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Kakashis POV

Die Einstichstelle schmerzte immer noch - eigentlich schmerzte mein gesamter Körper. Ich sah immer noch zur Tür, obwohl Yuki schon lange gegangen ist. Wir haben uns noch nie wirklich unterhalten, doch unsere Gespräche in den letzten paar Tagen haben mich überrascht. Als sie vor ein paar Jahren in der ANBU-Einheit aufgenommen wurde, kursierten bereits ein paar Gerüchte über sie. Es waren ein paar negative Sachen, doch diese habe ich nie wirklich verstanden. Bezüglich ihrer Kräfte jedoch, lagen die Leute richtig. Dadurch machte sie mir unbewusst direkt Konkurrenz und das brachte mich in meinem jugendlichen Leichtsinn dazu, sie runter zu stufen. Es ist schließlich einfacher zu behaupten, dass Mädchen ohnehin die schwächeren sind, richtig? - Falsch.

Im Laufe der Zeit bewies sie sich in den verschiedenen Trainingseinheiten immer mehr. Man hielt sich also an Kleinigkeiten fest. Nin- und Taijutsus hatte sie unheimlich gut drauf. In Genjutsus war sie auch nicht schlecht, jedoch hatte ich dort die Nase vorn. Vor allem, als ich das Sharingan von Obito erhielt und somit auch Doujutsus ausüben konnte. An dieses, und jedes noch so kleine Vorteil klammerte ich mich. Als ich alle wichtigen Menschen in meinem Leben zu verlieren schien, wollte ich wenigstens meinen Ruf behalten und genau den sollte sie mir streitig machen? Das kam nicht in Frage.

Jetzt weiß ich, dass das alles völliger Unsinn war. Ich bin ein verdammt guter Jounin, mir wurde meine eigene Gruppe von Schülern zugewiesen und sie sind sogar die ersten, die es durch meine Glöckchen-Prüfung geschafft haben. Wenn auch mit einem kleinen Tritt in den Hintern. Innerhalb und außerhalb des Dorfes werde ich respektiert und ich habe hier gute Freundschaften geschlossen. Ein Rang sollte nicht mein Selbstbewusstsein ausmachen. Ich kann von mir behaupten, dass ich ein gelassener und pragmatischer Mensch bin.

Das alles war mir natürlich schon vorher bewusst, jedoch kann ich mich erst seit dem Gespräch mit Yuki vollständig von diesem Konkurrenzdenken zwischen mir und ihr lösen. Eigentlich ist es schon ein bisschen lächerlich, wenn ich so darüber nachdenke. Für meine Defizite kann sie schließlich nichts. Selbst, wenn ich mich ab und an dabei erwischte, wie ich ihr mit meinem Können imponieren wollte. Ich erkannte sie nun endlich als eine Person an, die ich nicht überbieten musste, sondern mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten Akzeptierte. Wurde auch langsam Zeit.

Auch das, was sie am Lagerfeuer zu Beginn der Mission sagte, kreiste noch durch meinen Kopf. „Es ist nicht deine Schuld.", hallte es immer wieder in meinen Gedanken. Selbst als ich mich wieder Schlafen legte und die Alpträume erneut überhand nehmen wollten, drang ihre sanfte Stimme wie ein Mantra zu mir durch. Ich erinnerte mich dunkel an ihr Gesicht. Durch ihre weißen Haare fiel sie mir schon an einem ihrer ersten Tage auf. Unsere Blicke trafen sich flüchtig, als wir an einem der Trainingsplätzen aneinander vorbei liefen. Ihre Augen strahlten in einem blassen grau mit hell grün umrandeten Pupillen und einem hauchdünnen Rand, der in einem leicht dunkleren grau um ihre Iris floss. Ich hatte noch nie zuvor solch eine Augenfarbe gesehen. Ihre Gesichtszüge waren weich, sehr feminin eben. Sie war auch schon immer ein Stück kleiner als ich, in den letzten Jahren ist sie auch nicht viel gewachsen. Das alles waren jedoch nur Erinnerungen und mittlerweile wusste ich gar nicht, ob die Details, die ich in meinen Gedanken hatte, überhaupt stimmen. Nichtmal Sasuke hat sie nach dem Massaker ohne Maske gesehen, dabei scheinen die beiden eine gewisse Bindung zueinander zu haben.

Auch in der Hinsicht bin ich ihr dankbar. Der Uchiha-Junge lässt niemanden an sich ran. Durch ihr geteiltes Trauma, scheint er wenigstens ihr Vertrauen zu schenken. Ich habe beobachtet, dass sie nicht unheimlich vertraut oder familiär miteinander umgingen, aber es schien für Unterstützung und aufbauende Worte zu reichen. Selbst ein Blinder würde sehen, dass der Junge sich in eine eher schlechte Richtung entwickelte. Sie gab ihm irgendwie wenigstens ein bisschen Halt.

Die Frau hat ganz schön was auf dem Kasten, wenn ich es so betrachtete. Sie war seelisch und körperlich stark, hatte einen kühlen Kopf, großes Talent, war unheimlich klug und dazu noch Selbstreflektierend. Das machte diese kleine Geste mit ihrer Hand auf meiner Schulter gleich noch intensiver. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie meine Verlegenheit spüren konnte. Wie etwas so kleines und unvorhergesehenes einen Stein ins rollen bringen konnte. Vielleicht könnten wir auf dieser Basis ja sogar etwas wie eine Freundschaft aufbauen. Besser später als nie.

•••

Durch die großen Fenster schien das grelle Sonnenlicht in mein Krankenzimmer. Mühsam öffnete ich erst ein Auge, dann das andere. Mein Stirnband wurde mir gestern wohl abgenommen.

„Hey, er wacht auf!" Hörte ich eine weibliche Stimme sagen. Langsam drehte ich meinen Kopf in die Richtung aus der sie kam. Meine drei Schüler, Sakura, Sasuke und Naruto standen an meinem Bett.

„Hallo ihr drei. Was macht ihr denn so früh schon hier?", fragte ich. Sie sahen mich komisch an.

„Äh, Sensei, es ist doch schon Nachmittag." Naruto kratzte sich grinsend am Hinterkopf. Oh, ich muss wohl eine Weile neben der Spur gewesen sein, aber schließlich sollte ich mich ja ausruhen. Als ich nichts sagte, übernahm Sakura wieder das Wort.

„Wir wollten sehen wie es Ihnen geht, Sensei. Iruka hat uns heute morgen erzählt, dass Sie hier sind. Wir durften aber nicht gleich in Ihr Zimmer und Sie sehen.", erzählte sie.

„Ja, es gab einen kleinen Zwischenfall bei der Mission, aber zum Glück konnte Yuki mich heilen. Zwei Mal innerhalb von 3 Stunden, um genau zu sein." Jetzt rieb ich mir verlegen den Hinterkopf. Die drei staunten nicht schlecht.

„Yuki war dabei?", fragte Sasuke beiläufig. Ich nickte bestätigend. Er schien etwas überrascht, jedoch auch froh darüber zu sein. Ob sie nicht doch etwas wie eine Schwester-Figur für ihn werden könnte? Er könnte in ihr ein Vorbild sehen und möglicherweise sogar wieder zu sich selbst finden. Das wünsche ich mir für den Jungen.

„Ich will ja nicht drängeln, aber wann können wir wieder Trainieren?", fragte Naruto nun völlig ungeduldig. Sakura verpasste ihm einen Schlag auf den Hinterkopf.

„Sag mal spinnst du?! Der Mann liegt seit gestern im Krankenhaus und du denkst schon wieder nur an dich! Er muss sich doch erstmal ausruhen!", schrie sie den Blondschopf an. Dieses gestreite bereitete mir Kopfschmerzen.

„Hey, Leute!", mischte ich mich ein. Sie hörten schlagartig auf und schenkten mir wieder ihre Aufmerksamkeit. „Geht doch zum Hokage und bittet um eine Vertretung, solange ich hier bin. Empfehlt von mir aus auch Takahashi Yuki.", grinste ich sie an, auch wenn sie es nicht eindeutig sehen konnten. Sie schienen den Vorschlag gar nicht schlecht zu finden. Nach ein paar anderen Gesprächen gingen die drei Genin auch schon wieder und die Müdigkeit überkam mich erneut. Die kleine Auszeit wird mir gut tun. Ich schloss die Augen wieder und fiel in einen angenehmen Schlaf.

𝙈𝙞𝙡𝙡𝙞𝙤𝙣 𝙍𝙚𝙖𝙨𝙤𝙣𝙨 {𝙆𝙖𝙠𝙖𝙨𝙝𝙞 𝙃𝙖𝙩𝙖𝙠𝙚 𝙁𝙁}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt