Mathematik.
Ein Blick in stets gelangweilte Gesichter.
Nur ich, ich bekomme das Grinsen nicht aus dem Gesicht. Ich bin das Grinsen der letzten Reihe.
Ob ich damit glücklich bin, weiss ich nicht, doch ich lasse mich viel zu leicht ablenken.
Ohnehin bekommt man dort nicht wirklich viel mit, allerdings fühlt man sich dann auch nicht von der gesamten Klasse beobachtet.
Und das kann ich nun wirklich nicht gebrauchen. Denn er steht vorne. Er hält seine erste Unterrichtsstunde bei uns, nachdem er ewig bei mir saß.
Er erfüllte sich seinen Traum, hat die Hospitationen hinter sich gebracht und steht vor einer Horde pubertierender, junger Menschen.
Ab jetzt ist er wirklich Mister Laykon. Kaum zu glauben, wir hatten uns die letzten Stunden doch wie Freunde unterhalten.
Über alles geredet, viel gelacht. Getuschelt, als wären wir Teenager. Spass gemacht, uns gegenseitig auf Fehler hingewiesen und nun war der Platz neben mir leer.
Und er stand vorne. Ab und zu grinste er mich an, oder doch an mir vorbei? Ich mag es mir zu gern einbilden.
Mir der Zeit hatte sich ein freundschaftliches Verhältnis gebildet. Knapp ein halbes Jahr haben wir uns geduzt, sind uns näher gekommen und lernten voneinander.
Gebannt beobachte ich ihn, sauge jede Bewegung, jedes unsichere Lächeln und jede Geste in mich auf. Wie seine definierte Hand die Kreide führt.
Ich bin ein beeindruckt von seiner Art des Unterrichtes, wie er die Hände beim Reden mitschwingt, wie er seine Energie in den Klassenraum verteilt und dabei trotzdem noch wie ein kleiner, unbeholfener Junge wirkt.
Schüchtern, aber voller Elan. Zurückhaltend, aber konsequent. Nervös, aber souverän.
Ich interpretiere zu viel in seine Bewegungen, versuche, ihn zu lesen. Glaube, zu wissen, was er fühlt. Ich will ihn kennenlernen, ihn verstehen, seine Gedanken lesen können.
In letzter Zeit bin ich in Mathe auch besser geworden. Man muss sich ja Mühe geben, wenn man sich nicht unbedingt blamieren möchte.
Wieder starre ich auf seine Lippen. Wie sie sich bewegen, wenn er spricht. Lausche, wie tief und angenehm rauchig seine Stimme ist. Schliesse langsam meine Augen und versinke beinah in einem schönen Tagtraum, als ich meinen Namen höre.
Unmittelbar neben mir.
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17 - his student
Teen FictionGefühle spielen gegen Angst. Gegen Gedanken und gegen die Vernunft. Dinge passieren. Geschehnisse verändern Menschen und zwischenmenschliche Beziehungen. Das Herz zerreißt einen, wenn man diese Person anschaut, doch gleichzeitig beginnt es wie wild...