NEUNZEHN

2.5K 178 654
                                    

Es war Liebe.

Liebe, an die ich schon früher geglaubt hatte.

Er verließ die Küche nicht, als ich sie betrat. Er drehte das Radio nicht leiser, als ich es lauter drehte.
Er sah mich. Er sah mich mit den Augen und der Seele.

Wir besuchten meine Eltern regelmäßiger. Meinem Vater ging es mittlerweile besser, auch wenn der Arzt Anderes von sich gab.

Eines Abends saßen wir gemeinsam auf der Couch.

„Hättest du jemals gedacht, dass wir wieder auf diese Art miteinander reden könnten?", wollte ich wissen.

„Nein"

„Hast du mich gehasst?"

„Nein. Das geht nicht"

Ich ringelte die Stirn.

„Wieso sollte das nicht funktionieren?"

„Jemanden, dem man das Herz in die Hände gelegt hat, erlaubt das Herz nicht zu Hassen"

„Tatsächlich?"

„Ich habe es versucht"

„Das habe ich gemerkt"

„Es hat nicht geklappt"

„Das sehe ich"

Seine Augen analysierten mich. Aufmerksam. Wach.

„Es ist schon spät", warf ich ein.

„Ich könnte dich den ganzen Tag ansehen"

„Davon wirst du nicht müde?"

„Nie"

„Das glaube ich dir nicht mal im Traum"

„Das musst du auch nicht"

„Glaubst du es dir selbst?"

„Ich hätte es sonst nicht ausgesprochen"

Er log nämlich nie.

„Ich mag deine Ehrlichkeit"

„Früher hast du—"

„Ich habe sie gehasst"

„Ja"

„Weißt du auch wieso?"

„Ja"

„Gut"

Kurz war es still.

„Du warst aber auch ehrlich"

„Wie konnte ich das sein, wenn ich erst gar nicht gesprochen habe?"

„Über deine Augen"

„Du kannst Augen lesen? Seit wann?" Ich schmunzelte.

SO WAR ERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt