O4 | AVELINA

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[A/N: Ich habe die Namen nochmal geändert, bitte seid nicht böse. Joshua und Maja waren irgendwie nicht mehr angebracht. Ich konnte mich mit den Namen leider nicht mehr identifizieren. Es sind jetzt Avelina ('kleiner Vogel') und Damian ('der Mächtige'). Joshua war auch einfach zu "weich" für die Person.]

Er hielt es nicht für nötig, mir hinterherzulaufen, soll mir recht sein.

Ich wünschte, ich könnte einfach abschalten und diese "Schwärmerei", ja, Obsession vergessen. Doch es ging nicht.

Die Busfahrt verlief unspektakulär, nur begann es zu regnen, als ich Ausstieg. Dicke Tropfen klatschten mir ins Gesicht. Windstille. Das Wetter macht nachdenklich.

Nicht, dass ich nachdenklich genug wäre. Ich kam zu Hause an, doch nichtmal der Anblick meines kuscheligen Bettes konnte mir ein Lächeln abringen. Ich zog die Gardinen zu, mir war danach.

Der Tag war anstrengend, irgendetwas hat mich ausgelaugt. Ich befreite mich von meinen Klamotten und zog eine Schlafboxer an. Mich bekam heute nichts mehr aus meinem Bett.

Ich schlief ein paar Stunden, doch er ließ mich auch im Traum nicht in Ruhe.

"Ave", sprach er mit seiner etwas kratzigen, angenehmen und nicht zu tiefen Stimme. Er kam mit grossen Schritten auf mich zu. Ich erkannte die Umgebung nicht, wir waren auf jeden Fall in einem spärlich beleuchteten Raum. Ich sah seine Silhouette vor mir und hob meinen Blick. "Ave.", wiederholte er, diesmal rauer als zuvor. Er strich mir über die Wange. Und dann küsste er mich.

Ich wusste nicht, was in mir explodierte. Es ist, als wären alle Gefühle, sämtliche Begierde und Lust auf dem Höhepunkt angelangt und würden sich gleichzeitig um das zehnfache steigern.

Meine Hand fuhr unter sein Hemd und legte sich auf seinem Brustkorb ab. Er küsste fordernder und seine linke Hand strich an meinem Rücken entlang. Ich bekam Gänsehaut. Er begann, meinen Hals entlang zu küssen und ich zog scharf die Luft ein.

Sofort wich er zurück, er hatte einen besorgten Gesichtsausdruck. Mich umschlang Kälte. Plötzliche Kälte. Innere Leere. Als wäre mein Innerstes erfroren, seitdem er sich entfernte.

Von dieser plötzlichen Leere erschrocken, wachte ich auf. Obwohl ich ihn schon seit längerer Zeit im Auge habe, war mir so etwas noch nie passiert. Von ihm träumen. Um Gottes Willen, was ist aus mir geworden?

Mein Blick fiel auf den Wecker, der mir in roten Zahlen 17:34 entgegenwarf. Ich wollte mich doch nur kurz hinlegen, war es wirklich schon so spät?

Und bevor ich mich an das Abendbrot machte, klappte ich meinen Laptop auf und gab wie so oft seinen Namen ein. Was habe ich mir erhofft? Bis auf das Repräsentationsbild seiner Universität, wo er stolz den Studiumsabschluss in den Händen hielt, erhielt ich wie immer keine Ergebnisse.

Er war im Internet absolut nicht präsent. Es störte mich. Ich wollte Bilder, Informationen, irgendetwas. Was ich damit angestellt hätte, wusste ich nicht. Die Frage nach dem Grund kann ich auch nicht beantworten.

Enttäuscht klappte ich meinen Laptop wieder zu. Ich war absolut nicht in der Stimmung, etwas zu essen, doch wollte ich meiner Mutter die Freude machen, das Abendbrot vorzubereiten. Gegen 19:00 würde sie aus dem Büro kommen und wenn ich einmal da war, dann könnte ich sie ja überraschen.

Mir ist die Bindung zu ihr sehr wichtig, da unsere kleine Familie nur aus uns beiden bestand. Durch ihre Arbeit als Chefsekretärin bei irgendeiner Versicherung, deren Namen ich nicht aussprechen kann, hat sie wenig Zeit und ist so gut wie immer im Stress.

Immernoch aufgewühlt von meinem Traum lief ich die Treppe hinab und ging in Richtung Küche.

Unsere Küche war großräumig, wenn auch nicht unbedingt modern. Doch das brauchte es zum Leben nicht. Wir wohnen in einem alten Gutshaus, welches zu einem Komplex gehört, der früher wahrscheinlich ein Bauernhof gewesen war. Das lässt sich momentan nur noch erahnen, doch ich mochte es. Die Efeuranken an der Außenwand ließen unser Haus verwunschen, beinahe märchenhaft erscheinen.

Ich stellte mich an den Herd und setzte das Nudelwasser auf. Wie schön wäre es wohl, wenn er sich von hinten an mich schleichen, mit seinen Händen um meine Hüfte greifen und mir ins Ohr flüstern würde?

Mit diesem Gedanken verband ich mein Handy mit meiner kleinen Musikbox und spielte meine Lieblingsplaylist ab. Über Jahre war sie entstanden und es fanden sich Lieder für jede Stimmungslage.

Als ich gerade die Tomaten zu den bereits gebratenen Zwiebeln und der Wurst in die Pfanne gab, hörte ich, wie sich der Schlüssel meiner Mutter das Schloss in Bewegung setzte, doch ließ mich davon nicht beirren.

Angestrengt kam meine Mutter herein und stellte ihre Tasche ab, bevor sie fein säuberlich den schwarzen Mantel an die Garderobe hing und mich begrüßte.

"Hey Ave, ich konnte eine Stunde eher Feierabend machen und bin deshalb schon da. Wie war die Schule? Wie geht's dir? Uff, das duftet, kochst du? Das hätte ich doch auch gemacht, Mensch, du hast doch bestimmt noch Hausaufgaben!"

Wenn sie einmal begann zu reden, dann ohne Pause und wahrscheinlich sogar ohne Luft zu holen. Aber das störte mich nur manchmal, zum Beispiel heute, wo ich gedanklich absolut nicht anwesend bin. Ich antwortete ihr und drehte den Herd runter.

Meine Mutter half mir, das Essen auf unseren Tellern zu verteilen, lobte mich noch einmal und verschwand dann im Wohnzimmer.

17 - his studentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt