Kapitel 1 - Vergessene Träume
Ort: Erde
Sternzeit 3221.36
Subjekt: Kate
Das leise Rattern der U-Bahn hatte eine beinahe einschläfernde Wirkung auf Kate. Müde und zermürbt von der Arbeit saß sie auf dem abgenutzten Polster der Bank und sah den Haltestellen dabei zu, wie sie vorbei zogen. Es war jeden Abend das gleiche Bild: Dunkelheit, düster erhellt von vereinzelten Glühbirnen und Warnsymbolen im Tunnel, dann eine Haltestelle, wieder der Tunnel, eine undeutliche Lautsprecheransage, eine weitere Haltestelle, die genauso aussah, wie die vorherige. Gähnend hielt Kate sich die Hand vor den Mund und rieb sich die Augen. Sie konnte es gar nicht erwarten endlich in ihrem Bett zu liegen. Die Arbeit in dem stickigen Großraumbüro war eigentlich nicht besonders anstrengend und doch fühlte Kate sich erschöpfter, als wenn sie einen Marathon gelaufen wäre. Es war das Gefühl von Matsch im Gehirn, das sie nach acht Stunden stumpfsinniger Arbeit so fertig machte. Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, was sie heute alles erledigt hatte. Die Arbeitstage verschwommen zu einer einzigen undefinierten Erinnerung an Akten, Telefonate und das Ausfüllen von bedeutungslosen Excel Tabellen.
Kate streckte die Beine aus und betrachtete die trostlosen Gesichter in der U-Bahn. Der Wagon war um die Uhrzeit ungewohnt spärlich besetzt. Schräg vor ihr saß eine alte Frau mit Dackel, die eine Miene zur Schau trug, als würde sie nur darauf warten, dass ihr jemand zu nahe kam, den sie grundlos anschnauzen konnte. Ein Mann im Anzug hatte Kopfhörer in den Ohren und arbeitete hektisch an seinem Laptop, als stünde er unter Zeitdruck, selbst jetzt, wo seine Arbeitszeit im Büro vorbei war. Ein anderer Mann mit angegrauten Schläfen saß weiter hinten auf dem abgenutzten Sitzpolster und las mit unzufriedener Miene den Sportteil in der Zeitung. Auf der anderen Seite lehnte eine blasse Frau an der Fensterscheibe und sah aus als würde sie schlafen. Die Tüten mit Einkäufen vor ihren Füßen wackelten gefährlich bei jedem Abbremsen der U-Bahn, doch sie fielen nicht um.
Durch die rauschenden Lautsprecher wurde die nächste Station verkündet und Kate ließ sich seufzend tiefer sinken. Ihr Blick fiel auf ihre Reflexion in der zerkratzten Fensterscheibe der U-Bahn und sie musste feststellen, dass sie genauso trostlos drein blickte, wie der Rest der Fahrgäste. Sie versuchte sich an einem Lächeln, doch sie war zu müde, um es ehrlich aussehen zu lassen und wandte den Blick wieder ab.
Sie musste die Dinge positiv sehen, sagte sie sich. Heute war Freitag und vor ihr lag ein ganzes Wochenende ohne Akten und Telefonate und Klienten, die sie - eine junge und in ihren Augen damit inkompetente Frau - herablassend behandelten, als wäre Kate nicht einwandfrei in der Lage, ihre unwichtigen Probleme zu lösen.
Kates Handy vibrierte in ihrer Hosentasche und sie warf einen Blick auf den Bildschirm. Es war eine Nachricht von Tessa.
Tessa als Freundin zu bezeichnen, wäre übertrieben. Sie waren Bekannte, die sich in Kates Lieblings Café kennengelernt hatten. Müsste Kate ihre Beziehung beschreiben, würde sie das Wort Zweckgemeinschaft verwenden. Sie hatten sich für ein paar Monate die Wohnung geteilt, nachdem Tessa neu in die Stadt gezogen war, wodurch sich gegenseitiger Respekt und eine seltsame Form der Zuneigung entwickelte. Kate mochte Tessa, doch sie war niemand, den sie Nachts um drei anrufen würde, wenn sie jemanden zum reden bräuchte. Sie war die Art von Freund, die man anrief, um auszugehen und Spaß zu haben. Und Tessa hatte Kate mit ihrer verträumten, unbeholfenen Art gerne um sich herum, war aber anderweitig nicht mit ihrem Charakter kompatibel.
Tessas Nachricht war kurz:
Kommst du später auf einen Drink vorbei? Kate zögerte mit der Antwort, während sie sich an das letzte Mal erinnerte, dass sie Tessa gesehen hatte. Es war direkt nach der Arbeit gewesen, nach einem Tag mit nervenden Kunden, einem gestressten Vorgesetzten und zwei Krankheitsfällen, die die gesamte Abteilung ins Chaos gestürzte hatten.
DU LIEST GERADE
Stolpernd durch die Galaxie - Band 1: Die Mechanik des Herzens
Science FictionKates Leben zeichnet sich durch stumpfsinnige Büroarbeit und Tagträumereien aus. Iris Leben ist das genaue Gegenteil. Frei wie ein Bytwang durchstreift sie das Weltall auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Zumindest bis ihre ehemalige Vertraute...