Kapitel 1: Alles auf Anfang

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September 1984

„Und du schreibst auch mindestens ein Mal die Woche?"

„Ja, werde ich."

„Und du baust auch keinen Mist, ja?"

„Werde ich nicht."

„Und-"

„Mama, wenn du so weiter machst, verpasse ich den Zug!"

Meine Mutter lachte und strich mit ihrer zarten Hand über meine Wange. Ich zuckte leicht zusammen und sie lächelte entschuldigend.

„Ich weiß.Du wirst mir nur so fehlen."

In ihren Augen glitzerten Tränen, meine Mutter tendierte dazu, sehr schnell emotional zu werden. Um uns herum herrschte pures Chaos, denn wir standen am Gleis 9¾ während um uns herum Kinder nach ihren Eltern riefen, ihre Freunde zur Begrüßung umarmten oder noch im letzten Moment ihre Tiere in Käfige verfrachteten.

Mein Herz schlug furchtbar schnell, auch wenn meine Schwester Maeve, die bereits in ihrem 4. Jahr war, mir schon einiges über Hogwarts erzählt hatte, war ich unglaublich gespannt. In welches Haus würde ich kommen? Würde ich Freunde finden? Meine Schwester hatte gesagt, dass ich bestimmt nach Ravenclaw käme, aber ich war mir sicher, dass sie das nur sagte, weil ich nicht zu ihr nach Gryffindor sollte. Sie vermied es, öffentlich anzuerkennen, dass ich ihre Schwester sei, weil ich ihr peinlich war.

„Oh, und Maeve; Pass auf deine Schwester auf und mach ihr die ersten Wochen einfach etwas leichter."

Meine Mutter warf Maeve, die genervt die Augen verdrehte einen vielsagenden Blick zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Dann schniefte sie und wischte sich mit einem Stofftuch aus ihrer Manteltasche die Tränen weg.

Maeve strich sich die gelockten, dunklen Haare zurecht und sah sich unruhig um.Sie hatte vor einer Weile von einem Bill erzählt, weshalb ich mir sehr sicher war, dass sie nach eben diesem Ausschau hielt.

„Du musst nicht so tun, als würden wir gleich sterben, zu den Weihnachtsferien kommen wir doch nach Hause.", meinte Maeve, während sie schließlich ihren Koffer in den Zug hievte.
Ich umarmte meine Mutter ein letztes Mal und ging zu meiner Schwester, die schon ungeduldig an der Tür zum Zug wartete. Wir winkten noch einmal und ehe ich Maeve fragen konnte, wohin wir uns setzen würden, war sie schon verschwunden.
Verunsichert warf ich einen kurzen Blick in die Fensterscheibe des Zuges, in der mich mein verängstigtes Spiegelbild anstarrte. Ich hatte dunkle Haare, dunkle Haut und war recht klein für mein Alter. Auf meiner Nase thronte eine lila Brille mit viereckigen Gläsern.
Seufzend machte ich mich alleine auf die Suche nach einem Abteil. Während ich an all den vollen Abteilen vorbei lief sah ich ältere Schüler, die sich in Gruppen unterhielten, aber auch Erstklässler, die entweder schon Freunde hatten oder wie ich etwas verloren wirkten. Mein erstes Jahr in Hogwarts. Vor 2 Monaten hatte ich endlich meinen Brief bekommen und jetzt war es soweit. Obwohl ich mich riesig freute, war ich dennoch nervös, denn Freunde finden war mir noch nie leicht gefallen. Generell mit Menschen klar zu kommen war schon immer schwierig für mich. Vermutlich weil es für mich wichtigere Dinge gab.Meine Fantasie, das Schreiben.

Ich schrieb Geschichten über alles, meistens über Welten, die ich mir selbst ausdachte. Welten, in denen alles bunt und schön war.

Unbewusst hatte ich zu einem leeren Abteil gefunden und trat ein. Die Tür war recht alt und ging dementsprechend nur schwer mit einem unangenehmen Quietschen wieder zu. Ich verstaute meinen dunkelblauen Koffer unter meinem Sitz setzte mich schließlich ans Fenster. Als ich raus blickte, stand meine Mutter immer noch am Gleis und lächelte mich ermutigend an. 'Pass auf dich auf' formte sie mit den Lippen.

These Are the Days of Our LivesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt