Ort: Erde
genaue Sternzeit unbekannt, laut irdischer Zeitrechnung frühes 21. Jahrhundert
Subjekt: Kate
Es war eine laue Sommernacht. Eine leichte Brise fegte über das hohe Gras in dem Kate lag, die Arme unter dem Kopf verschränkt und den Blick gen Himmel gerichtet. Es war spät. Sie hätte schon längst im Bett sein müssen und ihre Mama würde sie fürchterlich schimpfen, wenn sie erfuhr, dass Kate sich schon wieder aus dem Haus geschlichen hatte, doch das war es ihr Wert. Kate verzichtete lieber auf ihre Fernsehzeit als auf den klaren Ausblick auf die Sterne bei Nacht.
Kate ist vorgestern 7 Jahre alt geworden - ein Geburtstag, den sie diesmal bei ihren Großeltern auf dem Land gefeiert hatte. Es hatte Kuchen gegeben und Omas selbstgemachten Früchtepunsch. Sie hatte ein Buch über das Weltall geschenkt bekommen, das sie die letzten Tage über durchgelesen hatte. Sie hatte die Katze der Nachbarin aus dem Apfelbaum gerettet und sich vorgestellt, sie wäre eine wagemutige Heldin, die die holde Maid in Nöten aus den Fängen des bösartigen Blattmonsters rettet. Die holde Maid hatte ihr die Unterarme zerkratzt und Kate hatte sich ein Knie aufgeschrammt, als sie etwas schneller als beabsichtigt vom Apfelbaum geklettert (oder eher gefallen) war, aber die Nachbarin hat sie mit gefüllten Schokoladenkeksen und Eistee entlohnt. Alles in allem, war das der beste Geburtstag den Kate je gehabt hatte.
»Wieso sind die Sterne hier viel heller als in der Stadt?«, fragte Kate leise, ohne den Blick vom Nachthimmel zu lösen. Zuhause aus dem Fenster in ihrem Zimmer hatte sie noch nie so viele Sterne auf einmal sehen können.
»Weil es hier draußen viel dunkler ist, als in der Stadt«, erwiderte die Frau neben ihr. Auch sie lag auf der Wiese, doch ihr Körper sah seltsam aus. Irgendwie durchscheinend und hätte Kate genauer hingesehen, hätte sie bemerkt, dass sie das Gras unter sich gar nicht zerdrückte, wie bei ihr selbst. Aber Kate hatte nur Augen für die Sterne während sie gegen die Müdigkeit ankämpfte, die sie seit Sonnenuntergang ergriffen hatte. Doch sie zwang sich die Augen noch ein wenig länger offen zu halten um die Sterne zu beobachten. Sie waren wunderschön. Hier im Freien, umgeben von zirpenden Grashüpfern und raschelndem Gras kamen sie ihr so viel näher und heller vor, als mitten in der Stadt, wo der Himmel mehr grau bedeckt als schwarz und weit war. Außerdem spürte sie jedes Mal dieses Flattern in ihrer Brust wenn sie zu den Sternen aufsah. Kate war zu jung um das Gefühl richtig einzuordnen, doch es war die tiefe Sehnsucht nach etwas, das sie nicht beschreiben konnte. Also schlich Kate sich jeden Abend aus dem Haus, um im Pyjama auf dem Gras liegend die Sterne zu beobachten. Normalerweise war sie dabei ganz alleine. Sie mochte die Stille, die nur unterbrochen wurde von den Geräuschen der Natur. Doch heute Abend lag eine Frau neben Kate im Gras und beobachtete mit ihr zusammen die Sterne. Kate hatte nichts dagegen. Es war schön, diesen Anblick mit jemandem zu teilen, der ihn genauso zu schätzen wusste, wie sie selbst. Außerdem wusste die Frau wahnsinnig viel über die Sterne. Kates Mama sagte zwar immer, sie solle nicht mit Fremden reden - eine Regel, an die Kate sich auch immer brav hielt - doch die Stimme der Frau klang seltsam vertraut und sie bot ihr keine alten Süßigkeiten an, wie die gruselige, alte Miss Hatley, die im Stockwerk unter ihnen wohnte.
Abwesend spielte Kate mit dem Lederband ihrer Kette. Daran befand sich ein Anhänger, den sie trug, seit sie denken konnte. Der flache Stein war braun und rund, wie ein Keks. Wenn man ihn gegen das Licht hielt, war er durchscheinend und Kate konnte feine blaue und rote Linien sehen, die ein Muster bildeten, das keinen Sinn ergab. Kate spielte oft mit dem Anhänger wenn sie nervös war, denn er fühlte sich nicht glatt an, als wäre er aus Glas, sondern er war weich wie Seide und dabei hart wie Stein.
Plötzlich fing die Frau neben ihr leise an zu summen. Es war eine schöne, leise Melodie, die Kate an ein Schlaflied erinnerte. Eins, das sie noch nie gehört hatte. Dann sang die Frau Worte zu der Melodie, die klangen, als wären sie aus geschmolzener Schokolade. Süß und bitter zugleich, ein Lied, das perfekt zu dem Gefühl passte, das der Anblick der Sterne in Kate auslöste. Als wäre da etwas, dass ihre Seele suchte. Die Antwort auf eine Frage, die sie nur im Himmel finden konnte.
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Stolpernd durch die Galaxie - Band 1: Die Mechanik des Herzens
Ciencia FicciónKates Leben zeichnet sich durch stumpfsinnige Büroarbeit und Tagträumereien aus. Iris Leben ist das genaue Gegenteil. Frei wie ein Bytwang durchstreift sie das Weltall auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Zumindest bis ihre ehemalige Vertraute...