Kapitel 5: Konflikte

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Man könnte meinen, es wäre eine Bombe eingeschlagen, so ein Chaos herrschte gerade in einem nur mäßig großen Raum, sodass ich Angst hatte totgetrampelt zu werden. Ich hatte Violet und Esme irgendwo verloren und mich ans rettende Ufer begeben: Die riesige Fensterbank, auf der ich nun kauerte wie eine Spinne an der Wand, während die Mädchen alle versuchten zum Ausgang zu gelangen und unseren Besuch zu sehen. Während ich mich noch fragte, was an einem Haufen nervender und stinkender Jungs so toll sein sollte, bemerkte ich eine Präsenz, die sich neben mir platzierte. Ein hübsches Mädchen mit braunen Haaren und dunkler Haut schien verunsichert und begutachtete den wilden Haufen mit Skeptik.

Ich hatte sie noch nie gesehen und schloss daraus, dass sie neu sein musste. Ihr erster Tag und die Arme musste direkt so ein Durcheinander ertragen. Aus einer Intention heraus und vollkommen gegen meine Natur rutschte ich zu ihr hinüber, legte eine Hand auf ihre Schulter und wich dabei Irene aus, die gerade dabei war, alle ihr im Weg stehenden Personen wegzurempeln ohne Rücksicht auf Verluste. Typisch.

Zu meiner Persönlichkeit gehörte, dass ich Einzelgängerin war, nie darauf bedacht möglichst viele Freunde zu haben, obwohl ich mich mit allen gut verstand, meinem Bruder und Fiona mal ausgenommen. Esme war damals einfach da gewesen, meine Zimmergenossin und mit der Zeit gewordene beste Freundin, während Violet....nun ja, sie war schwer abzuwimmeln und zu dickköpfig, als das sie jemals aufgegeben hätte mich zu bearbeiten, weswegen ich irgendwann nachgegeben hatte. Man würde es kaum glauben, wenn ich davon berichten wrde, was genau sie tat um das zu bekommen, was sie will. Es stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass sie eine gute Freundin war. Sehr speziell, aber gut. Wieso auch immer ich jetzt das neue Mädchen ansprach, blieb mir ein Rätsel, doch ich tat es und sie sah mir in die Augen.

"Bist du neu hier?", brüllte ich gegen das Stimmenwirrwar und mit fragendem Blick. Sie überlegte kurz, lächelte dann und nickte. "Ja. Ich bin Corinne. Corinne Dubois". Auch sie musste beinahe schreien, was unser ganzes Kennenlernen irgendwie versaute, doch zumindest schien sie freundlich. "Caprice Middleton. Aber nenn mich Cap, machen die meisten hier", sagte ich und sah für einen kurzen Moment zu Ms. McArthur rüber, die verloren aussah und nicht mehr Herr der Lage war. Vielleicht hätte sie uns erklären sollen, warum auf einmal das andere Geschlecht an unserer Schule auftauchte und das auch noch in einer solchen Menge.
"Weißt du was das alles hier soll?", fragte mich nun Corinne, die meinem Blick gefolgt war. "Nein. Als Ms. McArthur gesagt hatte es wird Änderungen geben, hatte ich zumindest nicht mit so etwas gerechnet". Ein Blick Richtung Menge verriet mir, dass wohl irgendwo ein Stau entstanden war, denn mittlerweile bewegte sie sich nicht mehr.
"Ihr wurdet also auch nicht informiert?", fragte Corinne und ich schüttelte den Kopf zur Antwort. Hätte mein Vater gewusst, dass hier in irgendeiner Hinsicht männliche Wesen auf das Internat gehen würden, dann hätte er mich Zuhause eingeschlossen und mir Privatunterricht gegeben.

QQ"Scheint so als würde es da vorne nicht mehr weitergehen", stellte nun auch Corinne fest und runzelte die Stirn. Es dauerte etwas, doch dann sah ich Violets Haarschopf mitten in der Menge, als sie, mit Esme im Schlepptau, auf uns zukam. Ähnlich wie Irene drängelte sie sich durch die Mengen und sah dabei ziemlich wütend aus. Was auch immer sie gesehen hatte musste wohl eine ziemliche Enttäuschung gewesen sein.
"Cap! Cap!", schrie sie und winkte wie eine Bekloppte, so dass Esme peinlich berührt ihr Gesicht verdeckte. "Kennst du dieses Mädchen?" Corinne sah mich mitleidig an und zu meinem Bedauern, war dies leider meine beste Freundin. "Caprice!" Als hätte ich sie nicht schon längst gesehen, schrie Vio meinen Namen durchgehend, bis sie und Esme letztendlich vor mit standen. "Wo warst du?!? Du wirst kochen wenn ich dir erzähle, wer da auf unserer Fußmatte steht". Sie stockte und sah zu Corinne. "Und wer bist du?" Ihr Ton klang abwertend, obwohl ich wusste, dass sie es nicht so meinte. Sie war offen und freundlich zu jedem Menschen, solange dieser ebenfalls offen und freundlich blieb. Anscheinend schien die Situation nervenaufreibender, als ich bis jetzt angenommen hatte.

~Rich and dead~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt