WarriorCats - Sturmpfotes Schicksal

Die große Versammlung

Aufgeregt tappte Sturmpfote hinter ihrem Mentor durch das Territorium zum Versammlungsort. Schnellfuß hatte ihr bereits erzählt, dass sich die Clans auf einer Insel im See trafen, und sie konnte es laum erwarten, endlich diesen Ort zu betreten. Endlich erreichten sie die Baumbrücke, und Schnellfuß ließ sich hinter seine Schülerin zurückfallen. "Vorsicht, rutschig." maunzte er leise, als Sturmpfote hinter den anderen Katzen auf den Stamm sprang und die Krallen ausfuhr. Die Rinde war glitschig und voller Moos, und ihr schauderte. Das Wasser des Sees rauschte unter ihr, und bereits nach wenigen Schritten verlor sie das Gleichgewicht und kam gefährlich ins Rutschen, doch sofort war ihr Mentor neben ihr, packte sie am Nackenfell und zerrte sie wieder auf den Baumstamm. Der braunweiße Kater schnurrte belustigt und ließ sie erneut vorgehen. Diesmal schaffte sie es ohne weitere Zwischenfälle zum Ende des Stammes, sprang auf das weiche Gras der Insel und sah sich um. Einige Bäume standen auf der kleinen Insel, überall standen oder saßen bereits Katzen in kleinen Gruppen und unterhielten sich, noch während Sturmpfote nach dem WindClan suchte, streifte plötzlich etwas ihr Fell und sie zuckte zusammen. Eine hochgewachsene, nachtschwarze Kätzin stand direkt neben ihr und blickte auf sie herab. "Du bist neu hier." stellte sie fest und Sturmpfote nickte. "Ich bin Krähenstern vom SchattenClan. Du riechst nach WindClan, wie heißt du?" "Sturmpfote." miaute sie ehrfürchtig. Die Anführerin des SchattenClans persönlich sprach mit ihr! Sie hatte schon viele Geschichten über die alte, aber weise Kätzin gehört und wusste, dass diese älter war als alle Anführer und durch ihre kluge Führung kaum Leben verloren hatte. Sie hatte allen jetzigen Anführern beim Aufstieg zugesehen und schon Vieles erlebt, sie war Schülerin gewesen, als der WolkenClan auf die verschiedenen Clans aufgeteilt wurde. Die schwarze Kätzin nickte ihr aufmerksam zu, ihre Augen schienen durch sie hindurchzusehen und Sturmpfote wand sich unter ihrem unangenehmen Blick. Als die Kätzin endlich ihre Augen abwandte, entfuhr ihr ein leiser, erleichterter Seufzer. Krähenstern sah sie erneut an. "Du wirst eine gute Kriegerin sein, ich sehe es dir an." miaute sie und wandte sich ohne eine weiteres Wort davon, um sich zu den anderen Anführern dazuzugesellen.
Sturmpfote sah ihr eine Weile nach, dann wanderten ihre Augen suchend über die Lichtung, bis sie endlich Taupfote in einer Gruppe ihr fremder Schüler entdeckte und zu ihr herüberlief. Die jungen Katzen rochen nach DonnerClan und sahen ihr freundlich entgegen, während Taupfote sie ihr als Bleichpfote, Kalkpfote und Höhlenpfote vorstellte und Sturmpfote jedem von ihnen höflich zunickte und sich dann neben Taupfote kauerte.
Der junge Kater Kalkpfote fuhr leise mit dem Gespräch fort: "Tut mir leid für euren Verlust, wegen Froschhüpfer. Ich frage mich, was Quellenstern diesmal als Ausrede nutzen wird." "Ach was." zischte seine Schwester Bleichpfote. "Die redet sich doch immer heraus." sie verengte die Augen zu Schlitzen. "Der FlussClan ist ja schließlich bekannt dafür, das Gesetz der Krieger sehr zu ihren eigenen Gunsten auszulegen." setzte sie knurrend hinzu. "Etwas mehr Respekt vor der Anführerin eines Clans, Bleichpfote!" Die Schüler wirbelten herum. Vor ihnen stand ein großgewachsener, dunkelbrauner Kater mit ebenso dunklen Augen und sah auf sie herab. "Oh, hey Rindenpelz." murmelte Höhlenpfote beschämt und senkte den Blick auf seine Pfoten. Der nach DonnerClan riechende Kater schnurrte nur und schüttelte den Kopf. "Es ist in Ordnung. Eigentlich kümmert es mich ja nicht, als Heilerkatze stehe ich ohnehin über den Clans. Ich wollte nur fragen, ob ihr vielleicht meinen Schüler Falkenflug gesehen habt? Funkenflug vom SchattenClan hat möglicherweise ein neues Kraut gefunden und ich wollte wissen, ob Falkenflug es bereits gesehen hat." Taupfote schob sich vor den Heilerkater. "Er ist bei Kieselherz vom FlussClan, glaube ich." maunzte sie, und Rindenpelz bedankte sich und tappte davon. Bleichpfote richtete sich wieder auf und schüttelte sich, sobald der Heiler fort war, schien sie wieder die freche, vorlaute Schülerin zu sein, und Sturmpfote schnurrte belustigt. "Ich finde, Quellenstern ist viel zu jung Anführerin geworden." murmelte Kalkpfote neben ihr. "Stimmt!" mischte sich Taupfote ein. "Wieso war sie eigentlich so jung Anführerin?" "Das weißt du nicht?" Ein brauner, nach DonnerClan riechender Kater war hinter ihnen aufgetaucht. "Otterpelz!" maunzte Kalkpfote erfreut, dieser schnurrte nur. "Früher hieß Quellenstern eigentlich Quellenschweif, nach dem Tod von Sommersterns zweiter Anführerin Hechtfängerin ernannte er sie zur zweiten Anführerin des FlussClans, weil der Clan damals aufgrund von Zweibeinern, die immer wieder Katzen stahlen, sehr klein war. Sie war von allen Katzen damals tatsächlich die Einzige, die geeignet wirkte, jedenfalls als zweite Anführerin. Da sie aber noch nie einen Schüler hatte, gab ihr Sommerstern während ihrer Ernennung kurzerhand Hechtfängerins ehemaligen Schüler - Brackenpfote. Er starb an der WindClan-Grenze bei einem Fuchsangriff, seitdem gibt sie eurem Clan dafür die Schuld." Otterpelz nickte Taupfote und Sturmpfote zu, dann fuhr er fort: "Seit Sommersterns Tod ist sie die Anführerin des Clans, zu jung, zu unsicher, zu rachsüchtig am WindClan, bekannt durch ihre grausame Kriegsführung und ihren Ehrgeiz, führt sie nun einen streitsüchtigen Clan." Otterpelz schüttelte betrübt den Kopf. "Ich kannte sie noch als zweite Anführerin, war mit ihr über Grenzen sogar befreundet. Sie hat sich sehr verändert. Sie hat nur noch zwei Leben übrig, dank ihrer vielen Kämpfe, obwohl sie erst so jung ist. Ich hoffe, dass Nassschweif ein besserer Anführer sein wird." Er wollte noch etwas sagen, doch in dem Moment sprang Blitzstern auf den Anführerbaum und stieß ein lautes Heulen aus. "Möge die große Versammlung beginnen!" Alle wandten ihre Köpfe zu ihm, als der Anführer des DonnerClans fortfuhr: "Der DonnerClan hat reichlich Beute in seinem Territorium und ist stark wie noch nie! Wir begrüßen eine neue Kriegerin in unseren Reihen, Ampferblüte!" Die Clans miauten leise Glückwünsche, und Sturmpfote entdeckte eine junge Schildpattkätzin, die sich stolz reckte. Krähenstern von SchattenClan richtete sich nun auf. "Der SchattenClan ist gesund und gedeiht gut. Wir genießen Frieden an allen Grenzen und Orten unseres Territoriums und sind gut genährt." Sturmpfote glaubte Krähenstern sofort, dass es dem SchattenClan gut ging, das Fell der Katzen glänzte und ihre Muskeln spielten unter ihrem Fell. Blumenstern trat nun nach vorne, neben Krähenstern wirkte sie plötzlich zerbrechlich, alt und dürr. Sie funkelte die versammelten Clans an und krächzte: "Dem WindClan geht es auch gut. Wir erholen uns gerade von dem Verlust eines unserer Krieger, Froschhüpfer. Er wurde bei einem vom FlussClan verursachten Grenzkampf absichtlich getötet!" Die versammelten Katzen schnappten nach Luft, wütende Rufe gegen den Fluss Clan wurden laut. Quellenstern war vorgesprungen. "Es war ein Unfall!" zischte sie, bebend vor Wut. "Das war es nicht, und das weißt du genauso gut wie wir." knurrte Kornblume, die zierliche zweite Anführerin des DonnerClans von ihrem Sitzplatz aus. Quellenstern funkelte sie an, aber die Kätzin fuhr unbeirrt fort. "Deine Krieger haben schon mehr als genug Katzen fremder Clans mutwillig getötet, vor allem vom WindClan. Quellenstern, das Gesetz der Krieger verbietet es, zu töten." Die Anführerin sog scharf die Luft ein. "Es sagt, ein Krieger darf nur im Notfall töten." korrigierte sie seelenruhig die Schildpattkätzin. "Es war ein Notfall." fuhr sie fort. "Nein!" Wolfsherz war aufgesprungen. "Schilfkralles Leben war zu keinem Zeitpunkt bedroht! Ihr habt die Grenze übertreten! Froschhüpfer hätte den Zweikampf mit deinem Krieger niemals gewonnen! Er hat ihn getötet, weil es ihm Spaß gemacht hat!" Die umliegenden Katzen brachen in aufgebrachtes Gemurmel aus. "Ruhe! Wolfsherz, setz dich!" herrschte Blumenstern den Kater an. "Quellenstern? Was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?" Diese schnurrte nur belustigt. "Wie gesagt, es war ein Notfall. Der betreffender Krieger wird Konsequenzen haben." miaute sie gleichgültig. Blumenstern knurrte, es war offensichtlich nicht genug für sie, aber sie schwieg, legte ihr Fell mit sichtbarer Mühe wieder an und fuhr fort: "Der WindClan hat ebenfalls drei neue Krieger zu begrüßen. Habichtschwinge, Schneeflügel und Eiswolke!" Einige Katzen murmelten leise Glückwünsche, aber niemand wirkte wirklich erfreut. Sturmpfote sah die Enttäuschung in den Gesichtern der neuen Krieger. Blumenstern hat ihren besonderen Moment ruiniert! dachte sie verärgert. Und Quellenstern auch. Sie dachte an den Kater, der Froschhüpfer getötet hatte. Schilfkralle hieß er also. Ihr fielen seine grausam blitzenden Augen auf, als er dem jungen Kater die Kehle aufgerissen hatte. Es hat ihm Spaß gemacht... Sie schüttelte sich und hob den Kopf erneut zum Baum. Quellenstern hatte sich inzwischen wieder hingesetzt und maunzte nun: "Der FlussClan begrüßt sechs neue Krieger. Starkherz, Wurzelherz, Baumlied, Grauschlange, Ahornfuß und Springhase!" Die restlichen Clans schnappten nach Luft und miauten nur zögernd Glückwünsche, verwirrt über die große Menge an neuen Kriegern. Viele der Katzen wirkten, als ob sie eigentlich noch einige Monde zu jung waren, um Krieger zu sein, aber Quellenstern fuhr bloß fort: "Zudem hat Moorblut drei gesunde Junge zur Welt gebracht! Der FlussClan gedeiht!" Die einzigen Katzen, die nun Beifall heulten, waren die FlussClan-Krieger. Krähenstern richtete sich auf und reckte sich auf dem schmalen Ast. "Die große Versammlung ist beendet!" jaulte sie, und die anderen Anführer und deren Stellvertreter mischten sich sofort laut miteinander diskutierend unter die Clans. Sturmpfote beobachtete, wie Blumenstern als Einzige zielstrebig zur Baumbrücke lief und auf diese hinaufsprang. "WindClan, wir gehen!" Wolfsherz blickte aus seiner hitzigen Debatte mit Wildfeuer, dem zweiten Anführer des SchattenClans auf und sprang zu ihr. Das Fell ihrer Anführerin war vor Wut gesträubt und ihre Augen funkelten, als ihr Clan zögerte. "WindClan! Hierher! Ich sagte, wir gehen!" Nun sprangen ihre Krieger herbei, auch Sturmpfote folgte Taupfote und Hasenpfote zur Baumbrücke. Dieses Mal rutschte sie nicht aus und Schnellfuß murmelte ein Lob, als sie auf der anderen Seite heruntersprang. Lautlos huschte der Clan durch die Dunkelheit der Nacht, begleitet vom spärlichen Licht des Vollmonds. Im Lager angekommen ließ Sturmpfote sich sogleich in ihr Nest fallen, Taupfote folgte ihr und kuschelte sich dicht an den schlafenden Hasenpfote. Sturmpfote spürte einen scharfen Stich im Herzen. Jeder hatte Jemanden, den er liebte. Nur sie nicht. Sie war allein.
Aber bevor sie sich weiter darum Gedanken machen konnte, fielen ihr die Augen vor Müdigkeit zu und sie schlief ein.