Chapter 12

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„Lou, wir müssen aussteigen." Sanft entließ Harry mich aus seinen Armen. „Natürlich nur wenn du auch willst. Sicher ist es kein Problem das Konzert abzusagen."- „Ich schaff das. Irgendwie." Ich musste diese Tour durchziehen. „Du musst nicht. Keiner kann von dir erwarten etwas zu machen, unter dem du so sehr leidest!" Nur das Management. „Es ist in Ordnung Harry, ich schaff das wirklich." Wie immer sah er nicht sonderlich überzeugt aus, trotzdem rang er sich ein Lächeln ab. „Das ist der Louis den ich kenne."

Scheiße sah ich fertig aus. Mein Spiegelbild blickte mir mit rot verquollenen Augen entgegen. Lou sagte zwar nichts, aber ihr war anzusehen, dass sie sich fragte, warum sie so viel Arbeit hatte. Eine geschlagene halbe Stunde bekam ich den Inhalt verschiedenster Dosen und Tuben in mein Gesicht geschmiert, bis sie halbwegs zufrieden war und ich verkabelt wurde.

Bevor das Konzert anfangen sollte hatten wir noch ein Meet- and- Greet mit einigen Fans, Paul brachte uns zu dem Raum, wo es stattfand. Selbst an normalen Tagen mochte ich diese arrangierte Art von treffen nicht, ich fühlte mich immer wie ein Ausstellungsstück eines Museums, von dem erwartet wurde das es blinkt, aber heute war es das letzte was ich noch brauchen konnte. Wir setzten uns an einen Tisch, da waren die ersten schon da.

Die hälfte der Zeit war um, ich hatte etliche Leute umarmt, auf Fotos gelächelt und heile Welt vorgespielt. „Hi!" Vor mir stand eine junge Frau, sicherlich über zwanzig. Die anderen Mädchen waren alle deutlich jünger gewesen, vermutlich nicht einmal volljährig. „Hi, willst du ein Foto?" fragte ich. Weder wollte ich mich lange unterhalten noch ein Foto machen, aber kurz in eine Kamera zu lächeln war das kleinere Übel. „Ähhm, eigentlich wollte ich mich bedanken." So lange Sätze war ich nicht gewohnt, eher Kreisch- und Ohnmachtsanfälle. „Wofür?" Wahrscheinlich dafür das ich ein ach so tolles Vorbild war, dass ihr Freund auch so sein sollte wie ich, das übliche eben. „Für die Musik. Sie hat mir in einer schweren Phase meines Lebens sehr geholfen." Erstaunt sah ich das Mädchen an. Damit hatte ich nicht gerechnet. Klar, ich hörte es oft, aber sie sagte es so authentisch, als würde es stimmen, nicht nur um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ein kleines Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, es erreichte nicht meine Augen, aber meine Mundwinkel zogen sich nach oben, ohne dass ich überlegen musste welche Muskeln dafür benötigt wurden. „Ist alles in Ordnung? Bin ich dir zu nah getreten?" das Mädchen wirkte weder panisch noch eingeschüchtert, fast besorgt. Schnell richtete ich meinen Blick auf den Boden. „Alles Gut, Danke. Solche Komplimente höre ich nur zu selten so ehrlich." Jetzt war er wieder da, der unsichere, schüchterne Louis. „Das tut mir leid." Ich schwieg. Was sollte ich dazu auch sagen? Das ich größere Sorgen hatte? „Bist du dir sicher, dass es dir gut geht? Du siehst traurig aus." Wow, dieses Mädchen war direkt. „Die Tour ist stressig und ich bin müde." antwortete ich. Warum hatte ich das Gefühl, das ich ihr vertrauen konnte?

„Sicher bekommst du täglich tausende Nummern von Fans, trotzdem, hier ist meine." Sie nahm sich eine Autogrammkarte und kritzelte etwas darauf. Dann blickte sich mich an, lächelte und fügte hinzu: „Wenn du mal jemanden zum Reden brauchst." „Danke." Sagte ich schwach. Kaum war sie aus dem Zimmer verschwunden stand ich auf und ging Richtung Toilette. Jetzt bin ich also schon so weit, dass Fans bemerkten, wie es mir ging. Wie lange konnte es so weiter gehen, würde das Management jemals einen Schlussstrich ziehen? Ich blickte auf die Karte. Eleanor. Der Name passte zu ihr. Ich steckte die Karte in meine Tasche.

„Louis? Bist du hier drinnen?" rief Liam in die Toilette. „Ja." Rief ich zurück. „Komm raus, du kannst doch nicht einfach so verschwinden!" Konnte ich offensichtlich schon. „Sämtliche Fans haben gefragt wo du bist und wir müssen gleich raus auf die Bühne!" Langsam stand ich auf, der Boden war unangenehm kalt gewesen, und schmiss meine Zigarette in die Kloschüssel. Wie armselig konnte ich eigentlich sein? Auf der Toilette rauchen und mich vor meinen Problemen verstecken? Bestimmt hatte Liam den Rauch gerochen. Aber es hatte mich so weit entspannt, dass ich das Gefühl hatte, auf der Bühne stehen zu können, ohne zusammen zu brechen. Ohne aufzusehen ging ich schweigen durch die Türe in Richtung Bühne. Liam lief mir verdutzt hinterher, vermutlich hatte er mit mehr widerstand gerechnet.

Half a HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt