⟪𝟙𝟡⟫

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Das beste wäre wirklich, wenn ich noch ein paar Nächte drüber schlafen würde und versuche, das alles zu verarbeiten und damit zurecht zu kommen...

Die Tage vergingen schneller als gedacht. Ich war gerade dabei Elina vom Kindergarten abzuholen und war schon sehr nervös. Es war zwar nicht neues, dass ich auf Elina aufpasste, aber es fühlte sich anders an, mit dem Wissen, dass es meine Tochter ist. „Papi, hab dich vermisst", rief sie, als sie mich sah und auf mich zu rannte. „Und ich hab dich vermisst mein Schatz", sagte ich und nahm sie in den Arm. „So und jetzt holen wir deine Sachen und sagen noch tschüss." Fröhlich holte sie ihre Sachen, wir verabschiedeten uns von den Erzieherinnen und liefen zum Auto. „Wie war's im Kindergarten?", fragte ich. „Super schön, aber jetzt bist du da und es ist sooooo viel schöner", lachte sie.

Noch hatte ich keinen genauen Plan, was ich das Wochenende machen sollte. Ich hatte mir für Elina das gesamte Wochenende frei genommen, um ganz viel Zeit mit ihr zu haben. Das einzige, was ich noch machen müsste, wäre Lena Bescheid zu sagen, dass ich Elina abgeholt hatte. Das war das, was sie von mir verlangte. Die letzten Tage, eher gesagt, die letzten eineinhalb Wochen, hatte ich mich nicht bei Lena gemeldet. Sie hatte mir ebensowenig geschrieben, bis auf vor zwei Tagen, um mich zu fragen ob das mit Elina klappt, dass ich sie übers Wochenende zu mir nehmen würde. Die letzten Tage nutzte ich, um über alles nachzudenken, aber auch um etwas abzuschalten. Wie das mit Lena und mir weitergehen würde, wusste ich nicht. Ich wollte aber noch auf Abstand bleiben.

„Elina, geh mal bitte Hände waschen, ich muss deiner Mama noch kurz etwas schreiben und dann habe ich ganz viel Zeit für dich", sagte ich, als wir meine Wohnung betraten und sie sofort ins Wohnzimmer wollte. Elina nickte und lief ins Badezimmer. So hatte ich kurz Zeit, um Lena zu schreiben.

«Elina ist bei mir, ich habe sie abgeholt. Nur damit du Bescheid weißt»

Ich schickte die Nachricht schnell ab und kümmerte mich nun um Elina. „Papi? Ich versteh das nicht. Warum weiß ich erst jetzt, dass ich zwei Papas habe? Weil Papa ist mein Papa und du auch, aber du hast doch meine Mama nicht so lieb, wie Papa und Mama sich lieb hatten." Mit großen Augen stand sie vor mir und erhoffte sich eine Antwort, die ich ihr aber nicht geben konnte. Ich versuchte auch erstmal zu verstehen, was sie mir sagen wollte. „Weißt du, irgendwann, wenn du noch viel größer bist, dann wirst du das verstehen. Jetzt komm, du hast sicher Hunger." Sie gab sich mit dieser Antwort zufrieden und wollte mir sogar beim kochen helfen. Die ganze Zeit während wir zusammen kochten, war sie fröhlich und erzählte von ihrem Tag im Kindergarten. Doch nach dem Essen legte sie sich müde auf die Couch. „War's so anstrengend im Kindergarten?", fragte ich und legte mich neben sie und ging ihr sanft durch die Haare. „Nein, Kindergarten war schön. Wann kommst du wieder zu Mama und mir nach Hause? Dann können wir zusammen spielen", fragte sie mich. Bei dieser Frage wurde mir ganz komisch. Ich würde ihr gerne diesen Wunsch erfüllen, aber ich wusste nicht, ob das so schnell gehen würde. „Irgendwann komme ich mal wieder. Aber erstmal bist du dieses ganze Wochenende bei mir und am Montag bringe ich dich in den Kindergarten. Also wir verbringen dieses Wochenende ganz viel Zeit zu zweit, nur du und ich. Am Montag bist du dann wieder bei deiner Mama", erklärte ich. Als sich Elina an mich kuschelte, spürte ich dieses Glücksgefühl und die Liebe von ihr, die sich durch meinen Körper zog.

„Mama ist traurig. Weißt du warum sie traurig ist? Ich habe die letzten Tage Mama immer weinen gesehen", seufzte sie und schloss die Augen. Irgendwas lösten genau diese Worte in mir aus. Mir war klar, wieso Lena traurig war und für einen Moment bekam ich Mitleid. Elina leidet genauso darunter, wenn ihre Mutter traurig ist. Welches Kind sieht denn schon gerne, wenn die Eltern traurig sind. Das alles brachte mich so durcheinander. Ich wollte nur, dass es meiner Tochter gut ging, aber ob ein Gespräch mit Lena  überhaupt helfen könnte? Ich war noch nicht bereit für ein Gespräch, um das mit ihr zu klären und ich war mir ziemlich sicher, dass es nie wieder so sein wird, wie es mal war. „Das wird wieder, mach dir da keine Gedanken. Ich werde bald auch mit ihr reden. Und weißt du wie du deiner Mama ein bisschen helfen kannst?" Sie öffnete die Augen und schaute mich fragend an. „Wenn du mit ihr kuschelst und ihr sagst, wie lieb du sie hast. Darüber wird sie sich sicher freuen."

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