Angst

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Ernie wurde von einem gestaltlosen Schatten auf die Füße gezogen und in das riesige Schloss geschoben. Loki ging langsam hinter ihnen her und rief Befehle in scheinbar leere Korridore hinein, aus denen weitere dunkle Schatten zu schweben schienen. Der Schatten blieb vor einer massiven Eisentür stehen. Ernie sah zu ihm auf, im nächsten Moment wurde sie in den dunklen Raum, der eher wie ein enger Schrank wirkte, gestoßen. Das Letzte, was sie sah war Lokis ausdrucksloses Gesicht, dann knallte die Tür zu und Ernie war allein, in völliger Dunkelheit.

Sie hatte noch nie Angst im Dunkeln gehabt. Zuhause, im Internat, war es fast überall dunkel, wie im Schloss von Dracula und es gab sogar einen Lehrer, Mr Stoker, der ein wenig aussah, wie ein Vampir. Jeder hasste ihn, weil er wirklich unheimlich war, aber gerade vermisste Ernie sogar ihn ein wenig. Dieser Raum, Schrank oder was auch immer es war, war jedenfalls unheimlich, denn er war wirklich komplett dunkel. Es gab keine Schlitze zwischen Tür und Wand, keine Luftlöcher, durch die Licht hätte dringen können, alles schien aus kaltem Metall und dieser "Raum" war so eng, dass Ernie nicht einmal ihre Beine ganz ausstrecken konnte. Sie kauerte sich in eine Ecke und sah auf ihre Füße. Es war still. Nicht ein noch so leiser Ton drang von draußen zu Ernie durch. Alles was sie hören konnte war ihr Atem, der sich leise in der Luft zu Wolken verwandelte.

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Die Tür wurde geöffnet. Obwohl es draußen Nacht war, blendete selbst das wenige Licht in Ernies Augen, die sich in der soeben vergangenen Ewigkeit an die absolute Dunkelheit gewöhnt hatten. Ihre Sicht wurde allerdings gleich wieder von einem gestaltlosen Schatten verdunkelt. Er zog Ernie ruppig an einem Arm hoch und schob sie den Korridor vor der Tür weiter hinunter. Überall mündeten weitere Korridore und Eisenräume in den großen Gang und aus einem Raum glaubte Ernie ganz leise einen spitzen Schrei zuhören, als würde jemand einen Nervenzusammenbruch haben. 

"Wo gehen wir hin?", fragte Ernie den Schatten leise, aber er schien nicht sprechen zu können. Er hielt vor einem dicken Metalltor an. "Hier warten?", versuchte Ernie sich selbst zu erklären. Der Schatten nickte mit etwas, das bei einem Menschen ein Kopf gewesen wäre. 

Das Metalltor schob sich langsam auf. Dahinter lag eine Art Paddock, nur, dass es keinen Holzzaun sondern hohe Metallmauern gab, sodass er eher aussah, wie ein eisernes Kolosseum, sogar mit einer einzigen Loge. In der Loge stand ein Mann mit blasser Haut, schwarzem Haar und grauen Augen. Loki lächelte auf seine leicht gruselige Art, als Ernie langsam in die Arena stolperte.

"Ernesta! Schön, dich zu sehen", rief Loki zu Ernie herunter. "Hast du die Nacht in deinem neuen Zimmer gut verbracht?"

Ernie schnaubte verächtlich. "So gut, wie man in nem Metallschrank halt schlafen kann."

"Wie auch immer", murmelte Loki mit einer abschätzenden Handbewegung. "Ich will, dass du mir nun zeigst, was du kannst. Ich will dich schließlich nicht ohne Grund entführt haben!" 

"Witzig", schnaubte Ernie. "Ich kann nix, du Affe!"

Loki verdrehte ungeduldig die Augen. "Was hab ich dann bei deinem Training mit Wanda gesehen? Warum ist der LKW explodiert? Warum ist unsere liebe Wanda fast in Ohnmacht gefallen, als sie in deine Vergangenheit sah?"

Ein Kopfkino machte sich vor ihrem inneren Auge breit. Ernie sah, wie Wanda rückwärts taumelte, eine ganze Straße in Feuer und Rauch aufging und wie ihre Mutter den Kopf gegen eine Scheibe schlug. Sie riss ihre Augen auf, sie brannten wie Feuer. Wieder konnte Ernie alles nur schwach, wie durch einen weißen Schleier, sehen. Auf einmal fühlte sie, wie ihre Füße vom vibrierenden Boden abhoben. Wie eine Maschine hob sie ihre Arme in Lokis ungefähre Richtung, ihre Hände wurden heiß wie Feuer, sie schienen zu brennen. Ganz dumpf konnte Ernie seine Stimme hören, wie er etwas zu befehlen schien. Die kalten Hände der Schatten griffen ihre Fußgelenke, aber Ernie rutschte einfach aus den dunklen Gliedmaßen. Ihre eigenen Hände brannten immer schlimmer und verschwommen konnte sie etwas gelbes erkennen, das an ihren Händen zu kleben schien. Im nächsten Moment schoss das gelbe Etwas unausweichlich in Lokis Gesicht und riss ihn von den Füßen.

Langsam sank Ernie auf den Boden zurück und lies sich etwas benommen von den Schatten greifen und fort führen. Sie wusste nicht wohin und es war ihr auch egal. Sie hatte gerade ihre Kräfte benutzt ohne danach bewusstlos zu werden und das war ein großer Fortschritt.

"Na geht doch."

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Moin ihr Drei!

Ich liebe dieses Kapitel. Ich habe mich ein wenig von Stranger Things inspirieren lassen, mit dem Metallraum, sowas Ähnliches gibt es ja auch im Hawkins Lab, in dem Eleven aufwächst und ich fand das irgendwie inspirierend (Nachdem ich die Serie jetzt fünf Mal gesehen habe). Ich schreibe auch immer super gerne darüber, was mit der Psyche eines Charakters passiert, während ihm/ihr etwas passiert. Ist das komisch? Vielleicht. Bin ich verrückt? Möglich wär's.

Mir macht außerdem so ein Ausraster immer Spaß, meaning wenn man wirklich Mal sieht wozu jemand fähig ist. Davon kommt übrigens noch einiges, viel Spaß damit also.

Ich hoffe, euch hat das heutige Kapitel gefallen, eure The1Mudbloodprincess❤

Seeing thingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt