.

"Also...", ich dachte mir schnell eine Geschichte aus, "ich habe gesehen wie meine ehemals beste Freundin" - "die die mit deinem Vater geschlafen hat?", fragte Adam dazwischen. "Nein. Jetzt lass mich erzählen!" Er nickte. "Also, eine meiner Freundinnen hat Drogen genommen und ich habe versucht, sie davon abzuhalten, aber dann kam einer ihrer Typen und hat mich durch die Straßen gejagt. Er hatte mir hinterhergeschrien, dass ich mich nie wieder blicken lassen soll."

Adam sah mich schief an. "Das hat dich so mitgenommen?"

"Jaaa.."

Er glaubte mir nicht. "Okay", sagte er zweifelnd.

"Ich geh mich jetzt abschminken und dann ins Bett, okay? Ich bin müde."

"Gute Nacht", erwiderte er und ich stand auf.

Narben { pausiert }Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt