Kapitel 9 Lia

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Ich griff noch schnell nach meiner Herbstjacke und zog sie mir über. Als ich ihn so dastehen sah, fragte ich mich, ob er noch andere Kleidung besaß. Schon wieder trug er eine dunkle Hose, ein schwarzes Shirt und seine Lederjacke. Ich biss mir unwillkürlich auf die Unterlippe. Verdammt, er sah wirklich heiß aus in diesen Klamotten und ich kam zu dem Entschluss, dass er gar nichts anderes in seinem Kleiderschrank brauchte. Als ich auf ihn zu ging, hielt er mir mit ausgestrecktem Arm seinen Helm hin.

"Also, wenn das so weiter geht, solltest du dir bald einen zweiten Helm besorgen, ich finde nicht gut, dass du wegen mir ohne fährst." , sagte ich mit einem kleinen Lächeln.

Er schüttelte nur den Kopf und grinste, als würde er sich über mich lustig machen und setzte sich auf sein Bike. "Steig auf."

Ich setzte mich hinter ihn und umschloss ihn mit meinen Armen, ein Gefühl, welches ich schon kannte, ein Gefühl von Nähe und Sicherheit machte sich in mir breit, sobald er bei mir war. Ich konnte es mir nach wie vor nicht erklären, aber dieser Mann hatte etwas an sich, was mich verrückt machte.

"Wohin fahren wir denn?" , fragte ich ihn neugierig.

"Wir fahren in ein Café außerhalb der Stadt. Es gibt dort tollen Kaffee und Wahnsinns Sandwiches."

"Der nächste Starbucks wäre da aber deutlich näher." , merkte ich an.

"Starbucks hat nur überteuerten Schickimicki Kaffee."
Und damit fuhr er los, ohne mich vorzuwarnen. Ich hatte das Gefühl nach hinten zu kippen und umklammerte ihn fester. Ich bemerkte, wie er sich anspannte und murmelte ein "Sorry."

Die Fahrt war aufregend und er hielt, als wir an einem kleinen Café am Straßenrand ankamen. Ich nahm mir meinen Helm ab und staunte. Es war wirklich schön, es sah aus wie im Film. Ein kleines Café, mit Außenbereich. Jax nahm mir meinen Helm ab und ging auf einen der Tische zu. Die Tische und Stühle waren aus Holz, die weiß roten Kissenbezüge und Tischdecken passten perfekt dazu.

"Okay wenn wir draußen sitzen?" , fragte er, während er bereits einen Zweiertisch ganz am Rand anstrebte.

"Klar", antwortete ich und setzte mich an den Tisch. "Es sieht wirklich schön hier aus, das hätte ich gar nicht erwartet."

Er schnaubte. "Und was hast du erwartet? Das ich dich in die nächste Bar schleppe und dich mit nach Hause nehme?"

"Ich Nein... , natürlich..." , stotterte ich und spürte, wie ich rot anlief.

"Hallo, was kann ich euch bringen?" , fragte die Kellnerin und rettete mich damit unwissend aus meiner peinlichen Situation.

"Ich hätte gerne einen Latte Macchiato."

"Und ich nehme einfach nen Kaffee. Schwarz." , warf Jax ein.

Sie notierte sich unsere Bestellung und ging wieder. Ich war froh, dass ich einen kurzen Moment durchatmen konnte und sammelte mich. Der leichte Wind blies mir durch die Haare und trotzdem war es warm. Ich fand es schön hier zu sitzen und die letzten paar Sonnenstrahlen für dieses Jahr zugenießen.

"Also, was machst du so? Erzähl mir etwas von dir." , forderte ich ihn auf.

Er verzog kurz das Gesicht antwortete mir aber. "Ich arbeite im Laden meines Vaters. Motorradladen. Hat mich damals dazu verdonnert für mein Geld zu arbeiten und bin einfach dageblieben. Ist ne coole Arbeit."

"Verstehe. Dann sollte es ja kein Problem sein einen zweiten Helm zu besorgen." , zog ich ihn auf.

"Wieso? Hast du vor öfters bei mir mitzufahren?"

Die Kellnerin kam mit unseren Getränken zurück und stellte sie vor uns auf den Tisch. Ich bedankte mich bei ihr, im Gegensatz zu Jax und trotzdem merkte ich wie sie nur ihm Beachtung schenkte und ich konnte sie verstehen. Ich sah, wie sie versuchte mit ihren Blicken zu flirten und die Sache war mir sichtlich unangenehm, doch Jax schenkte ihre keinerlei Beachtung und sie verschwand wieder. Ich nahm einen kleinen Schluck von meinem Latte, um mir eine Antwort auf seine Frage zu überlegen.

"Naja" , sagte ich. "Das kommt ganz darauf an, wie du dich heute machst."

Er grinste mich an. "Wir fangen klein an Prinzessin, schraub deine Erwartungen ein bisschen zurück, aber wenn du mehr willst, musst du mich nur darum bitten."

Ich verschluckte mich beinahe, wegen seiner forschen Art. Ich fühlte mich beleidigt und trotzdem erregt. Dieses Selbstsichere Auftreten und diese freche Art und Weise reizten mich.

" Du bist ja ganz schön von dir überzeugt.", sagte ich und verzog keine Miene. Er konnte ruhig sehen, dass ich es nicht lustig fand.

"Komm schon, jetzt sei nicht so. Es tut mir leid."

Er schob seine Unterlippe vor und sah mich wie ein Welpe mit ganz großen braunen Augen an. Ich konnte mir ein Lachen nicht lange verkneifen. "Okay, Okay, schon gut.", verzieh ich ihm. "Aber sowas, kannst du dir wirklich klemmen." , warnte ich ihn für das nächste Mal, wenn ihm so etwas in den Sinn kam.

Wir tranken beide noch unsere Getränke leer. Unterhielten uns über vieles. Er erzählte mir wie er Justin damals kennengelernt hatte, einen Tag nach der Schule auf dem Bolzer. Mit Lucas ist er praktisch sein Leben lang aufgewachsen, sie waren früher Nachbarn und er ist sein bester Freund. Er erzählt mir von seinem kleinen Bruder, welcher mittlerweile auch groß geworden ist und studiert. Über seine Eltern sprach er wenig. Wenn überhaupt nur über seinen Vater, über seine Mutter verlor er kein Wort. "Und du? Wie kommt es das du schon allein lebst mit deinen 20 Jahren?" , fragte er mich.

Ich stockte kurz bevor ich meine Worte wieder fand. "Mein Vater starb als ich 10 war. Herzinfarkt. Als der Krankenwagen da war, war es bereits zu spät. Mit meiner Mutter hatte ich schon immer ein eher schwieriges Verhältnis. Sie ist sehr perfektionistisch und genau. Nach dem Tod meines Vaters und dadurch das ich immer älter wurde und meinen eigenen Kopf bekam wurde es nicht besser. Wir haben viel gestritten, allem voran über meinen Job und die Schule. Naja, also bin ich mit Linn zusammengezogen. Ich habe es irgendwann nicht mehr ausgehalten."

" Scheiße, das tut mir leid. Das mit deinem Vater.", sagte er.

"Schon okay."

Ich erzählte ihm noch von meiner Schulzeit und das ich zum Ärger meiner Mutter nie studieren wollte. Das mir die Arbeit hinter der Theke gut gefiel, ich aber auf kurz oder lang, trotzdem etwas Anständiges machen möchte.

Die Zeit mit ihm verging rasend schnell und als ich auf die Uhr sah, war es bereits viertel nach sechs. Jax bestellte die Rechnung und ich kramte mein Portemonnaie aus meiner Tasche als die Kellnerin zurückkam.

"Lass stecken, ich bin dran mit bezahlen." , sagte er und zwinkerte mir zu.

Ich bedankte mich bei ihm für die Einladung und wir gingen zurück zu seinem Motorrad. Ich setzte den Helm auf und schwang mich auf das Bike.

Der Tag mit ihm war schön und viel entspannter als ich erwartet hatte. Ja, er ist frech und ungehobelt und ein echtes Arschloch, wenn er eins sein möchte. Aber trotz allem scheint er ein netter Kerl zu sein. Als wir wieder bei mir ankamen, stieg ich ab und drückte ihm den Helm in die Hand.

"Den setzt du jetzt besser auf und nächstes Mal fahren wir mit dem Auto oder du hast einen zweiten Helm dabei."

"Nächstes Mal?"

Sofort schämte ich mich für die Annahme, es würde ein nächstes Mal geben und blickte beschämt zu Boden. "Tut mir leid, ich dachte... egal."
Ich blickte ihn noch einmal an und ging an ihm vorbei, um möglichst schnell aus dieser Situation rauszukommen. Als ich an der Wohnungstür angekommen war hörte ich wie er den Motor startete und wegfuhr.


Hallo ihr lieben :)
Ich weiß, es sind noch sehr wenige die meine Geschichte lesen, würde mich dennoch über Rückmeldungen von euch freuen 😘

Poisen Love - Nicht mit mir.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt