Kapitel 28: Nur noch Negatives

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Es ist elf  Uhr nachts, ich warte darauf, dass Mama endlich nach Hause kommt. Sie hätte heute eigentlich eine Nachtschicht im Krankenhaus, aber wegen den aktuellen Umständen kommt sie früher nach Hause. Maeve ist natürlich in Hogwarts, kommt aber bald über die Frühlingsferien nach Hause. Und niemand weiß, wo Papa steckt. Der ursprüngliche Plan heute war gewesen, dass er, kurz nachdem Mama losgegangen ist, von der Arbeit kommt, Essen kocht und wir uns einen schönen Abend machen. Er hätte vor fünf Stunden kommen sollen. So war es abgemacht. Ich habe Hunger.

Als ich gegen zehn schließlich im Krankenhaus angerufen habe, um Mama Bescheid zu geben, war sie außer sich gewesen. Größtenteils natürlich wegen Papa, aber auch weil ich mich erst so spät gemeldet habe. Jetzt sitze ich mit dem zweiten Herr der Ringe-Band auf dem Sofa, doch kann mich nicht aufs Lesen konzentrieren. Sobald ich einen Satz gelesen habe, vergesse ich ihn sofort. Draußen prasselt der Aprilregen gegen die Fenster und in der Küche pfeift der Wasserkocher, gleich will ich mir einen Tee machen. Obwohl Mama es mir, weil ich noch „zu jung" bin normalerweise nicht erlaubt, habe ich im Kamin ein Feuer gemacht, sonst wäre es jetzt eiskalt im Wohnzimmer. Ich bin ziemlich müde und ziemlich besorgt. Papa hat die letzten Monate immer wieder Probleme mit Pünktlichkeit oder überhaupt Auftauchen gehabt, aber sowas war noch nicht vorgekommen. Ich ahne bereits, wie sauer Mama sein wird. Manchmal beneide ich Maeve, sie verbringt fast das ganze Jahr in Hogwarts und muss wird mit so einem Kram nur selten konfrontiert. Sie muss nicht ständig mit anhören, wie Mama und Papa streiten, muss auch nicht beim Abendessen Papas Fahne riechen und ihn auch nicht nicht wecken wenn sie nachmittags aus der Schule zurückkommt. Ich kann es nicht erwarten, übernächsten Herbst endlich nach Hogwarts zu gehen.

Ein Schlüssel dreht sich im Schloss der Haustür und Mama steht im Türrahmen. Ich sehe die Wut auf Papa in ihren Augen, doch ihr Blick wird weicher, als sie mich auf dem Sofa sitzen sieht. Sie zieht nicht mal ihre Schuhe aus, sondern läuft zu mir und umarmt mich. Ihr Mantel und ihre Haare sind von kleinen Regentropfen bedeckt und sie riecht nach Desinfektionsmittel.

„Jetzt gibt's erst mal was zu Essen.", sagt sie entschlossen und ich folge ihr in die Küche. Dort füllt sie einen Topf  mit Wasser und stellt in auf den Herd. Ich sitze am Küchentisch während ich beobachtete, wie sie eine Packung Spaghetti aus dem Küchenschrank holt und dann den Kühlschrank aufmacht, wo noch ein Glas mit Resten von der Tomatensoße ist, die sie vor ein paar Tagen gemacht hat. Langsam fühle ich mich müde, wenn ich nicht allein zu Hause gewesen wäre, hätte Papa mich schon vor zwei Stunden ins Bett gesteckt. Träge stütze ich meinen Kopf auf meinem Arm ab und spüre wie meine Augenlider schwerer werden. Der Wasserkocher und das Herumpfuschen meiner Mutter werden zu Hintergrundgeräuschen und ich schließe langsam die Augen.

„Ellen, Liebes?Ellie!", tönt es plötzlich aus dem Wohnzimmer. Auf einmal hellwach stehe ich auf und folge seiner Stimme. Im Wohnzimmer steht Papa, durchnässt vom Regen. Sein blondes Haar klebt an seiner Stirn und mit jedem Schritt den er zu mir  geht, hinterlässt er eine kleine Pfütze hinter sich. Er lächelt herzlich und kniet sich auf den Boden, sodass wir ungefähr auf Augenhöhe sind. Von ihm geht ein Alkohol-Geruch aus, was mich nicht überrascht. Es scheint aber nicht so viel zu sein, denn sonst wäre er jetzt aggressiv gestimmt.

Mit einem entschuldigenden Blick sieht er mich an, bevor er mich umarmt. Mittlerweile bin ich durch beide Umarmungen auch schon ziemlich durchnässt. Er flüstert mir ins Ohr, dass es ihm Leid tut. Ich fühle mich nicht mal sauer, ich bin einfach froh, dass ihm nichts passiert ist und er endlich zu Hause ist.

„Ethan.In die Küche.Sofort."

Mama steht im Türrahmen zur Küche hinter mir und Papa löst sich aus der Umarmung und steht auf.

„Sheila, es tut mir-", fängt er an doch sie hebt stumm die Hand und geht in die Küche. Mein Vater wirft mir einen Oh-Oh-Blick zu und folgt ihr. Die Tür wird geschlossen und ich setze mich aufs Sofa. Nebenan höre ich für ein paar Minuten gedämpfte Stimmen, bis jemand schließlich laut auf den Tisch schlägt.

These Are the Days of Our LivesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt