Kapitel 7 (Teil 4) - Ein Wille zu kämpfen

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Während sich die Versorger zu mir begaben, verfiel ich immer weiter der Müdigkeit. Erinnerungen meines früheren Lebens zischten durch mein Gedächtnis und die Schuld an lang vergangene Missgeschicke plagte mich. Ich durchlebte das Schauspiel der Ereignisse aus meiner Vergangenheit, als würde es das letzte Mal sein. Anscheinend gab sich mein Körper geschlagen.

In solch einem verwundbaren Erscheinungsbild befand man sich nicht alle Tage. Somit nahm ich mir einen Moment um die Situation zu analysieren und in mich zu gehen.

Meine radikale Auslöschung vorhin gab mir zu denken. Womöglich hatte ich es verdient in einem solchen Zustand zurückgelassen zu werden. Diese Menschen, die ich dort unaufhörlich abgeschlachtet hatte. Ich kannte keinen von ihnen. Es waren eigenständige Individuen, die einfach ihr Leben schützen wollten und ich hatte mich dazu entschlossen ihre Blutlinien an Ort und Stelle auszurotten. Und jetzt, wo ich es nicht mehr selbst konnte, hatte ich auch noch die Frechheit mir von ihrer Kameradschaft helfen zu lassen. Die Ironie der Lage brachte ein leises Lachen aus mir heraus.

Von der Angst zerfressen, dass ich hier womöglich mein Leben verlieren könnte, erinnerte ich mich an die Zeiten meiner Kriegerausbildung zurück. Titanen, die Armee, der Stolz der Marley und unser verschuldetes Folk, die Eldia. All das waren Dinge, mit denen ich aufgezogen wurde. Mein ganzes Leben lang hatte man mir eingeflößt, dass ich für die Sünden meiner Vorfahren zu büßen und diese gefälligst wieder gut zu machen hatte. Ein junges Kind, was nichts von dieser Welt verstand, musste sein Leben dem Kampf hingeben, um seine bloße Existenz recht zu fertigen. Meine Vergangenheit, meine Gegenwart und auch meine Zukunft wurden stets von diesem Weltbild geprägt. Bis heute war ich auch der festen Überzeugung, dass ich einer Bestimmung zu folgen hatte. Doch lebte ich nun schon so lange unter ihnen. Diesen abscheulichen Biestern, wie sie uns früher beschrieben wurden. Diejenigen, die uns vor tausenden von Jahren der Tyrannei ausgeliefert und sich ohne uns hinter die Mauern verzogen haben.

Seit damals waren aber nun schon über 60 Jahre vergangen. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht wie die Welt heutzutage aussah. Dem Erscheinen der Krieger nach zu urteilen, wurden wohl immer noch Schlachten aus getragen. Schlachten um Rechte, von denen ich nicht wusste wem sie tatsächlich zustanden.

Lautes wiehern von Pferden war zu vernehmen und das Rascheln von schwerer Aufrüstung. Die Gruppe war endlich bei mir angelangt. Mit befehlendem Ton und leichten Schlägen versuchten sie mich bei sich zu halten, aber konnte ich mich meiner Erschöpfung nicht länger widersetzten. Meine Gedanken kreisten wild umher und schlussendlich nickte ich ein.

Alles wurde schwarz. Die auffordernden Bemerkungen meiner Retter waren nur noch gedämpft zu hören. Ich kämpfte stark gegen meine Erschöpfung an, schließlich musste ich noch zu Ymir gelangen. Ich musste sicher gehen, dass sie noch lebte und es ihr gut ging. Jedoch brachte ich dafür nicht länger die nötige Energie auf.

Immer mehr Erinnerungen und damit verbundene Gefühle stauten sich in mir an. Langsam verflog sich mein Realitätsbild in vergangenen Geschichten. Somit begann ich unbekümmert von Zeiten zu träumen, in denen die Welt noch keine Hölle war.

(...)

„Warum läufst du mir eigentlich immer hinterher, du Nervensäge?!"

Auf unserem Weg zum Saal stoppte das junge Mädchen vor mir und drehte sich um. Mit einem mürrischen Blick musterte sie mich und wartete geduldig meine Antwort ab.

„Weil ich Maria versprochen habe auf dich auf zu passen. Und überhaupt, wie redest du eigentlich mit mir?! Ich bin drei ganze Jahre älter als du!", mit harschem Ton antworte ich ihr. Wir kannten uns noch nicht mal richtig und trotzdem sprach sie mit mir als wäre ich der größte Ganove.

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