ELF

2K 172 268
                                    

Die Routine, sie war zurück.

Er trank seinen Kaffee, ich meinen Tee.

Wir sprachen nur über das Nötigste.

Ich ging oft meine Eltern besuchen, verbrachte viel Zeit an dem Gemälde, welches ich ihnen zu Schenken plante. Meinem Vater ging es mal gut, mal hatte er Probleme beim Atmen.

Er arbeitete, wie gewöhnlich den ganzen Tag. Vielleicht traf er sich mit ihr.

Abends duschte er, wir aßen tonlos zusammen und dass mein Vater nicht kurz davor war zu Sterben erzählte ich ihm lächelnd, da es das Einzige war, was meine Mundwinkel zum Leben erweckte.

Die Tage vergingen. Viele Tage.

Dann waren es mehrere Wochen. Der Herbst kam. Es wurde kälter. Meine Hoffnung erlosch mit dem Abgang der Sonne. Wir lebten aneinander vorbei. Aber meinem Vater ging es gut, was mich innerlich erleichterte und gleichzeitig dafür sorgte, dass ich die Stille im Haus ertragen musste.

Eines Abends saß ich auf der Couch und gerade, als er nach dem Duschen noch mit den schwarzen nassen Haaren das Wohnzimmer betrat um den Schrank zu öffnen, klingelte mein Telefon.

Es lag auf dem Schrank. Er nahm es in die Hand, las den Namen und gab es mir, ohne die Augen von mir zu nehmen.

Auf dem Telefon blinkte eine unbekannte Nummer auf.

"Mit wem spreche ich?"

Er sah auf meine Lippen, ging nicht zurück zum Schrank, als wäre er genau so neugierig. Das verunsicherte mich. Eine Nervosität durchflutete meinen Körper, während ich drauf wartete, dass mir die Person antwortete.

"Drei Mal darfst du raten, Liebling. Raphael, dem einzig wahren Raphael"

Ich lachte auf. Er runzelte die Stirn.

"Woher hast du meine Nummer? Du stakst mich doch nicht etwa, der?"

Ich drückte meine Hand auf das Mikrofon und flüsterte meinem Ehemann den Namen Raphael zu. Seine Stirnrunzeln löste sich und mit einem Mal starrte er mich so desinteressiert an, dass es mich schon erschrak. Er drehte sich um, ging zum Schrank.

"Das wünschst du dir wohl. Ich habe sie von Cecilé. Henry und die anderen Kerle haben für morgen Abend einen Abend im Kokos ausgemacht. Ich nehme mal an, dass Cecilé und du auch dabei seid"

Ich sah zu ihm.

"Nein, Raphael. Ich habe ohnehin keine Zeit. Ein ander Mal, ja?"

Wenn er mich dabei haben wollte, hätte dieser Mann mit dem breiten Rücken, dessen Muskeln sich geschmeidig unter dem schwarzen Shirt bewegten, mich bereits eingeladen.

Raphael beschwerte sich noch in zwei Sätzen, bis wir dann auflegten.

"Der Typ von der Feier?"

Ich legte das Telefon auf den Tisch vor der Couch.

"Raphael ist sein Name, ja", antwortete ich und nahm mein Roman wieder zur Hand.

SO WAR ERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt