O7 | AVELINA

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Auf der Busfahrt nach Hause wusste ich nicht, wohin mit mir. Ich wollte noch nicht nach Hause.

Also beschloss ich mit Kopfhörern im Ohr und dem Kopf an der Fensterscheibe, an meiner Haltestelle einfach nicht auszusteigen. Ich wusste ungefähr, wo der Bus dreht, und könnte ja dann nach Hause fahren.

Die Ungebung veränderte sich von brachliegenden Wiesen, trostlosen Tierherden und dem Gefühl des versuchten Landlebens nach einiger Zeit in städtischen Alleen mit Betonplatten und irgendwann in wirklich ausgedehnte Felder, Waldränder und neben der holprigen Strasse suchte sich ein Bächlein den Weg.

Bergauf, bergab. An einer kleinen Haltestelle ohne Wartehäuschen hätte ich aussteigen müssen. Weit und breit nichts, nur Felder und ein kleiner Weg, der erahnen ließ, dass ein paar hundert Meter weiter Menschen wohnten.

Ich genoss den Klang meiner Musik in Verbindung mit der Aussicht auf die Felder. Endlose Weite, Freiheit. Ab uns zu führen wir an ein paar Tieren vorbei. Kühe, Pferde, Schafe.

Irgendwann kamen wir in ein mir unbekanntes Gebiet. Klar hatte ich den Namen schon einmal gehört, aber hier gewesen bin ich selbst nie.

Ich stieg an der Endhaltestelle 'Zeisigweg' aus. Der Busfahrer hatte zwanzig Minuten Pause und ich streichelte die Pferde, welche neugierig über den Zaun guckten.

Nach kurzer Zeit kam eine ältere Frau aus dem anliegenden Wohnhaus. "Aber nicht füttern, junge Dame."

Ich drehte mich zu ihr. Eine der beiden Samtschnauzen nutzte die Gelegenheit und wühlte in meinen Haaren herum, als wöllte sie die Aufmerksamkeit wieder auf sich ziehen.

Ich begrüßte die Frau und wir unterhielten uns eine Weile. Sie fragte nach meinem Namen, was ich denn arbeiten würde, redete über das Wetter - Smalltalk also. "Schau doch, Rosi mag dich scheinbar.", sagte sie mit einem Glitzern in den Augen.

Lächelnd entgegnete ich ihr, dass ich absolut keine Ahnung von Pferden habe und nicht wüsste, ob sie mich möge oder auf Leckerchen aus sei.

"Aber Mädchen, das musst du doch spüren! Rosi mag dich, wirklich. Mädchen, wie war doch gleich dein Name? Ach ja, die Pferde, der Hof, das wird alles bald zu Grunde gehen. Weisst du, ich habe auch nicht mehr so lang zu leben und meine beiden Söhne haben Wichtigeres zu tun."

Ich mag alte Menschen, manchmal. Bei ihr habe ich das Gefühl, sie braucht jemanden zum reden. Wir redeten noch eine Weile, wobei sie immer wieder meinen Namen vergaß.

Sie ist eine herzliche Dame mit einer warmen, familiären Ausstrahlung, aber sie wirkt so alleine.

Der Bus war natürlich weggefahren. Aber irgendwie wollte ich hier nicht weg. Als dann auch noch eine braungetigerte Katze das Gutshaus verließ und maunzend zu uns kam, war es um mich geschehen.

"Schau, Lina, das ist Lissy. Sie hat vor zwei Monaten geworfen, ich frage mich, wo sich die kleinen Racker rumtreiben. Ich habe Angst, dass einer meiner Söhne so einen kleinen irgendwann überfährt, nach einem stressigen Tag haben beide so einen rasanten Fahrstil."

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A/N: Entschuldigt das kurze Kapitel, heute Abend kommt noch eins, versprochen.

17 - his studentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt