Wie versteinert stand ich an der Tür und schaute meine Mutter an. „Darf ich reinkommen und meine Enkelin kennenlernen?“, fragte sie. „Ich dachte, du bräuchtest den Vaterschaftstest, als Beweis, dass es meine Tochter ist, bevor du sie als deine Enkelin ansiehst“, meinte ich und wollte sie gar nicht wirklich in die Wohnung lassen. „Ja das schon, aber lässt du wenigstens deine Mutter rein, damit wir darüber nochmal reden können?“ Unsicher senkte ich meinen Blick. Ich wusste nicht, was meiner Mutter in sich gefahren war und wieso sie plötzlich Elina kennenlernen wollte. Die Tage vorher hielt sie mir einen langen Vortrag, weshalb ich diesen Vaterschaftstest machen sollte und wie wichtig ihr es doch sei. „Eigentlich wollte ich die Zeit mit meiner Tochter alleine verbringen. Als ich dir erzählt habe, dass sie für ein paar Tage bei mir ist, meinte ich nicht, dass du sofort hier aufkreuzen sollst“, sagte ich leicht genervt.
„Papi? Kommst du wieder kuscheln? Wer ist das?“ Sie stand müde, mit ihrem Kuscheltier in der Hand, im Flur und schaute mich mit großen Augen an. Ich komme gleich mein Schatz. Leg dich bitte wieder auf die Couch. Kaum hatte ich mich zu meiner Tochter gedreht, betrat meine Mutter die Wohnung. Darf ich die Nacht wenigstens noch bleiben? Sonst muss ich mir ein Hotel suchen. Mir passte der Besuch meiner überhaupt nicht, doch brachte ich es nicht übers Herz, sie für die Nacht in ein Hotel zu schicken. Mir blieb also nichts anderes übrig, als meine Mutter meiner Tochter vorzustellen. Du kannst bleiben, Mama, meinte ich schließlich.
Ängstlich kam meine Tochter auf mich zu und klammerte sich an mein Bein. Elina, alles gut. Das ist nur meine Mama, also deine Oma, erklärte ich ihr. Allerdings beruhigte sie das nicht und klammerte weiterhin an meinem Bein. So nahm ich sie auf meinen Arm und ging mit ihr ins Wohnzimmer, wo sich meine Mutter ebenfalls auf die Couch setzte. Mama, das ist Elina, meine Tochter und Elina, das ist meine Mama, also deine Oma. Sie möchte dich kennenlernen. Allerdings blieb Elina weiterhin ängstlich, anders hatte ich es eigentlich auch nicht erwartet, da sie sehr schüchtern bei fremden Menschen ist. Aber ich habe schon eine Oma, meinte Elina plötzlich. Genau, also deine Mama hat eine Mama und das ist deine Oma. Bei deinem Papa genauso und ich habe auch eine Mama, also hast du noch eine Oma, erklärte ich ihr. Da nickte sie verständnisvoll.
Meine Mutter merkte, dass sie Angst vor ihr hatte und holte ein kleines Stofftier aus ihrer Tasche. Schau mal Elina, ich hab da was für dich, sagte sie und hielt ihr es hin. Ein kleiner Elefant, der ist für dich. Mit großen Augen schaute sie den Elefanten an und anschließend mich. Ich nickte und erlaubte ihr somit den Elefanten anzunehmen. Schüchtern nahm sie den Elefanten und schaute mich wieder an. Was sagt man?, fragte ich. Danke, sagte sie leise. Ich spürte, dass Elina keine Lust auf ihre Oma hatte. Das würde sich erst legen, wenn sie sie besser kennt. Muss auf Klo, hab Bauchweh, meinte Elina und stand auf.
Elina ist schüchtern, sagte ich zu meiner Mutter. Wenn sie dich besser kennt, dann wird sie viel aktiver und ist nicht mehr so ängstlich, fügte ich hinzu. Tut mir leid, dass ich euch so überfallen habe. Ich dachte, wenn du sie einmal hast, könnte ich mal vorbeikommen und sie kennenlernen. Hast du mit ihrer Mutter geredet? Also wegen des Vaterschaftstest? Ist sie einverstanden? Da dachte ich im ersten Moment, sie hätte es eingesehen, dass sie nicht hätte kommen sollen und dann stellte sie mir wirklich diese Fragen. Ja, sie ist einverstanden. Können wir das ein anderes bereden? Ich möchte nicht, dass Elina das mitbekommt. Mir wäre es außerdem lieber, wenn du dich nicht in unsere Angelegenheiten einmischen würdest. Zwischen- Doch da stoppte ich. Ich wollte ihr nicht zu viel sagen, um weiteren Gesprächen aus dem Weg zu gehen und damit sie sich nicht weiter in meine Angelegenheiten einmischt. Ist ja gut Marek. Ich verstehe, dass du sauer bist, aber du musst auch mich verstehen. Elina ist meine Enkelin und ich erfahre erst jetzt davon. Sie ist fünf Jahre alt. Weißt du wie viel Zeit das ist? Ich nickte. Das wird schon. Du kannst das jetzt auch nicht ändern. Was machte ich denn jetzt nur mit meiner Mutter? Mir passte es nicht, dass sie hier war, doch wollte ich sie auch nicht wegschicken. So saßen wir schweigend auf der Couch, bis ich mich nach ein paar Minuten wunderte, wo meine Tochter blieb. Sie wollte doch nur kurz auf Toilette gehen. Ich schau mal nach Elina, meinte ich und stand auf.
Elina? Mein Schatz ist alles in Ordnung bei dir? Doch ich bekam keine Antwort von ihr. Elina? Wieder nichts. Da öffnete ich die Badezimmertür und sah meine Tochter auf dem Boden sitzen. Was ist los?, fragte ich besorgt und setzte mich neben sie auf den kalten Boden. Aua, sagte sie, deutete auf ihren Bauch und fing an zu weinen. Hast du schon lange Bauchweh? Elina nickte. Erst nicht so doll, aber jetzt tut's ganz dolle weh. Das hörte sich nicht gut an. Ich machte mir Sorgen und hatte kein gutes Gefühl bei dieser Sache. Warst du schon auf der Toilette?, fragte ich nach. Ja, aber tut noch weh, schluchzte sie. Hände gewaschen? Da schüttelte sie den Kopf. Vorsichtig nahm ich sie auf den Arm und ging mit ihr zum Waschbecken, damit sie sich ihre Hände waschen konnte. Anschließend ging ich mit ihr wieder ins Wohnzimmer und legte sie dort hin. Bleib du hier liegen. Deine Oma passt kurz auf dich auf und ich hole dir was gegen deine Bauchschmerzen. Meine Mutter machte sich nun auch sichtlich Sorgen und gab mir ein kleines Zeichen, dass sie versuchen wird, sich um Elina zu kümmern, während ihr was holen kann. So ging ich in die Küche und machte ihr einen Fencheltee und eine Wärmflasche dazu. Währenddessen hörte ich, wie meine Mutter sanft auf Elina einredete und sie beruhigte. Anscheinend konnte sie etwas Vertrauen zu ihr aufbauen, denn ich hörte, wie Elina mit meiner Mutter sprach.
Als ich mit der Wärmflasche und einer Tasse Tee zurück ins Wohnzimmer kam, weinte Elina noch immer und hielt sich vor Schmerzen die Arme vor dem Bauch, während sie ihre Beine angewinkelt hatte. Trink mal was, meinte ich zu ihr und reichte ihr die Tasse mit dem Tee, den ich vorher etwas mit kaltem Wasser gemischt hatte, damit er nicht ganz so heiß ist. Mag nicht, meckerte sie. Mir ist schlecht, fügte sie hinzu. Ich stellte die Tasse Tee ab und setzte mich zu Elina auf die Couch. Sie ist auch etwas warm, meinte meine Mutter. Als ich meinen Handrücken auf ihre Stirn legte, spürte ich diese Wärme. Du hast wieder Fieber, stellte ich fest. Das zweite Mal, dass ich sie hatte und das zweite Mal, dass sie krank war. Probiere mal diese Wärmflasche, sagte ich und legte sie vorsichtig auf ihren Bauch. Das ist aber warm und tut weh. So langsam war ich am Verzweifeln. Sie wollte den Tee und die Wärmflasche nicht haben. Trink bitte ein bisschen was. Ich kann dir sonst schlecht helfen. Widerwillig nahm sie die Tasse Tee und trank einen Schluck daraus. Vorhin ging es ihr doch gut und nun von jetzt auf gleich, ging es ihr so schlecht. Seit wann hast du Bauchweh?, fragte meine Mutter die Kleine. Seit zu Hause bei meiner Mama. Aber zu Hause war das nur wenig. Da waren schon ein paar Stunden vergangen und ihre Bauchschmerzen wurden bis jetzt stärker. Mir gefällt das nicht Marek. Mir gefiel es ebenfalls nicht. Warum hast du nicht früher was gesagt? Elina zuckte nur mit den Schultern. War nicht so dolle vorhin, meinte sie dann.
Meine Mutter schien einen Verdacht zu haben, weshalb sie wollte, dass ich mit ihr kurz ins Schlafzimmer ging. Weißt du noch damals bei deiner Nichte? Sie hatte auch mal so Bauchschmerzen wie Elina. Vielleicht hat sie sowas wie eine Blinddarmentzündung. Muss nicht sein, ich hoffe auch nicht, aber ich habe kein gutes Gefühl dabei und Elina meinte, sie hat schon länger Bauchschmerzen. Ich atmete einmal tief durch und stimmte meiner Mutter dann zu. Meinst du, ich sollte zur Sicherheit mit ihr ins Krankenhaus fahren? Sie nickte. Es muss nichts sein, aber es wäre vielleicht besser. Ich befolgte den Rat meiner Mutter und wollte mit Elina ins Krankenhaus fahren, da der Kinderarzt schon geschlossen hatte.
Zurück im Wohnzimmer sah ich, dass meine kleine Tochter sich übergeben hatte. Elina, wir ziehen uns an und fahren dann zum Arzt und der wird dir dann helfen. Erst zog ich mir Schuhe und Jacke an und half anschließend meiner Tochter. Ich bleibe hier, wenn was ist, dann rufst du mich an, meinte meine Mutter. Da fiel mir ein, dass es vielleicht besser wäre, wenn ich Max oder Lena Bescheid geben würde. Zumindest das sollten sie wissen. Doch erst fuhr ich mit meiner Tochter ins Krankenhaus.
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Just one Secret
FanfictionSchon 6 Jahre trägt Lena ein Geheimnis mit sich. Erst nach der Trennung mit Max wird ihr klar, dass sie darüber reden muss. Wie wird sie das schaffen? Schafft sie es überhaupt dieses Geheimnis mit anderen zu teilen? Schafft sie es sich ihrem besten...