Kapitel 13: Schneeballschlacht

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Der Bahnhof hatte sich nicht verändert seit ich das letzte Mal vor zwei Wochen dort gewesen war. Die selben Schüler, die ihre Eltern zum Abschied umarmten, der selbe Zug, dasselbe Gefühl, an einen tollen Ort zurückzukehren. Ich war gerade durch die Absperrung zwischen Gleis neun und zehn durchgelaufen und ging nun ein paar Schritte zur Seite, um Maeve Platz zu machen. Sie sah nicht allzu glücklich aus, wieder hier zu sein.

„Wieso gehen die Ferien nur immer so schnell vorbei?", murmelte sie, während sie mühsam ihren Koffer hinter sich her zerrte. Kurz nach ihr tauchte meine Mutter auf.

„Heute stellst du mich aber gefälligst deinen neuen Freunden vor, als deine Mutter muss ich sichergehen, dass du nur von guten Einflüssen umgeben wirst!", sagte sie und blickte sich bereits suchend um.

„Keine Sorge, du wirst sie lieben."

„Da hinten ist Samantha, ich verzieh mich dann mal.", sagte Maeve, die schon dabei war, sich umzudrehen, doch meine Mutter zog sie in eine feste Umarmung.

„Ich werde dich vermissen, Miesepeter."

„Wir sehen uns, Mom."

Maeve verschwand eilig in der Menschenmenge und ich suchte eben diese nach meinen Freundinnen ab. Überraschend schnell entdeckte ich Ava etwas am Rand von allem, wo sie sich mit ihren Eltern unterhielt. Voller Vorfreude lotste ich meine Mutter zu ihr und wich dabei sorgfältig den vielen Leuten aus.

„Ellen!", rief Ava glücklich, als sie mich ein paar Meter bevor ich bei ihr war, entdeckte. Mit ein paar Schritten überbrückte sie die letzte Distanz und umarmte mich fest. Es war das allererste Mal, dass sie mich umarmte. Etwas überfordert von ihrer Überschwänglichkeit legte ich meine Hände an ihren Rücken und roch ganz kurz, wirklich nur ganz kurz, an ihrem Haar. Ein leichter Duft von Vanille. Viel zu schnell ließ Ava mich wieder los und sah mich an. Ihre Augen leuchteten und erinnerten mich an zwei Smaragde, während ihre hellblonden Locken voluminös wie immer aussahen. Sie trug einen dicken, - natürlich - gelben Pullover, über den sie noch einen schneeweißen Mantel geworfen hatte. Irgendwie sah sie größer aus. Erwachsener.

„Hallo. Mama, das ist Ava."
Meine Mutter schien von Anfang an sehr angetan von Ava und schüttelte ihr begeistert die Hand.

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs Bennett.", sagte Ava mit diesem Grinsen, das alle Erwachsenen liebten. Man sah ihr Grübchen und ihr Gesicht hellte sich auf, wie ein Licht, das jemand angeknipst hatte.

„Ach, nenn mich Sheila, Liebes."

Ava drehte sich zu ihren Eltern, um ihnen mich vorzustellen. Währenddessen beugte sich meine Mutter zu mir runter und flüsterte:
„Du hast einen guten Geschmack."

„Hab ich doch gesagt."

Avas Eltern wirkten sehr unterschiedlich. Ihr Vater, Ryan, war Ava sehr ähnlich, extrovertiert, aufgeweckt und freundlich. Er geriet sofort in ein eifriges Gespräch mit meiner Mutter. Miranda, ihre Mutter hob nur kurz zum Gruß die Hand und redete kaum. Stattdessen sah sie sich bloß ungeduldig um und schien lieber gehen zu wollen. Mir fiel ein, dass sie auch nicht vor zwei Wochen da gewesen war, um Ava zu den Winterferien abzuholen. Bevor ich sie darauf ansprechen konnte, tippte mich jemand von hinten an. Als ich mich umdrehte, stand Harper vor mir. Ihr rotes Haar war wieder etwas kürzer, sie hatte es wohl in den Ferien schneiden lassen. Sie trug wie immer ihre dicke, braune Daunenjacke und feste Stiefel. Hinter ihr waren ihre Väter, einer blond und groß, der andere hatte schwarzes Haar und war kaum größer als Maeve.

„Na hallo, Ellen.", meinte Harper lässig wie immer. In ihren Augen blitzte der Schalk auf, wahrscheinlich hätte sie am liebsten sofort über unseren geplanten Streich am Montag gesprochen. Als der Rest der Anwesenden sie bemerkte begann die nächste Vorstellungsrunde.

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