Kapitel 19: Der Sinn des Lebens

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„Hey, du bekommst das hin.", murmelte Ava, während sie ihre Hand sanft auf meiner Schulter legte. Mitten in der Menschenmenge fiel es mir schwer, nicht von ihr weggeschoben zu werden. In der Ferne, konnte ich Warren sehen, der versuchte, sich durchzudrängeln, damit wir gemeinsam die Erstklässler zum Ravenclawturm begleiten konnten.

„Du hast leicht reden, du kannst ja mit Kindern umgehen.", entgegnete ich genervt.

„Jetzt übertreib mal nicht, bring sie einfach zum Turm und alles passt, okay?Wir sehen uns morgen früh."

Ich nickte und sie verschwand innerhalb von ein paar Sekunden in der schwatzenden Menge, welche bloß sehr langsam vorankam. Nach einer Weile hatte Warren sich durchgekämpft und als wir in der Eingangshalle ankamen, stellten wir uns zentral auf und riefen:
„Alle Erstklässler aus Ravenclaw hierher!Ravenclaws hierher!"

Es dauerte Ewigkeiten, bis alle da waren. Um ehrlich zu sein, hoffte ich bloß, dass es alle waren, ich hatte keinen Schimmer wie viele es insgesamt sein mussten. Ein Drittel der Kinder war schon in Tränen ausgebrochen, als sie endlich zu uns fanden und es war schwierig sie zu beruhigen. Ich versuchte, geduldig zu sein, und daran zu denken, dass es mir an meinem ersten Tag auch so ergangen war. Diese Angst vor dem Neuen, Unbekannten, diesem riesigen Schloss, welches so einschüchternd wirkte und allem was noch kam.

Letztendlich hatten wir vierzehn Kinder bei uns, hatten es irgendwie geschafft, alle zu beruhigen und liefen schließlich in Zweierreihen los, Warren und ich am Kopf der Kolonne.

„Das war eins der anstrengenden Dinge, die ich je gemacht habe.", seufzte ich während wir eine lange Steintreppe emporstiegen. Gleichzeitig hielt ich ein Auge auf die Kinder, nach dem ganzen Chaos, hielt ich es durchaus für möglich, dass mindestens eins die Treppe runterfallen würde.

„Du sagst es. Wir haben uns aber trotzdem ziemlich gut geschlagen."
Warren sah mich von der Seite an und ich grinste.
„Da hast du wohl recht, Warren."

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„Leute, wir haben's gleich geschafft, ihr habt nur noch eine Aufgabe, okay?Wenn ihr in den Gemeinschaftsraum wollt, müsst ihr hiermit klopfen-", ich wies auf den Bronzeadler an der schweren Holztür„verstanden?Dann wird der Adler euch eine Frage stellen und ihr müsst sie beantworten. Wenn ihr es nicht schafft, wartet ihr, bis jemand kommt, der die Antwort weiß.Und jeder, der jetzt nicht zugehört hat, ist selbst schuld, klar?"
Die kleine Gruppe an Kindern starrte mich schweigend an, woraufhin ich auf ein kleines Mädchen mit schwarzem Haar zeigte.

„Wie heißt du?"

„J..June." Sie sah mich unsicher an und sprach mit leiser Stimme. Wie ich in meinen ersten Jahr. Manche Dinge ändern sich wohl nie.

„Okay, June, du nimmst jetzt den Adler und klopfst einfach."

Mit zitternder Hand tat sie wie geheißen und klopfte drei Mal. Der Adler erwachte zum Leben und starrte June mit seinen Bronzeaugen an.

„Was ist der Sinn des Lebens?", fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. So eine Frage für eine Erstklässlerin?
June sah hilflos zu mir rüber und ich sagte das, was mich in dieser Situation als Elfjährige beruhigt hätte.
„Das ist eine philosophische Frage, das heißt, es gibt keine richtige Antwort.Es geht dem Adler darum, dich zum Nachdenken zu bringen und Dinge zu hinterfragen.Er ist zufrieden, sobald er merkt, dass du dir wirklich Gedanken gemacht hast."

June nickte und spielte nervös an ihrer Robe herum während sie nachdachte. Die anderen Kinder sahen sie erwartungsvoll an.

„Ich denke..", sie schluckte,"ich denke, der Sinn des Lebens ist, dass jeder seinen eigenen Sinn finden muss und dementsprechend lebt."
Der Adler überlegte und schließlich öffnete sich die Tür, die anderen Kinder applaudierten und Warren geleitete sie hinein. Zurück blieben June und ich. Sie sah mich erleichtert an und ich nickte ihr anerkennend zu bevor sie den anderen folgte.

These Are the Days of Our LivesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt