Er schaute mich komisch an, bevor sich seine Mundwinkel zu einem breiten Grinsen verzogen.
Weswegen? Wegen meiner Aussage? Vergessen wir das erstmal. Probeweise vorne sitzen. Das müsste ich schaffen.
Allerdings hasste ich das Gefühl, alle Blicke in meinem Rücken und zwangsläufig keine andere Blickrichtung als diesen Mann oder sein Gekritzel zu haben.
Und was sollte ich jetzt mit dem Kaffee machen? Wenn ich ihn trinke, wird mir, glaube ich, ziemlich schnell schlecht. Wenn ich ihn stehen lasse, gebe ich Damian eine Bestätigung.
Mein Blick fiel wieder auf meine aggressive, kantige Tintenkatze. Ist das abstrakte Kunst? Oder ist es einfach nur hässlich?
Ich merkte, wie die Pause begann und beinahe verging. Genutzt habe ich sie nicht. Nicht wirklich. Unreale Szenarien habe ich mir ausgemalt und wurde gerade bei einem wunderschönen Tagtraum Damian und die Mietzen betreffend gestört.
Da nahm sich einer mein Rucksack und mein Schulzeug und schleppte es vor. Natürlich war es Damian, dem ich nur kurz in seine wundervollen, eisblauen Augen sehen konnte.
"Das ist extrem übergriffig, ich brauche deine Hilfe nicht. Ich kann das allein, Damian!", zischte ich ihn an, als ich auf meinem neuen Platz, direkt vor dem Lehrertisch saß.
"Übergriffig? Du weisst doch gar nicht, was übergriffig bedeutet! Verdammt, du hast mich geküsst, einfach so!" flüsterte er mir verärgert zu.
Ein Glück konnte ich ihn verstehen, leise war unsere Klasse nämlich nicht unbedingt. Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, deswegen senkte ich meinen Blick.
Dass er so nachtragend ist, verstehe ich nicht. Dabei hat er mir doch unterstellt ich würde mir ein Trostpflaster suchen. Ob er mich überhaupt ernst genommen hat?
Ob er mich jemals ernst nimmt? Letzten Endes bin ich trotz Allem 'nur' eine Schülerin.
Wow, diese Erkenntnis. Bist ja 'ne ganz Schlaue, Ave.
Der Rest der Stunde verlief relativ ereignislos. Ich lenkte mich durch Kritzeleien und Blicken aus dem Fenster ab, während er seinen Unterricht hielt und mich nicht weiter ermahnte. Einmal erfasste ich ihn mit meinem Blick.
Da knabberte er an seiner Kulispitze, bevor er ebenfalls aufsah. Ich blickte schnell wieder auf mein mit Kulikreisen und der hässlichen, gekritzelten Katze bedecktes Blatt und hörte ihn Schmunzeln.
Der Mann hat definitiv schlimmere Stimmungsschwankungen als jede Frau.
•♡•♡•♡•
Ich fuhr wieder einmal zu lang mit meinem Bus - nur mit dem Unterschied, dass ich sehnsüchtig auf die Haltestelle wartete, an der mich zwei Pferde, Babykatzen und eine nette, ältere Frau erwarten würden.
Einmal angekommen, sah ich schon, wie Lissy auf der Bank saß und alles aus ihrer Umgebung wie ein Schwamm aufsog.
Als ich aus dem Bus stieg, streckte sie sich und sprang von der Bank, bevor sie begann, sich um meine Beine zu schmiegen. Nach einer ausgiebigen Begrüßung rannte sie voraus, zu Marias kleinem Häuschen, aus dem es verführerisch duftete.
"Ave, komm doch herein, ich habe Hühnersüppchen gemacht!" Sie lächelte mich an und ich konnte nicht anders, als zurückzugrinsen, bis mein Blick auf die kleinen Kätzchen fiel.
Eines davon stach mir sofort ins Auge. Es war eigentlich glänzend schwarz, bis auf einen unförmigen Fleck auf der Stirn.
"Maria, wie alt sind die vier denn jetzt?", fragte ich und bekam direkt die Antwort: "Acht Wochen und zwei Tage."
Als wir aßen fachsimpelten wir noch ein wenig über Fütterungs- und Jagdverhalten derart junger Katzen und dass es viel zu früh ist, um sie wegzugeben.
Sie wollte die Kleinen jedoch behalten. Außerdem nahm ich ihr Angebot von letzter Woche an, mich um die Kätzchen zu kümmern und alle wichtigen Wege zu übernehmen.
Maria fragte mich sogar, ob ich mal mit Rosi, dem dunkelbraunen Hannoveraner, welcher mich bei meinem letzten Besuch so liebevoll begrüßt hatte, spazieren gehen wöllte.
Nur mit ihr zusammen, antwortete ich. Streicheln ist ja die eine Sache, spazieren gehen kann ich mir gar nicht vorstellen, da ich die großen, anmutigen Samtschnäuzchen doch ein wenig furchteinflößend fand.
"Mach dir nie zu viele Sorgen um mögliche Konsequenzen oder Folgen deines Handelns. Höre auf dein Herz - du lebst nur einmal, Mädchen.", wies sie mich zurecht.
Einen Rat, den ich nur zu gern annehmen würde. Wie sie mir im Anschluss sagte, hat keiner ihrer Söhne diesen Rat befolgt und sie sind beide bisher nur unglücklich gemacht wurden, weil sie sich nie etwas getraut haben.
"Das müssen aber interessante Persönlichkeiten sein, ihre beiden Kinder.", kommentierte ich. Das Thema war jedoch schnell wieder vergessen und ich setzte mich mit Lilly auf meiner Schulter ins hohe Gras um Rosi und Thano zu beobachten.
Nach einiger Zeit krächzte es hiner mir und mit ein bisschen Fantasie konnte ich es als Miauen identifizieren, kurz bevor mir ein kleines Kätzchen auf den Rücken sprang, sich festkrallte und begann, mit meinen zusammengebundenen Haaren zu spielen.

DU LIEST GERADE
17 - his student
Teen FictionGefühle spielen gegen Angst. Gegen Gedanken und gegen die Vernunft. Dinge passieren. Geschehnisse verändern Menschen und zwischenmenschliche Beziehungen. Das Herz zerreißt einen, wenn man diese Person anschaut, doch gleichzeitig beginnt es wie wild...