Er holte mich zurück in die Realität.
"Verdammt ich bin so kaputt", sagte ich, drückte mich von ihm weg und lächelte ihn mit all meiner verbliebenen Kraft, die ich noch hatte, an.
"Du bist nicht kaputt. Du hattest nur ein paar anstrengende Wochen, okay?".
"Vielleicht hast du Recht. Ich heule normalerweise nicht einfach so, tut mir leid", sagte ich. Das letzte Mal als ich geweint hatte, war auf der Beerdigung meiner Mutter gewesen und das ist nun fast ein ganzes Jahrzehnt her. Was stimmte mit mir nicht? Es war ungewöhnlich, dass ich mich so mitreißen ließ von Sachen, die mich eigentlich gar nicht so stark betrafen.
"Hör auf so zu tun, als wäre Weinen was Schlimmes! Dir geht es schlecht und das ist vollkommen okay. Du sollst dir keine Vorwürfe machen!". Alexy schüttelte mich, als wäre ich ein ungezogenes, kleines Kind das etwas verbrochen hatte. Etwas überrascht war ich von seiner Reaktion schon, sodass ich für kurze Zeit meinen Frust vergaß und ihn ungläubig anstarrte.
"Verstanden Papa", sagte ich nebenbei und Alexy, der die Augen angestrengt zusammengekniffen hatte, riss seine Augen auf einmal weit auf.
"Oh Gott, tut mir leid". Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Ich musste schmunzeln und nahm seine Hand.
"Kann ich in eurem Zimmer heute Nacht schlafen? Bis die Rasselbande in meinem Zimmer mal Ruhe gibt, kann ich mich schon für den Unterricht morgen fertig machen....". Ich sah wie er erneut rot wurde, wenn er das nicht sowieso die ganze Zeit war, und auf unsere ineinanderverschlungenen Hände guckte.
"J-Ja-a. Kl-a-r. Komm mit", stotterte Alexy und zog mich durch die leeren Flure, bis hin zu dem Zimmer der Jungs.Es war dunkel und kalt im Zimmer, was an dem Fenster lag, dass sie offen gelassen und an der Rollade, die sie anscheinend einfach nicht hochgezogen hatten. Ein Schauer lief über meinen Rücken, als mir die Kälte förmlich entgegensprang.
"Sorry. Ist etwas kalt hier", sagte Alexy und schloss das Fenster.
"Etwas?". Ich fuhr mir über die Arme, auf denen sich eine Gänsehaut gebildet hatte und ich schüttelte mich.
Alexy dreht die Heizung etwas nach oben und knipste eine Nachtischlampe in einer Ecke des Raumes an. Der Raum wurde in ein schwaches Licht getaucht und fühlte sich direkt etwas freundlicher an, obwohl es immernoch sehr unordentlich war. Das würde sich wohl nie ändern.
"Das Bett deines Bruders kennst du ja. Ich hole dir noch eine neue Decke aus dem Schrank und dann...".
"Hast du auch ein T-shirt für mich? Ich will nicht wirklich in den Sachen schlafen....die erinnern mich irgendwie an Tod", fragte ich Lexy, der nervös durch das Zimmer stampfte.
"Sicher. Tut mir leid...dein Bruder hat glaube ich keine sauberen T-shirts mehr", antwortete er und zog ein paar zusammengeworfene Klamottenhaufen aus dem Teil des Schrankes, der meinem Bruder gehörte. Verärgert warf er sie auf den Boden und hielt angeekelt eine Boxershorts von sich.
Ich kicherte und eine Welle an Selbstbewusstsein übermannte mich. Es lag vielleicht an all den Emotionen des Tages, die all meine Unsicherheiten davongefegt hatten, aber es gefiel mir auf einmal sehr, wie ich Alexy nervös machte.
"Wie wäre es mit deinem T-shirt? Ich gebe es dir morgen auch zurück...". Ich gähnte und ohne eine Antwort von ihm abzuwarten kramte ich auch schon nach einem Teil was mir gefiel.
"D-Du willst nicht irgendwas von Chay nehmen?", fragte Lexy und griff über meine rechte Schulter hinweg, um eines seiner T-shirts aus meinen Händen zu nehmen.
"Der lockt mich in eine dunkle Gasse und zerstückelt mich, wenn ich seine Designersachen anfasse". Die traurige Wahrheit.
"Du kannst das hier haben und dich im Badezimmer umziehen". Ich nahm ihm das T-shirt aus der Hand und obwohl ich in jedem Fall das Badezimmer zum Umziehen bevorzugt hätte, war ich viel zu erschöpft um jetzt noch klar zu denken. Ich merkte es in diesem Moment selbst, doch es kümmerte mich nicht im Geringsten, ob ich es am nächste Tag bereuen würde, als ich mir bereits mein Kleid über den Kopf zog. Ich spürte wieder die kalte Luft auf meiner nackten Haut und mit verschleichertem Blick sah ich zu Alexy, der sichtlich überrascht war und sich abrupt umdrehte, als er aus seiner Trance erwachte.
"Verdammt Cap...wenn jetzt jemand reinkommt...dein Bruder bringt mich um", sagte er und hielt sich vorsichtshalber auch noch eine Hand vor die Augen, obwohl er schon mit dem Rücken zu mir stand. Es belustigte mich wie unschuldig er war, auch wenn ich sonst nicht anders als er reagiert hätte. Ich zog sein Shirt über den Kopf und ließ mich auf das Bett meines Bruders fallen.
"Du kannst dich auch wieder umdrehen, Lexy, weißt du", sagte ich und legte mich zurück gegen ein Kopfkissen, dessen Füllung nur auf einer Seite war. Ansonsten bestand es nur aus Kopfkissenbezug.
"Besser nicht", flüsterte er und ich gab mich damit zufrieden. Ich hatte ihn für diesen Abend genug geärgert, vorallem weil die Müdigkeit Stück für Stück meinen Kopf benebelte.
"Danke, Lexy", waren meine letzten Wort, bevor mir die Augen zufielen und alles schwarz wurde. Ich hörte nur noch seinen leisen Atem, der mich beruhigt einschlafen ließ.
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~Rich and dead~
Romance"Sie ist tot. Ich habe es gesehen, gefühlt.....mir ist so kalt, dass kein Feuer der Welt mich wärmen kann". Caprice Celestine Middleton liebt das ruhige Leben an ihrem Mädcheninternat. Sie hat Freunde, Hobbies und gute Noten. Als ein Brand dafür sor...