Kapitel 6 (Teil 1) - Die Flucht vor der Schuld

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 „Verflucht, ist das kompliziert!", aufgebracht warf ich den Kopf zurück. Ich stieß mich mit beiden Händen von der Tischkante ab und rollte auf meinem Bürostuhl etwas zurück. Es kehrte wieder Stille ein. Die einzigen hörbaren Geräusche kamen von außerhalb des Labors. Leise Gespräche der Angestellten untereinander, die sich über ihre heutigen Leistungen austauschten. Den Unterhaltungen lauschend zog ich vorsichtig an meinem Haargummi, welches daraufhin mein stramm gezogenes Haar befreite. Mit beiden Händen fuhr ich hindurch, dabei verwüstete ich mein ausgeputztes Erscheinungsbild.

Es war jetzt schon vier Tage her seitdem ich aktiv das Titanenforschungszentrum, stellvertretend für Hanji Zoe, übernommen hatte. Diese Welt war vollkommen neu für mich und viele der Arbeiter hier hegten starke Zweifelt gegenüber mir und meiner Kompetenz. Zurecht, wie ich es nennen würde. Selbstverständlich wusste ich mehr über die Titanen, als jeder andere innerhalb der Mauern, aber es war unglaublich nervenaufreibend bedeckt zu bleiben und gleichzeitig mäßige Erfolge bei der Forschung zu erzielen. All die Dinge, die ich damals in meiner Kriegerausbildung gelernt hatte waren hier nicht von nutzen. Und womöglich bereits nicht mehr aktuell. Die Experimente drehten sich hauptsächlich um die hirnlosen Titanen, da der bislang einzige bekannte Titanenwandler momentan auf Expedition mit dem Aufklärungstrupp unterwegs war.

Eren Jäger. Das war der Name des berüchtigten Titanenwandlers innerhalb der Mauern. Nachdem er sich als Titan entpuppt hatte, herrschte ein übermäßiger Aufruhr innerhalb der Divisionen. Sogar das Königshaus und die Mauerkirche mischten sich in das Geschehen ein. Schlussendlich einigten sich alle darauf Eren vorerst die Möglichkeit zu bieten, sich zu beweisen, indem er in einem hirnrissigen Plan die aufgerissene Mauer im Bezirk Trost wieder verschließen sollte.

Ermüdet döste ich in meinem Stuhl langsam weg. Die Gedanken in meinem Kopf kreisten umher und somit versank ich mit ihnen bei den Geschehnissen zur besagten Zeit.

(...)

„Das hier ist Eren Jäger. Er ist unsere Geheimwaffe für die Zurückeroberung von Trost! Er wird mit einem Felsen der eingebrochenen Mauer, das Loch in dieser wieder verschließen. Eure Aufgabe wird es sein, ihn um jeden Preis zu beschützen!"

Es tat sich Genuschel unter den Truppen auf. Skeptische Blicke und Verschwörungstheorien machten sofort die Runde. Sie zweifelten an den Worten die ihnen soeben verkündet wurden. Die Erklärung stammte von Kommandant Dot Pixis, einem hochrangigem Offizier der Mauergarnison. Er hielt vom oberen Teil der Mauer eine motivierende Rede, um möglichst viele Kämpfer für seinen Plan anzuwerben, jedoch schien dies erstmals den gegenteiligen Effekt mit sich zu bringen. Allmählich bildeten sich Lücken in der Formation und mehrere Soldaten kehrten ihm den Rücken zu, um sich von dem irrsinnigen Plan möglichst schnell zu entziehen.

Pixis hatte um sich herum einige seiner besten Männer versammelt, die ihm als Paradebeispiel einen gewissen Beistand leisten sollten. Direkt neben ihm stand Eren, der mit eisernem Selbstbewusstsein, den Plan des Kommandanten symbolisierte. Hinter ihnen befand sich die Eliteeinheit. Sie setzte sich aus Topmitgliedern der Mauergarnison zusammen. Darunter ehemaliger Kommandant Ian Dietrich, ranghoher Soldat Mitabi Jarnach und Teamleiterin Rico Brzenska, mit mir als Neuankömmling im Schlepptau.

Besorgt verfolgte ich wie sich die Aufstellung unten aufzulösen begann. Ein sanftes Stupser meiner Kameradin Rico lenkte meine Aufmerksamkeit auf sie. Mit einem aufmerksamen Blick machte sie mir verständlich, dass es keinerlei Grund für meine Bedenken zu geben schien und deutete mit einem Nicken auf unseren Vorgesetzten. Pixis hatte inzwischen seine Rede fortgeführt und schaffte es tatsächlich mit geschickter Wortwahl die Masse an abgewandten Personen wieder für sich zu gewinnen. Er vergewisserte ihnen, dass es keinerlei Strafe für einen jetzigen Rücktritt geben würde, abgesehen von dem tragischen Schicksal, welches die Familien der besagten Mitglieder erwarten würde, falls das Loch in der Mauer weiterhin bestehen bliebe. Damit ging die Mehrheit kurz in sich und beschloss nach kurzer Überlegung doch für die Zukunft ihrer Liebsten zu kämpfen.

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