Das Mitternachtsspiel

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Ich bin die ganze Zeit nur geradeaus gelaufen, weder nach rechts oder links abgebogen bis ich schlussendlich nicht mehr weiter geradeaus konnte. Nicht, weil dort eine Sackgasse war, oder weil hier verschiedene Häuser standen, nein...

Genau vor mir befand sich ein Fluss...

Müsste da jetzt nicht eigentlich ein Haus stehen? Sie sagte... Ich muss die ganze Zeit geradeaus laufen... Und dann komm ich an... An einem Fluss? Bin ich vielleicht doch abgebogen? Unmöglich...

Ich sah mich um, doch nirgends war ein Haus oder auch nur etwas Bewohnbares zu sehen. Ich trat näher an den Fluss.
Hmm... Sie ist wohl schlauer als ich dachte... Wollte wohl einfach nicht das ich sie stalke oder so... Sie wohnt bestimmt in einen der Häuser dort...

Als ich mich umsah war es bereits sehr dunkel. Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause, also drehte ich um und machte mich auf den Weg zurück.

Als ich am nächsten Tag wieder in die Schule musste, war Ben auch wieder da. Ich ging als erstes auf ihn zu, um mit ihm zu reden. "Hey Ben... Na? Keine Angst mehr davor, dass in deinem Haus irgendetwas auf dich wartet?"

"Ich finde es zwar nicht so lustig wie du, doch inzwischen bin ich der festen Überzeugung, dass dort niemand ist... "

"Hmm... gut... Sag mal... gibt es in deiner Nachbarschaft kleine Kinder?"

Fragend sah er mich an. "Äh... Ja? Wieso fragst du?"

"Oke gibt es da auch ein Mädchen mit schwarzen mittellangen Haaren, blauen Augen, die so ca. 7 oder 8  Jahre alt ist?"

Sein Lächeln erstarb und er sah etwas nachdenklich weg.

"Hallo? Ist was?"

"Äh... Nein, es ist nur... Naja... Ja, gibt es..."

"Ja? Wo wohnt sie? Kümmern sich ihre Eltern um sie? Warum-"

"Chris, sie ist tot!"
Was?

Geschockt starrte ich ihn an.
Ich hab sie doch gestern... gesehen...

"Hast du gerade gesagt sie sei tot?"

"Ja... Sie ist diesen Sommer gestorben..."

"Sicher, dass wir von dem gleichen Mädchen sprechen?"

"Ganz sicher... Auf diese Beschreibung trifft keins der restlichen paar Kinder zu... Unsere Eltern sind ganz gut befreundet und deshalb hab ich sie öfters gesehen..."

Plötzlich kam mir ein logischer, aber verstörender Gedanke.

"Ben... Du sagtest sie sei im Sommer gestorben... Aber... Wie ist sie gestorben?"

Er fuhr sich etwas angespannt durch die Haare.

"Sie... hieß übrigens Marry..."

"Weich meiner Frage nicht aus! Wie ist sie gestorben?"

"Sie ist mit ihrem Bruder ein bisschen durch die Gegend gelaufen und... haben rumgealbert und... als sie an einem Fluss ankamen...-"

"...-ist sie reingefallen und wegen der starken Strömung ertrunken?"

"Woher weißt du-?"

"Ich hab sie gestern gesehen..." Meine Stimme war nicht mehr, als ein einfaches Flüstern.

"Was?" Ungläubig starrte er mich an.

"Ich hab sie gestern gesehen..." sagte ich etwas lauter.

"Chris, Marry ist tot!"

"Als ich dir gestern die Aufgaben bringen wollte... Sie saß auf der Straße... Und sang dieses Lied... Ich hab sie gefragt was sie dort tat... so allein... im Sommerkleid... Ihre haut war schon ganz blau... Als ich sie fragte, wo sie wohnte beschrieb sie mir einen Weg... Dieser Weg führte zu einem Fluss..."

Hab ich eine Tote gesehen? Das ist doch unmöglich...

Ben wich einen Schritt zurück.

"Chris? Was bist du?"

"Hör auf, dass ist nicht witzig!"

"Ich finde das alles auch nicht witzig! Das ist doch krank!... Warum kannst du Tote sehen?"

"Ich kann die nicht sehen, das... das war doch nur ein Zufall..."

"Zufall? Ist dass dein Ernst?! Du bist so ein... keine Ahnung was du bist... Du solltest zu nem Exorzisten, oder zu sonst wem!"

"Ein Exorzist ist auch nicht immer die Lösung..."

"Kennst du diesen komischen Laden? Der ist irgendwo bei mir in der Nähe."

"Was für ein Laden?"

"Naja, der Laden gehört einer komischen alten Frau, welche spirituelle Sachen verkauft, wie ein Hexenbrett oder so... Man sagt sie kann auch in die Seele von Menschen sehen und vielleicht möchtest du mit ihr reden..? Vielleicht könnte sie dir helfen..."

"Ist das dein Ernst? Wie soll mir so ne alte Tante helfen? Ich brauch sicher nichtmals Hilfe! Es ist alles gut bei mir, vielleicht wollte diese Marry sich einfach zeigen und ein paar Menschen Angst machen..."

"Glaubst du das wirklich? Du-"

Der Schulgong unterbrach uns mal wieder und auch dieses mal wollte Ben noch weiterreden.

"Chris du scheinst ein echtes Problem zu haben! Das liegt doch sicher daran, dass du dieses Spiel zu früh abgebrochen hast. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, müsstest du wenigstens mal zu ihr gehen und sie fragen... Ja gut, vielleicht schwindelt sie, aber hast du eine andere Wahl?"

Nachdenklich sah ich zu Boden. Vielleicht sollte ich mich darauf einlassen... Was hab ich zu verlieren?

Ich nickte nur knapp.

"Du machst es? Gut. Heute noch oder hast du Schiss?"

Er konnte nie sehr lange Ernst bleiben... Er fand immer wieder einen Grund um auch nur zu grinsen. Das war leider nicht immer sehr positiv...

"Lieber heute... dann hab ich's hinter mir... Du kommst aber mit, oder?"

"Ich... will eigentlich nicht... Diese Frau macht mur Angst..."

"Ach was und ich soll da allein hin gehen? Du spinnst doch! Ich weiß ja nichtmals wo die ihren Laden hat."

"Ist ja gut, ich komm mit... Hoffentlich geht das schnell... Komm, es hat schon längst geklingelt..."

Gegen 16.00 Uhr machte ich mich auf den Weg zu Ben. Er wollte mir entgegen kommen, da ich sein Wohnviertel erstmal meiden wollte. Dort war mir wirklich genug passiert... Als ich fast da war, hörte ich eine Melodie. Sie war nur sehr leise zu vernehmen, doch ich hörte sie, da außer mir niemand hier draußen war, wer irgendwelche Geräusche machen könnte. Ich konzentrierte mich nur noch auf diese Musik und ich bemerkte schnell, dass dazu jemand sang. Die Musik war zwar ziemlich leise, doch trotzdem konnte ich ziemlich gut hören. Ich sah mich um, konnte aber niemanden sehen, von dem die Musik kam. Ich vergaß den Grund, warum ich überhaupt draußen war. Auf einmal griff eine Hand nach meiner Schulter  und ich befand mich wieder im Hier und Jetzt. Sofort drehte ich mich um und sah vor mir, zu meiner Erleichterung, nur Ben.

"Warum gehst du an mir vorbei?"

"Oh, hay Ben. Ich... Keine Ahnung... Diese Musik lenkt mich ab..."

"Was für ne Musik?"

"Wie? Hörst du diese Musik nicht?"

"Chris ich höre rein gar nichts... Was bildest du dir ein?"

"Was?!... Das bilde ich mir nicht ein!"

Doch plötzlich wurde die Musik immer leiser...

"Jetzt ist sie weg..."

Verstörrt sah er mich an.

"Ich... Wir gehen lieber direkt los!..."

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