Dreimal hatte mein Vater versucht anzurufen, bevor wir an unserem Ziel ankamen. Einem kleinen Schloss mitten in einer reichen Villengegend. Es stand ganz am Ende der Straße und musste natürlich das größte und pompöseste Haus von allen sein, ansonsten wäre es nicht genug.
"Also ihr wollt mir erzählen, dass ihr monatlich an solchen Orten Champagner und Kavier zum Abendessen gereicht bekommt? Der Vorgarten ist dreimal so groß wie unser Grundstück". Alexy starrte kritisch auf das Gebilde vor uns, in welches Massen an Menschen in teuer aussehenden Abendgewändern strömten, beleuchtet von Scheinwerfern.
"Es wäre mir auch lieber, wenn wir nur einmal pro Jahr zu soetwas gehen müssten. Von Kavier bekomme ich Magenkrämpfe". Alfie streckte und dehnte sich in seinem Anzug und ich konnte den Stoff förmlich um Hilfe schreien hören.
"Also ich mag es. Papa und Daddy stellen mich immer interessanten Leuten vor und mindestens die Hälfte von denen haben mir bereits einen Job als Model angeboten". Violet liebte Aufmerksamkeit, das Gefühl zu der feinen Gesellschaft zu gehören und oberflächliche Komplimente zu bekommen. Sie war diejenige von uns, die am meisten in diese Welt von Glitzer, Glamour und Fake reinpasste, während ich mich immer deplatziert an einen Tisch stellte und hoffte mich würde keiner ansprechen. Mein Bruder zog sowieso sein Ding durch und brachte uns dadurch meist in Schwierigkeiten, aber er ließ sich nicht einschüchtern von der Elite. Unbewusst klammerte ich mich an Alexys Arm, der beruhigend immer wieder über meine Hand strich. Eigentlich sollte ich ihn beruhigen, schließlich war das für ihn eine komplett neue Welt und er wurde regelrecht ins kalte Wasser geschmissen.
"Lasst uns gehen. Dad kriegt gleich einen Zusammenbruch, wenn wir noch später kommen", sagte ich und wir setzten uns in Bewegung.
"Es ist uncool pünktlich zu einer Party zu kommen. Es heißt ja nicht umsonst 'Das Beste kommt zum Schluss'". Violet hatte ihre Nervosität wohl verdrängt und jetzt strahlte sie ihr altbekanntes Selbstbewusstsein aus, als sie stolz die edle Einfahrt emporschritt. Links und rechts standen Linden, alle in regelmäßigen Abständen und perfekt zurechtgeschnitten. Kein Grashalm des grasgrünen Rasens stand quer, kein Blatt lag auf unserem Weg und alle paar Meter stand ein Wachmann, ob für den Rasen oder als Wegweiser war unklar. Von den Leuten vor und hinter uns konnte man ab und zu Wortfetzen auffangen, die soviel sagten wie 'Schönes Kleid', 'Wie viel kosten diese Schuhe' oder 'Neuer Lover, wie viel Jahre jünger ist er denn?'.
"Der Wahnsinn. Dieser Medienguru von dem euer Vater geredet hat scheint echt Einfluss zu haben. Ich habe selten so viele Leute auf einer Veranstaltung gesehen". Wenn Violet es so ausdrückte klang es wie etwas Gutes, dabei wusste ich wie anstrengend dieser Abend werden würde.Wenn man vom Teufel sprach: Mein Vater stand neben der großen Eingangsforte und unterhielt sich mit einem älteren Mann in einem blauen Anzug, beide einen Whiskey in der Hand. Wohl oder Übel musste ich dieses Aufeinandertreffen jetzt angehen.
".....sehr hübsch. Sie kommt nach mir. Klug und Fleiß liegen bei ihr im Blut". Das Thema zwischen den beiden befasste sich also mit einer Frau. Alles was ich hoffen konnte war, dass es nicht um mich ging. Bruder warf mir einen gequälten Blick zu, ebenso wissend, dass wir an dieser Sache nicht vorbei kamen oder einfach umdrehen konnten. Etwas grob nahm er Violets Hand und ging auf meinen Vater zu. Zögerlich hakte ich mich bei Lexys ein und folgte den beiden.
"Oh Jonathan. Hier kommt mein Ältester, Alfred", sagte mein Vater ungewöhnlich stolz,"und er hat auch eine wundervolle Begleitung dabei. Es ist schön dich zu sehen, Violet". Mein Vater klopfte Alfie väterlich auf den Rücken und küsste danach Vio auf beide Wangen. Es war so üblich in diesen Kreisen und egal wie aufrecht und elegant es auf die Außenwelt wirken könnte- es war oberflächlich. Meiner Meinung nach sollte man solche Gesten nur machen, wenn sie auch wirklich etwas bedeuteten. Ansonsten konnte man die Sache auch direkt lassen.
"Oh. Und darf ich dir den Stolz der Familie präsentieren. Das ist meine Tochter Caprice". Er schob Alfie regelrecht zur Seite, legte mir einen Arm um die Schultern und küsste mich auf die Stirn, als wäre ich ein kleines Mädchen. Ich versuchte nichtsdestotrotz ein Lächeln aufzulegen und diesen Jonathan anzugucken. Er war bestimmt einer der Geschäftspartner meines Vaters und wenn ich nicht einen guten Eindruck hinterließ hieß das, dass ich den Abend unter strenger Beobachtung stehen würde.
"Ich hab dich auch vermisst Dad", presste ich heraus und versuchte Alfies Augendrehen zu ignorieren. Er reichte auch Alexy kurz die Hand, sichtlich überrascht, dass ich überhaupt eine Begleitung mitgebracht hatte und froh, dass es zumindest nicht Kenan war. Ich wusste, dass er weiter nachfragen würde, wenn ihn nicht dieser Jonathan angesprochen hätte.
"Du hast nicht übertrieben Jules. Deine Tochter kommt ganz nach dir. Ich hoffe doch wir dürfen bald mehr von ihrer reizenden Person auf Events wie diesen sehen". Den Blick den er mir zuwarf gefiel mir nicht, doch noch weniger gefiel mir die Ignoranz meines Vaters, dem dies vollkommen egal war. Vielleicht bemerkte er es auch einfach nicht, doch egal was es war, es war deprimierend.
"Nicht war. Ich versuche sie und meinen Jungen hier immer wieder zu überreden, aber der Weg ist weit und die Schulen zu teuer, als das die Studien vernachlässigt werden sollten". Jeder lachte, doch es war erzwungen und falsch. Alexy stand gute zwei Meter von mir entfernt, vermutlich weil er Angst hatte, mein Vater könnte den falschen Eindruck von uns bekommen. Ein bisschen ärgerte es mich, wie er ausgerechnet jetzt nicht zu seinen Gefühlen für mich stand.
"Mr. Middleton? Ich denke wir sind alle etwas durstig von der Fahrt. Könnten wir uns entschuldigen?", fragte Violet, die selbst etwas unbeholfen neben unserer kleinen Gruppe gestanden hatte. Sie drückte sich nie so aus, umso beeindruckender war ihre professionelle Art, wenn du Situation es erforderte.
"Natürlich mein Liebe, tut mir leid. Caprice? Könnte ich dich einen Moment entführen mein Schatz?". Mein Vater lächelt erstaunlich sanft und ich nickte, allerdings nicht ohne Jonathan aus dem Augen zu lassen.
"Wir warten drinnen auf dich, Schwesterherz", sagte mein Bruder, nahm nun eher liebevoll Vios Hand und führte sie durch die Eingangsforte. Alexy warf mir einen Blick zu und folgte ihnen.
"Lass uns etwas abseits reden, Schatz", mein Vater drückte mich sanft in Richtung Rasen und rief Jonathan zu, "ich komme gleich auf unser Gespräch zurück mein Freund. Es wird nicht lange dauern".
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~Rich and dead~
Romance"Sie ist tot. Ich habe es gesehen, gefühlt.....mir ist so kalt, dass kein Feuer der Welt mich wärmen kann". Caprice Celestine Middleton liebt das ruhige Leben an ihrem Mädcheninternat. Sie hat Freunde, Hobbies und gute Noten. Als ein Brand dafür sor...