Janus (the great game)

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28.September, Baker Street
,,Jetzt bekomme ich die Nachrichten von Mycroft", sagt John anklagend und hält sein Handy hoch, während Sherlock die Wohnungstür öffnet.
Sein Mitbewohner ignoriert ihn, aber John scheint noch nicht aufgegeben zu haben.
,,Er hat gesagt es ist von nationaler Bedeutung...", sagt er eindringlich.

,,Wie drollig", spottet Sherlock und löst den Knoten seines Schales. ,,Für Königin und Vaterland."

,,Das kannst du doch nicht ignorieren!", beharrt John und bleibt an der Tür stehen.

,,Das tue ich auch nicht", erwidert Sherlock und schlägt einen der Kartons mit den Beweismittel, die Scotland Yard ihm überlassen hat, auf. ,,Ich setze meinen besten Mann drauf an."

,,Na dann, ist ja gut", sagt John, während ich meinen Karton auf dem Küchentisch abstelle. ,,Wer ist das?"

Sherlock sieht kurz zu ihm auf und John scheint seine Aussage zu begreifen.
Ich verstecke mein Grinsen hinter dem Kartondeckel.

,,Oh nein, nein, nein", sagt John und verschränkt die Arme vor der Brust.

,,Du sagtest doch, es sei von nationaler Bedeutung, John", sagt sein Mitbewohner desinteressiert.

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,,Sie haben extra eine Krawatte angezogen?", frage ich belustigt, als John eine viertel Stunde später aus seinem Zimmer kommt.
Er hat seine Jeans und den dünnen Pullover gegen einen braunen Anzug eingetauscht, der an einigen Stellen zu weit ist und Falten wirft.

,,Es ist immerhin die britische Regierung", rechtfertigt John sich und betastet den Knoten seiner karierten Krawatte.

,,Nein, es ist mein nerviger Bruder", wirft Sherlock gereizt ein.

John erwidert nichts und versucht sein Jackett zurecht zuziehen und meint: ,,Louise, kommen Sie-"

,,Nein, wird sie nicht", unterbricht Sherlock ihn und legt einen der alten Zeitungsartikel zu Carl Powers Unfall bei Seite.

Verwirrt sehe ich auf. ,,Sie ist anwesend", sage ich und hebe eine Augenbraue.

,,Sie können bei diesem Fall helfen", meint Sherlock nur.

John wirft die Hände in die Luft. ,,Okay, von mir aus. Ich muss los, versucht euch zur Abwechslung mal nicht zu streiten", erwidert er entnervt, bevor er die Wohnung verlässt.

,,Gut, was soll ich machen?", frage ich gleich und strecke den Rücken gerade durch.

,,Sich da hinsetzen und still sein."

Wow. Beleidigt schürze ich die Lippen. ,,Wirklich? Dafür sollte ich hier bleiben?"

Nachdem ich keine Antwort erhalte, seufze ich resigniert und stehe auf.
Ich nehme mir die neuste Ausgabe des Guardian, die auf dem Kaminsims liegt und lasse mich in den Sessel fallen.
Unruhig blättere ich durch eine Reportage über die besten Looks der Königsfamilie, während Sherlock am Küchentisch die Unterlagen durchsieht, bis er die Hände unter dem Kinn zusammenlegt und die Augen schließt.
Er schweigt sicherlich eine ganze Stunde, bis er sich plötzlich vom Tisch abstößt und aufsteht.

,,Sagen Sie mir, was Sie von dem Bombenleger denken", durchbricht er die Stille.

Verwirrt sehe ich von meiner Zeitung auf und runzle die Stirn.
,,Dass ich hoffe, die Polizei fasst ihn schnell?"? frage ich gedehnt.

,,Sie wissen, was ich meine. Strengen Sie sich an", befielt Sherlock.
Er fährt sich durch die dunklen Locken und bleibt vor der Fensterfront stehen.
Es regnet noch immer.
,,Wir müssen so viel über ihn herausfinden, wie möglich ist", sagt er sanft und dreht den Kopf leicht zum Fenster, sodass ich nur noch sein Seitenprofil ausmachen kann.

days at bakerstreetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt