Kapitel 15: Hochzeitstag

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„Hey, lass das nicht anbrennen!"

„Jetzt vertrau mir halt mal!"

„Auf keinen Fall!Das hier muss gut werden.", rufe ich genervt und schubse Maeve vom Herd weg. Eilig nehme ich die Pfanne, in der das Rührei schon langsam schwarz wird, und stelle sie auf einem Holzbrett ab. Maeve schnauft zornig und holt stattdessen das Geschirr aus dem Küchenschrank. Mühsam versuche ich die Reste, die nicht komplett verbrannt sind, weiter oben zu verteilen, damit das Frühstück zumindest lecker aussieht. Maeve ordnet die Teller und Kaffeetassen auf dem Holztablett an, das sie selbst letztes Jahr gebaut hat.

„So, haben wir alles?", fragt sie, während sie mit größter Vorsicht das Tablett nimmt und es vor sich her balanciert. Ich nicke und folge ihr aus der Küche heraus. Die Treppe knarzt, als wir sie emporsteigen, doch oben ist alles still. Als wir oben sind, sehe ich kurz aus dem Fenster, der Himmel ist unendlich blau und die Bäume so grün und frisch, wie sie es nur im Frühling sind. Weil ich abgelenkt bin, trete ich Maeve aus Versehen auf die Fersen, wodurch sie ins Schwanken gerät. Rasch packe ich sie an den Schultern, bis sie ihr Gleichgewicht wieder hat.

„Bitte, Ellen, pass dieses eine Mal einfach auf!", flüstert sie gereizt und rammt mir ihren Ellbogen zwischen die Rippen. Ich verkneife mir einen schmerzvollen Aufschrei, um Mama und Papa nicht zu wecken. Stattdessen funkele ich sie wütend an, bis wir weiter zum Schlafzimmer gehen. Dort angekommen öffne ich mit Bedacht die Tür und halte sie für Maeve auf, die immer noch das Tablett trägt. Als meine Augen sich an die Dunkelheit im Raum gewöhnen, fällt es mir sofort auf.

„Wo ist Papa?", hauche ich.

Maeve steht neben mir und seufzt.

„Wir machen einfach das, was wir geplant haben.", antwortet sie. Ich nicke.

Dann gehe ich zum Lichtschalter und zähle leise bis drei.

„Fröhlichen Hochzeitstag!" , rufen wir gleichzeitig und ich schalte das Licht an. Meine Mutter ist sofort wach. Sie setzt sich auf und lacht. Ihr schönes Haar ist zerzaust und sie trägt noch ihre Sachen von gestern. Sie hat lange gearbeitet, weshalb wir auch lange gewartet haben, bis wir sie wecken würden.

„Habt ihr das gemacht?Wow!", ruft sie. Wir setzen uns zur ihr auf das Bett und Maeve legt ihr das Tablett auf den Schoß. Kurz huscht ihr Blick zu dem zweiten Teller, der eigentlich für Papa bestimmt war. Maeve und ich bemerken es beide.

„Dann bleibt wohl mehr für dich.", sagt Maeve und versucht aufmunternd zu klingen. Ich höre ihre Trauer trotzdem und Mama auch.

„Für uns. Allein schaffe ich das alles nicht."

Zu dritt sitzen wir auf dem Bett und essen das verbrannte Rührei.

Papa kommt den ganzen Tag nicht zurück. Als ich abends im Bett liege, höre ich die Haustür zu knallen und seine Schritte ertönen schwer auf der Treppe. Er geht an meiner Zimmertür vorbei und lallt vor sich hin. Kurz darauf geht die Schlafzimmertür zu und alles ist still.

Das ist der letzte Hochzeitstag, an dem er noch zu Hause wohnt.

Meine Augenlider waren schwer, als ein sanftes Rütteln mich weckte. Ich wollte die Augen nicht öffnen, denn ich wusste, welcher Tag heute war. Solange ich im Bett blieb, konnte ich der Konfrontation mit der Realiät entgehen. Zumindest hoffte ich das.

„Ellen, geht's dir gut?", echote eine Stimme zu mir herüber. Sie war so weit weg. Ich war so weit weg. Langsam verschwand die Müdigkeit und ich hörte Harpers Stimme deutlicher.

„Jetzt tu nicht so, ich weiß, dass du einen leichten Schlaf hast." Seufzend öffnete ich die Augen. Links an meinem Bett stand Harper, sie sah so aus, als wäre sie gerade erst aufgewacht. Durch die bodenlangen Fenster schimmerte die seichte Morgensonne hinein. Es war wohl noch recht früh, denn außer uns schliefen noch alle im Saal.

These Are the Days of Our LivesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt